Honda Civic/Seat Leon: Vergleichstest
Der neue Civic stellt sich dem Leon
- Honda Civic e:HEV & Seat Leon 1.5 eTSI im Vergleichstest
- Fahrkomfort: Komfortables Gestühl im Seat Leon
- Motor/Getriebe: Kulitivierter Antrieb im Honda Civic e:HEV
- Fahrdynamik: Seat Leon ist der bessere Dynamiker
- Umwelt/Kosten: Unterhalt und Anschaffung sprechen für Honda Civic e:HEV
- Messwerte & technische Daten von Honda Civic e:HEV & Seat Leon 1.5 eTSI
- Ergebnis in Punkten
- Fazit
Der Honda Civic kann auf eine 50-jährige Geschichte zurückblicken, nun geht die bereits elfte Generation des japanischen Kompakt-Weltautos an den Start – bestückt mit modernster Hybrid-Technik. Im ersten Vergleichstest tritt er gegen den Seat Leon an.
Im ersten Vergleichstest muss der neue Honda Civic e:HEV seine Qualitäten indes gegen einen anerkannt guten Wettbewerber beweisen: den Seat Leon 1.5 eTSI. Der Civic gehört global zu den erfolgreichsten Fahrzeug-Baureihen überhaupt und ist seit vielen Jahren die tragende Säule im Produktportfolio der Marke Honda. Zuletzt fristete der gerade auch in Nordamerika ungemein erfolgreiche Japaner zumindest hierzulande jedoch eher ein Exoten-Dasein. Die 2022 startende elfte Generation hat allerdings das Zeug dazu, eine deutlich größere Rolle im Kompakt-Segment zu spielen als noch der eben abgelöste Vorgänger – diesen Schluss ließ jedenfalls der große Einzeltest in AUTO ZEITUNG-Ausgabe 18/22 zu. Bestückt mit einem hochmodernen Hybrid-Antrieb und reichhaltig ausgestattet mit vielen Komfort- sowie Assistenzfunktionen geht der Asiate fortan auf die Jagd nach Marktanteilen. Auch interessant: Unsere Produkttipps auf Amazon
Der Honda Civic R (2022) im Video:
Honda Civic e:HEV & Seat Leon 1.5 eTSI im Vergleichstest
Im Vergleich zur Vorgängergeneration ist die Neuauflage des Honda Civic nur maßvoll gewachsen. In der Länge legte der Kompakte um rund drei Zentimeter zu – bei gleichgebliebener Breite. Gleichwohl gehört der Japaner zu den eher ausladenderen Kompaktmodellen. Immerhin profitieren dadurch die Personen an Bord, denn auf seiner durchaus üppigen Verkehrsfläche offeriert der Civic ein Raumangebot, das mit dem von so manchem Mittelklasse-Fahrzeug mithalten kann – mindestens. Gerade die seitliche Bewegungsfreiheit und der Knieraum im Fond fallen enorm großzügig aus. Da muss selbst der ebenfalls sehr geräumige Seat Leon kapitulieren, der mit 380 zu 404 Litern überdies ein etwas kleineres Standard-Kofferraumvolumen mitbringt. Für den spontanen Besuch beim Möbel-Mitnahmemarkt ist er jedoch die bessere Wahl: Dank der erheblich steiler stehenden Heckklappe fasst der Spanier bis zu 1301 Liter Transportgut. Im Honda muss man sich derweil mit 1187 Litern begnügen. Keinen Anlass zur Kritik bietet dafür die Sicherheitsausstattung, die der Civic serienmäßig präsentiert: Der Japaner fährt standardmäßig mit dem kompletten Sensing-Paket vor, das unter anderem Verkehrszeichenerkennung, Spurhalte- und Spurwechselassistenten sowie eine Notbremsautomatik inklusive Passantenerkennung beinhaltet. Sogar eine adaptive Geschwindigkeitsregelung mit Tempolimit-Übernahme sowie eine Staufolgefunktion sind immer an Bord. Doch gerade was das Angebot an autonomen Fahrfunktionen angeht, hat der Seat Leon in diesem Vergleichstest noch mehr zu bieten. So kann er beispielsweise mit einem Notfallassistenten bestückt werden, der das Auto bei Reaktionslosigkeit der Person am Steuer sicher zum Stehen bringt. Auch eine Ausstiegswarnung ist für den Spanier im Gegensatz zum Honda Civic verfügbar. Allerdings: Die meisten dieser und auch andere Funktionen, die beim Honda Standard sind, kosten im Fall des Seat extra. Eine große Schwäche des Vorgängers konnte Honda mit dem Modellwechsel erfolgreich ausmerzen: die zu komplizierte Bedienung. Die Menüs sind zwar ein wenig schmucklos gehalten, benötigen aber kaum ein langwieriges Studium der Betriebsanleitung um in Gänze verstanden zu werden. Beim Seat gibt es hingegen so einiges, was kritikwürdig ist – angefangen bei den zu verspielten Menü-Symbolen bis hin zu der paradoxen Klimabedienung, die über unbeleuchtete Slider lediglich die Temperatureinstellung zulässt. Alle anderen Einstellung, etwa die der Luftverteilung oder die Gebläsestufen, müssen umständlich über den Zentralbildschirm vorgenommen werden, was beim Fahren zu sehr vom Verkehrsgeschehen ablenkt.
