Revotion: App-Steuerung im Wohnmobil
Aus Wohnmobil wird Smart-Home
Ein Start-up aus Düsseldorf macht Wohnmobile zu Smarthomes – mit einer modularen und leicht bedienbaren Steuerung, die alle Funktionen der Bordtechnik vernetzt. Ahorn Camp ist die erste Caravaning-Marke, die das Revotion-System in ihren Neuwagen anbietet und auch in gebrauchte Wohnmobile einbaut.
Wohnmobile werden mit Revotion zu Smarthomes
Camping-Fans können merkwürdige Typen sein. Es heißt ja, sie suchen das zwanglose Leben, aber dann machen sie es sich doch ziemlich kompliziert. Oder besser: Sie lassen es sich kompliziert machen. Noch vor der ersten Tour im neuen Wohnmobil öffnen sie die serienmäßige Aktenmappe mit einer Sammlung von Betriebsanleitungen, denn für jedes technische Gerät im Wohnmobil gibt es eine einzelne. Und dann stehen sie da, haben die Lesebrille auf, starren auf unterschiedliche Displays und drehen so lange an Rädchen und kleinen Knöpfen, bis sie die Technik ihres Campers verstanden haben.
Wer noch nicht campt, der staunt jetzt vielleicht. Und wer schon länger im Wohnmobil unterwegs ist, kichert womöglich leise vor sich hin. Alexander Reichmann dagegen bleibt bei diesem Thema ziemlich ernst, obwohl er ein durchaus lebensfroher Typ ist. "Es kann doch nicht sein, dass man sich so tief in die Technik denken muss", sagt der junge Chef der Reisemobil-Marke Ahorn Camp. "Die ganze Welt ist digital. Wohnmobile müssen es auch werden – und zwar nicht nur die ganz teuren." Die hat er bei Ahorn gar nicht im Programm. Das Geschäft macht seine familiengeführte Marke mit Campervans, Teilintegrierten und Alkoven der Mittelklasse. Zusätzlich engagiert sich Ahorn im Vermietgeschäft. Da kostet die technische Einweisung von Campingnovizen eine Menge Zeit, die sich sinnvoller nutzen lässt. Zum Beispiel damit, das Wohnmobil endlich zum rollenden Smarthome zu machen. Und schon ist erklärt, wie es zur Zusammenarbeit zwischen der Marke Ahorn und dem Start-up-Unternehmen Revotion aus Düsseldorf kam. Auch interessant: Unsere Produkttipps auf Amazon
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Revotion-System nutzt nur einen zentralen Rechner
Jasper Ehmcke ist einer der beiden Revotion-Gründer. Der Name ist natürlich kein Zufall: "Es wäre schön, die Branche revolutionieren zu können", sagt er. Die Integration der Bordtechnik in das zentrale und vor allem intuitiv bedienbare Revotion-System fordert keinen hohen Aufwand, das lässt ihn, seinen Partner Tom Londong und das kleine Revotion-Team auf den Durchbruch hoffen. Genau genommen besteht die Revotion-Steuerung aus einem zentralen Rechner, der per SIM-Karte online geht, und einzelnen Nodes, kleinen Modulen, die an den Geräten der Bordtechnik sitzen. Sie übersetzen analoge Signale oder digitale Protokolle in eine einheitliche Systemsprache und schaffen damit die zentrale Steuerungsmöglichkeit. Auch Füllstände und Temperaturen kann das System prüfen. Wer also nicht nur ungefähr wissen will, wie voll die Bordbatterie noch ist, wann der Grauwassertank überläuft und das Gas alle ist, der kann das im zentralen Display oder auf dem mobilen Endgerät ablesen. Auch eine Warnfunktion lässt sich programmieren. Und natürlich ist das alles nicht nur im und am Wohnmobil möglich, sondern auch am Strand und im Straßencafé.
