Wankelmotor: Aufbau/Autos/Mazda-Modelle
Funktion und Geschichte des Kreiskolbenmotors
- Wie funktioniert der Wankelmotor?
- Einführung des Wankelmotors
- Welche Vorteile hat der Wankelmotor?
- Der NSU Ro 80 bringt den Wankelmotor ins Rollen
- Wankelmotor-Versuche bei Mercedes
- Erste Wankelmotoren bei Mazda
- Mazda RX-7 und RX-8 machen Wankelmotor in Deutschland relevant
- Der Wankelmotor in der Gegenwart
Als 1963 das erste Auto mit Wankelmotor präsentiert wurde, glaubte nicht nur Felix Wankel, dass das nach ihm benannte Prinzip den Hubkolbenmotor ersetzen würde. Aber nach erfolgreichem Start verschwanden die munter rotierenden Dreieckskolben bis auf wenige Ausnahmen wieder aus den Motorräumen.
Wie funktioniert der Wankelmotor?
Das Prinzip des Wankelmotors: Der Kolben (in diesem Fall Scheibe genannt) läuft nicht mit Unterbrechungen auf und ab, sondern in einer flüssigen Bewegung im Kreis. Dabei erinnert der Brennraum an zwei ineinander übergehende Kreise und die Scheibe (der Kolben) an ein Dreieck mit abgerundeten Seiten. Eigentlich schien die Akte "Wankelmotor" allerdings bereits geschlossen, als in den 2010er-Jahren der Sportwagen Mazda RX-8 als letztes Kreiskolben-Auto peu à peu von den Weltmärkten verschwand – so auch in Deutschland. Doch 2023 waren es wieder die Gralshüter des Wankels aus Hiroshima, die den Kreiskolben erneut zum Leben erweckten.
Im 2023 vorgestellten Mazda MX-30 e-Skyactiv R-EV übernimmt ein Einscheiben-Wankel seinen Dienst, so wie seinerzeit im ersten Auto mit Wankelmotor. Doch anders als im schicken, kleinen, heckmotorisierten Roadster NSU/Wankel Spider von 1963 ist der Kreiskolbenmotor im MX-30 R-EV in Kooperation mit einem Generator für die Stromerzeugung an Bord zuständig. Denn den eigentlichen Antrieb der Räder übernimmt im Zuge des Mobilitätswandels hier ein Elektromotor. Auch interessant: Unsere Produkttipps bei Amazon
Der Mazda MX-30 R-EV (2023) im Video:
Einführung des Wankelmotors
Im Jahr 1963 waren Elektroautos noch kein Thema. Die Rolle des "Gamechangers" kam da schon eher dem NSU/Wankel Spider bei seiner Präsentation auf der IAA in Frankfurt zu. Bereits 1957 hatte Felix Wankel (Namensgeber für den Wankelmotor) zusammen mit NSU den komplexen Drehkolbenmotor vorgestellt, bei dem sich nicht nur der Dreieckskolben, sondern auch das Gehäuse drumherum bewegt. In der praktischen Umsetzung – und zunächst eher zum Missfallen seines Erfinders – wurde daraus dann der einfachere Kreiskolbenmotor, der auf reges Interesse unter den Automobilherstellern traf.
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Welche Vorteile hat der Wankelmotor?
Die Vorteile des Wankelmotor-Konzepts gegenüber dem Hubkolbenmotor lagen auf der Hand: erheblich weniger bewegliche Teile, keine ständig oszillierenden Massen wie auf und ab sausende Kolben oder flatternde Ventile und somit auch keine ständig wechselnde Belastungsrichtung. Stattdessen eine kontinuierliche, vibrationsarme Drehbewegung des Dreieckskolbens mit einem Arbeitstakt pro Kolbenumdrehung, wogegen ein Einzylinder-Hubkolbenmotor nur bei jeder zweiten Umdrehung Kraft erzeugt ("Lastspiel").
Der NSU Ro 80 bringt den Wankelmotor ins Rollen
Mit dem 1963 präsentierten und bis 1967 lediglich 2375 Mal verkauften Wankel Spider machte NSU nicht unbedingt das große Geschäft, was sich ab 1967 aber ändern sollte. Dann enthüllte die Firma aus Neckarsulm ihren NSU Ro 80 auf der IAA in Frankfurt, wo die geräumige Limousine nicht nur mit einem 115 PS (85 kW) starken Zweischeiben-Wankelmotor, sondern auch durch das futuristische Karosserie-Design (cW-Wert: 0,35 – sensationell) begeisterte. Doch schon bald geriet der große NSU bei der Kundschaft in Misskredit durch häufig auftretende Motorschäden, begleitet von hohem Sprit- und Ölverbrauch. Immerhin wurden bis 1977 beachtliche 37.374 Ro 80 gebaut, bevor die Marke NSU im Volkswagenkonzern bei Audi landete. Dort schaffte es der Wankel zwar noch in einen Prototyp des Audi 100 (Baureihe C2), ließ dann aber bis zum Audi A1 e-tron von 2010 – einer elektrisch fahrenden Studie mit einem Wankelmotor als Range Extender – nichts mehr von sich hören.