Fahrkomfort: Komfortables Gestühl im Seat Leon
Der positive Eindruck, den der neue Japaner beim ersten Einsteigen vermittelt, setzt sich beim Fahren nahtlos fort. Der Honda Civic liegt gerade bei hohem Tempo satt auf der Fahrbahn und verarbeitet auch bei innerstädtischen Geschwindigkeiten Unebenheiten wie zum Beispiel abgesenkte Gully-Deckel, Kanten oder Schlaglöcher sehr ordentlich. Obendrein verfügt das Fahrwerk, das übrigens nicht mit elektronisch geregelten Dämpfern erhältlich ist, auch bei maximaler Beladung über reichlich Reserven und verhärtet bei zulässigem Gesamtgewicht nur marginal. Beim Seat Leon, der den Vergleichstest mit aufpreispflichtigen Adaptiv-Dämpfern bestreitet, gibt es hingegen Licht und Schatten: Spricht die Vorderachse auf Unebenheiten noch ungemein sensibel an, reicht die als Verbundlenkerachse ausgeführte Hinterradaufhängung Unebenheiten teils ruppig weiter. Gerade Kanten dringen als spürbare Schläge unschön in den Innenraum. Diese Eigenart verstärkt sich mit maximaler Zuladung drastisch. Dann scheint die Hinterachse des Spaniers das Federn quasi komplett einzustellen. Toll hingegen ist der Sitzkomfort an Bord des Kompakten, der als Seat Leon 1.5 eTSI serienmäßig über Sport-Komfortsitze verfügt, die sehr bequem sind und gleichzeitig viel Seitenhalt bereitstellen. Die großzügig geschnittenen Vordersitze des Honda Civic e:HEV sind zwar tendenziell recht weich gepolstert, werden aber auch nach etlichen Fahrstunden am Stück keinesfalls unbequem.
Motor/Getriebe: Kulitivierter Antrieb im Honda Civic e:HEV
Während der Seat Leon 1.5 eTSI einen mildhybridisierten Turbobenziner mit Riemen-Starter-Generator und 48-Volt-Bordnetz unter der Haube trägt, ist das Antriebspaket des Honda Civic e:HEV ungleich komplexer. Herzstück des in Summe 184 PS (135 kW) starken e:HEV-Systems ist eine E-Maschine, die über weite Teile direkt auf die Vorderräder wirkt. Die Stromversorgung stellt ein Vierzylinder-Direkteinspritzer sicher der bei hohen Leistungsabfragen ebenfalls den Vortrieb übernehmen kann. Eine weiterere E-Maschine fungiert als Generator. Das System kommt zudem ohne klassisches Getriebe aus und besitzt stattdessen einen stufenlos geregelten Direktantrieb, der für ein natürliches Fahrgefühl Übersetzungswechsel simuliert. So kompliziert der selbstladende Hybrid in der Theorie erscheint, das Fahren an sich ist denkbar einfach: Startknopf drücken, Vorwärts-Fahrprogramm auswählen, rechtes Pedal bedienen, und schon setzt sich der Honda quasi ansatzlos und mit Nachdruck in Bewegung. Aus dem Stand auf Landstraßentempo beschleunigt der Honda in nur 7,2 Sekunden und somit 1,7 Sekunden schneller als der Seat Leon 1.5 eTSI, dessen teils träges Doppelkupplungsgetriebe einen großen Anteil am recht lethargischen Eindruck hat, den der Antrieb im Vergleichstest hinterlässt. Der Honda Civic e:HEV reagiert jedenfalls erheblich spontaner auf Leistungsabfragen. Darüber hinaus arbeitet der Benziner, wenn er sich zuschaltet, kultivierter und leiser als der Turbo-Vierzylinder des Wettbewerbers. Allerdings ist der Civic bei 180 km/h elektronisch abgeregelt, während der Leon maximal 217 km/h rennt. In Sachen Effizienz hat der Honda dafür klar die Nase vorn. Auf unserer Testrunde, die auch einen Volllastanteil beinhaltet, konsumiert der Japaner 5,8 Liter Super pro 100 Kilometer. Der Leon verbrennt im Schnitt 0,8 Liter mehr Treibstoff.