Im Ahorn-Van 620 besteht das zentrale Bedienteil aus einem iPad, das am Dachstauschrank befestigt ist, aber natürlich hört Revotion auch aufs Smartphone. Vor allem aber funktioniert die Revotion-Steuerung ganz unabhängig vom Hersteller oder vom Zulieferer. Und auch die Technik des Basisfahrzeugs ist via Revotion vernetzbar. "Viele Camper wollen wissen, wie viel AdBlue noch im Tank ist", weiß Jasper Ehmcke. "An der Lösung dafür arbeiten wir gerade. Wenn es noch kein passendes Node gibt, dann entwickeln wir es." Es gehört zu den Vorzügen des Revotion-Systems, dass es sich schrittweise ausbauen lässt. Wer die Steuerung erst einmal mit zwei oder drei Funktionen testen will, kann später immer noch aufrüsten.
"Der Computer ist immer der gleiche", sagt Ehmcke, "wir bieten ihn für 599 Euro an. Ein Node kostet 149 Euro. Dazu kommt der Einbau, es geht also bei rund 1000 Euro los". Die Anzahl der Icons auf dem Endgerät lässt sich je nach Belegung frei programmieren, auch Software-Updates sind online möglich. Wer einen neuen Ahorn bestellt und das volle Vernetzungspaket haben will, zahlt dafür 2499 Euro extra (Alle Preise: Stand September 2023). Gleichzeitig lässt sich aber auch jeder Gebrauchte mit der Revotion-Technik nachrüsten. "Wir werden das bald in unserem neuen Servicecenter in Speyer anbieten können", kündigt Reichmann an. Und er ist überzeugt: "Revotion wird irgendwann in jedem unserer Wohnmobile vorhanden sein."
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Darum gibt es das Revotion-System
Die maritime Welt ist da schon ein Stückchen weiter, denn mit Booten und Yachten hat die Revotion-Geschichte begonnen. Genauer: mit dem restaurierungsbedürftigen Elektro-Boot aus den 80er-Jahren, das Jasper Ehmckes Eltern gehört. "Der Boden war völlig morsch, also entschied ich mich für die Vollrestaurierung", sagt der heute 22-jährige Betriebswirt. "Ich musste alles rausreißen, auch die Kabel. Und dann habe ich mir die Frage gestellt, wie ich die Elektrik auf zeitgemäße Weise instandsetzen kann." Zu diesem Zeitpunkt kam Tim Londong ins Spiel, der technische Kopf der heutigen Firma Revotion. Im elterlichen Haushalt wuchs der heutige Wirtschaftsingenieur mit Wohnmobilen auf und hat seinen Renault Kangoo nicht nur selbst zum Camper ausgebaut, sondern auch mit einer modularen Steuerung versehen. Deren Aufbau fand ihren Weg erst in Jaspers Restaurierungsobjekt und dann in die Boote befreundeter Besitzer:innen.
"Die Aufträge ergaben sich aus Gesprächen am Bootssteg", erinnert sich Jasper Ehmcke. In der Folge traf es sich gut, dass sowohl die größte deutsche Bootmesse wie auch der Caravan Salon in Düsseldorf stattfinden, dem Wohn- und Studienort der beiden Revotion-Gründer. Es war kein großer Akt, einfach mal hinzugehen, ein paar Flyer zu verteilen und erste Kontakte zu knüpfen. Besonders schnell kamen die Gespräche mit Ahorn in Gang, weshalb auf deren Stand schon beim Caravan Salon 2022 ein gemeinsamer Prototyp stand. Auf dem diesjährigen Caravan Salon hat das Düsseldorfer Start-up zum ersten Mal einen eigenen Auftritt – gleich gegenüber von Ahorn und natürlich mit einem Vorführwagen der Speyerer Marke. "In unserer Branche dauert es oft sehr lange, bis sich Innovationen durchsetzen", sagt Alexander Reichmann. Es sieht ganz so aus, als hätten er und die Revotion-Gründer eine Abkürzung gefunden.