Wankelmotor-Versuche bei Mercedes
Auch bei Mercedes wurde fleißig am Wankelmotor geforscht und entwickelt, und zwar nicht nur im Verborgenen. Dafür nutzte der Autohersteller aus Schwaben das Forschungsfahrzeug C 111, einen bisher nicht gekannten, 1,1 m flachen Supersportwagen, der gern auch auf Messen gezeigt wurde – so auch 1970 in Genf, wo die zweite Generation des C 111 mit einem 350 PS (257 kW) starken Vierscheiben-Wankelmotor (vier Mal 602 cm3 Kammervolumen) Premiere feierte. Doch weder im C 111 noch in einem anderen Mercedes ging der Kreiskolbenmotor in Serie. Dazu trug auch die Ölkrise bei. Gegen die 1973 davongaloppierenden Spritpreise war der prinzipbedingt nicht gerade sparsame Wankelmotor kaum das geeignete Mittel. Seine im Vergleich zum Hubkolbenmotor verwinkelte Brennraumgeometrie und die im Verhältnis zum Volumen große Oberfläche standen einer effizienten und schadstoffarmen Verbrennung im Weg.
Erste Wankelmotoren bei Mazda
Auch wenn mehrere andere Hersteller wie GM (Corvette-Studie), Lada oder Citroën an dem Prinzip forschten, blieb auf längere Sicht nur ein Hersteller, der auf den Wankelmotor setzte: Mazda. Als eines der ersten Automobilunternehmen hatte Mazda bereits 1961 eine Lizenzvereinbarung mit NSU über Entwicklung und Bau von Kreiskolbenmotoren geschlossen. Den ersten Prototyp zeigte die japanische Marke noch im selben Jahr, und damit war der Wettlauf um das erste serienmäßige Wankelauto gestartet, den NSU mit dem Wankel Spider für sich entschied. Doch Mazda setzte statt auf den Einscheiben-Wankel wie im NSU Spider auf den stärkeren Motor mit zwei rotierenden Dreieckskolben: Der Sportwagen Mazda Cosmo Sport 110 S war geboren. Es folgten zahlreich weitere Modelle mit den kompakten, leichten und kultiviert laufenden Kreiskolben-Aggregaten, meist mit dem Kürzel RX im Schriftzug. In Deutschland fanden sie jedoch meist wenig Beachtung oder wurden gar nicht erst verkauft.
Mazda RX-7 und RX-8 machen Wankelmotor in Deutschland relevant
In Deutschland kam der Wankelmotor mit der 1978 vorgestellten erste Baureihe des Mazda RX-7 wieder ins Gespräch. So richtig populär wurde der RX-7 aber in den USA, wo er sich als bedeutend günstigere Alternative zu den Porsche-Modellen 924 und 944 mauserte. Vom RX-7 folgten dann noch zwei weitere Generationen, unter anderem auch als Cabrio (zweite Generation), und eine dritte Generation mit einem 240 PS (177 kW) starken Biturbo-Kreiskolbentriebwerk. Bis 2002 wurden vom Mazda RX-7 weltweit über 811.000 Exemplare abgesetzt. Damit ist der Mazda RX-7 durch das insgesamt meistverkaufte Auto mit Wankelmotor.
Mit dem Mazda RX-8 schlug man 2003 in Japan das zunächst letzte Kapitel der Wankelmotor-Historie auf. Als 2+2-Sitzer mit nach hinten öffnenden Fond-Türen hauchte man dem RX-8 damals ein wenig Alltagstauglichkeit ein. Unter der flachen Haube arbeitete ein komplett neuer Zweischeiben-Wankel-Saugmotor der Renesis-Generation mit 192 oder 231 PS (141 oder 170 kW). Eine der wichtigsten Neuerungen war die Verlegung der Auslasskanäle in die Seitenwand des Rotorgehäuses, was eine effektivere Verdichtung und damit weniger Verbrauch zur Folge hatte. Doch auch der RX-8 war kein automobiler Kostverächter, und auf einen ausreichenden Ölstand sollte man stets achten.
Der Wankelmotor in der Gegenwart
Nachdem der RX-8 Geschichte war, brachte erst der Mazda MX-30 e-Skyactiv R-EV den Wankelmotor als Range Extender zurück. Auch die Sportwagenstudie Mazda Iconic SP funktioniert nach diesem Prinzip. Weil der Einscheiben-Wankelmotor hier nicht allein für den Antrieb zuständig ist, sondern Strom für den Elektromotor produziert, kann das kompakte Aggregat unter optimalen Last- und Drehzahlbedingungen arbeiten und ist somit sehr sparsam. Was bleibt, ist die einzigartige Soundkulisse, die der Drehkolben erzeugt.
Die Idee, ein Elektroauto per Wankelmotor mit Strom zu versorgen, wurde auch 2010 mit dem Audi A1 e-tron aufgegriffen. Daraus hätte damals durchaus mehr werden können, was sich auch auf ersten Testfahrten bestätigte. Doch der Wankel-Ansatz des Audi A1 e-tron war seinerzeit mit der vorgegebenen Konzern-Elektrostrategie aus Wolfsburg nicht in Einklang zu bringen. Und so wird eine Fortsetzung der Wankelhistorie weiterhin von den Mazda-Machern in Hiroshima abhängen.