Fahrdynamik: Seat Leon ist der bessere Dynamiker
So engagiert der Honda Civic längsdynamische Prüfungen im Vergleichstest absolviert, querdynamisch sieht er gegen seinen Wettbewerber kein Land. Der Civic absolviert die Fahrmanöver im Handling und in der Slalomgasse routiniert und sicher, aber eben nicht besonders agil oder gar gierig. Ein Eindruck, der auch durch die vergleichsweisen großen Lenkwinkel, mit denen die rückmeldungsfreudige Lenkung arbeitet, untermauert wird. Der Seat Leon gibt sich dagegen – unterstützt durch die optionale, äußerst direkt ansprechende Progressivlenkung – erheblich leichtfüßiger und wirft sich mit viel Elan in alle Arten von Kurven. Diese nimmt er mit höheren Geschwindigkeiten und folgt der vorgegebenen Linie länger neutral als der Honda Civic, der stärker dazu neigt, über die Vorderräder zu schieben. In Sachen Fahrsicherheit geben sich beide Wettbewerber keinerlei Blöße. Die Bremsanlagen bleiben auch unter Stress standfest. Unberechenbare Lastwechselreaktionen und Traktionsprobleme kennen sie ebenfalls nicht.
Umwelt/Kosten: Unterhalt und Anschaffung sprechen für Honda Civic e:HEV
Obwohl der Honda Civic e:HEV einen Großteil seiner täglichen Wege elektrisch zurücklegt, ist er nicht förderfähig. Etwaige Rabatte gilt es daher beim Händler selbst herauszuschlagen. Die Basisausstattung Elegance liegt demnach bei 31.900 Euro. Dafür bekommt man allerdings schon ein vorbildlich reichhaltig ausgestattetes Fahrzeug, dem es eigentlich an nichts mangelt. Neben der erwähnten vollständigen Sicherheitsausstattung und einem umfassenden Infotainment bringt der Honda weitere Features mit, darunter eine Rückfahrkamera, Einparkhilfen für Front und Heck, 17-Zoll-Leichtmetallräder oder eine Sitzheizung. Die VW-Tochter ist hier nicht ganz so großzügig und verlangt beim mindestens 32.150 Euro teuren Seat Leon 1.5 eTSI für diverse Dinge, die beim Honda Civic e:HEV bereits Serie sind, Aufpreis. Unter Berücksichtigung der testrelevanten Extras liegen die beiden Wettstreiter preislich dennoch nur 670 Euro auseinander. Trotzdem gewinnt der marginal günstigere Japaner das Kostenkapitel des Vergleichstests mit einer Differenz von immerhin zehn Zählern. Dies liegt zum einen an der üppigeren Multimedia-Ausstattung, zum anderen an den geringeren Kraftstoffaufwendungen. Auf eine Jahresfahrleistung von 20.000 Kilometern gesehen, müssen beim Seat Leon 1.5 eTSI einige Euro mehr für den Kraftstoff eingeplant werden. Darüber hinaus ist die Wertverlustprognose der DAT für den Civic günstiger als für den Leon, der innerhalb von vier Jahren satte 59,4 Prozent seines Neuwerts einbüßt. Der Spanier ist allerdings in verbraucherfreundlichere Typklassen eingestuft, sodass die Versicherungskosten niedriger als beim neuen Japaner ausfallen. So werden für Haftpflicht und Vollkasko zusammen pro Jahr immerhin 293 Euro weniger fällig als für den Japaner.
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Messwerte & technische Daten von Honda Civic e:HEV & Seat Leon 1.5 eTSI
Ergebnis in Punkten
Der neue Honda Civic e:HEV macht im Vergleich zum eben abgelösten Vorgänger einen riesigen Schritt nach vorn. Sein komplexes Hybrid-System funktioniert im Vergleichstest tadellos und spart durch die hohe Effizienz im Alltag reichlich Benzin. Dazu ist der Japaner bereits in der Basis äußerst großzügig ausgestattet, sehr geräumig und fährt komfortabel. Eine echte Empfehlung, auch wenn der Testsieg an den Seat Leon 1.5 eTSI geht. Dessen Erfolgsgarant ist die ungleich höhere Fahrdynamik. Im Handling und auch im Slalom lässt der agile Spanier seinem Konkurrenten keine Chance und sammelt dadurch viele Punkte. Ihn auf sein sportliches Wesen zu reduzieren, wäre jedoch unfair, bietet er doch ebenfalls reichlich Platz und zumindest gegen Aufpreis etliche moderne Assistenzsysteme. Weniger gut: Die trampelige Hinterachse, das zäh agierende Doppelkupplungsgetriebe und vor allem die wirre Bedienung.