Mit dem Honda NSX msichte die japanische Marke bei den Supersportwagen mit. Seit kurzem zählen die ersten Exemplare des Mittelmotor-Sportlers offiziell zu den Oldtimern. Zeit für eine Ausfahrt mit dem Classic Car!
Wenn es nach den Superlativen ginge, mit denen der Honda NSX ab 1990 in zeitgenössischen Medien überhäuft wurde, hätte er nicht weniger als der meistverkaufte Sportwagen der Welt werden müssen. Beinahe inflationär wurde damals das euphorische Urteil "Bester Sportwagen aller Zeiten" verteilt. Doch es kam anders: Vor allem in Europa verkaufte sich der aufregend gestaltete Japaner mau – die Strahlkraft der Marke Honda konnte nun mal nicht mit der von Porsche oder Ferrari mithalten. Dabei hatte das Entwicklungsteam die Modelle genau dieser beiden Hersteller als potenzielle Wettbewerber des NSX auserkoren, was zeigt, wie ambitioniert man das Projekt angegangen war, das ursprünglich unter dem Arbeitstitel "New Sportscar eXperimental" startete. Technisch war der Honda NSX seinen durchaus zahlreichen Kontrahenten teils meilenweit voraus. Innovationen wie die aus Aluminium gefertigte Karosserie oder das ebenfalls aus Aluminium hergestellte Leichtbau-Fahrwerk mit doppelten Dreiecksquerlenkern rundum konnte man bis dato weder in Zuffenhausen noch in Maranello vorweisen. Und auch das drei Liter große V6-Triebwerk war ein Meisterstück der Ingenieurskunst, das über spektakuläre Details wie etwa eine elektronische Drosselklappensteuerung (Drive by Wire), Zündkerzen mit Platin-Elektroden oder Titan-Pleuel verfügte. Dank 274 PS (201 kW) und einem maximalen Drehmoment von 284 Newtonmetern stellte der NSX zudem rasante Fahrleistungen in Aussicht. Und tatsächlich beschleunigte der Honda NSX in 5,9 Sekunden aus dem Stand auf Landstraßentempo und erreichte eine Höchstgeschwindigkeit von 270 km/h. Mehr zum Thema: Unsere Produkttipps auf Amazon
Der Acura NSX S (2021) im Teaser-Video:
Classic Cars stellt den Honda NSX vor
Doch der Honda NSX hatte nicht nur das Ziel, eines der schnellsten Autos seiner Zeit zu sein. Er sollte zudem keinesfalls mit zickigem Gebaren im Grenzbereich überfordern und gleichzeitig ein hohes Maß an Reisekomfort mitbringen – das war besonders wichtig für den avisierten Hauptabsatzmarkt USA. Um diese Vorgaben zu erreichen, griff man für die finalen Fahrwerks-Abstimmungsfahrten auf das zur damaligen Zeit wohl sensibelste aller Popometer zurück: Niemand Geringeres als Formel 1-Legende Ayrton Senna verpasste dem Sportler den nötigen Feinschliff. Und was für einen brillanten Job der 1994 auf tragische Weise in Imola verstorbene Brasilianer erledigt hat, ist auch heute noch spürbar. Denn der sage und schreibe 30 Jahre alte NSX rollt immer noch geschmeidig ab und verarbeitet viele Unebenheiten klaglos. Allerdings soll diese Eigenschaft nicht darüber hinwegtäuschen, welch immense querdynamischen Talente in dem nach heutigen Maßstäben fast schon zierlichen Überflieger stecken. Über die – anfangs erschreckend schwergängige, weil gänzlich ohne Servounterstützung auskommende – Lenkung eingeleitete Richtungswechsel setzt der Japaner extrem präzise und mit bestechender Agilität um. Die Transparenz, mit der die Lenkung dabei ans Werk geht, zeigt, dass früher zwar längst nicht alles, aber zumindest einiges besser war als heute. Die Kurvengeschwindigkeiten des Classic Cars sind trotz der nach heutigen Maßstäben fast schon lächerlich zierlichen Bereifung (205/50 ZR 15 vorn, 225/50 ZR 16 hinten) mehr als respektabel. Sie dürften immer noch ausreichen, um so manchem modernen Kompaktsportler die Grenzen aufzuweisen – vom subjektiv empfundenen Fahrspaß im Honda NSX ganz zu schweigen.
Honda NSX: Gutmütiger Quell der Freude
Beeindruckend ist ferner die Beherrschbarkeit, die dem Honda NSX anerzogen wurde – besonders vor dem Hintergrund, dass gerade ältere Mittelmotor-Sportler im Grenzbereich gern mal mit zickiger Unvorhersehbarkeit das Heck quer stellen. Nicht so der NSX. Beim Überschreiten der Haftgrenze der zierlichen Reifen schiebt der trotz der umfangreichen Komfortausstattung mit rund 1400 Kilogramm Leergewicht vergleichsweise leichte Zweisitzer behutsam über die Vorderräder. Auf provozierte Lastwechsel reagiert das Classic Car mit sanftem Übersteuern, das sich jedoch ohne schweißnasse Hände einfach korrigieren lässt. Mit dieser Gutmütigkeit bereitet der Honda nicht nur auf der Rundstrecke, sondern auch auf engen Landstraßen ein diebisches Vergnügen. Ein weiterer Quell der Freude ist das bebende V6-Herz, das hinter den Sitzen im Verborgenen arbeitet: unfassbar drehfreudig, digital auf jeden Millimeter Gaspedalweg ansprechend, linear in der Leistungsabgabe – kurzum das Idealbild eines Sportmotors. Dazu dieser Sound: roh, ungefiltert, ekstatisch schreiend beim Erreichen der Höchstdrehzahl von unglaublichen 8000 Touren. Irgendwann in einer rein elektrischen Zukunft der Mobilität werden wir unseren Enkelkindern mit der ein oder anderen Träne im Auge von solch emotionalen Aggregaten wie im Honda NSX berichten…
Technische Daten des Honda NSX
Classic Cars 09/2020 | Honda NSX |
Motor | V6; Mittelmotor |
Hubraum | 2977 cm³ |
Leistung | 201 kW/274 PS |
Max. Drehmoment | 284 Nm bei 5400/min |
Getriebe | 5-Gang-Getriebe, manuell |
Antrieb | Hinterrad |
L/B/H (mm) | 4405/1810/1170 |
Leergewicht | 1370 kg |
Bauzeit | 1990 - 2005 |
Stückzahl | 18.685 |
Beschleunigung | 0 auf 100 km/h in 5,9 s |
Höchstgeschwindigkeit | 270 km/h |
Verbrauch | 10,0 l/100 km |
Grundpreis (Jahr) | 130.000 Mark (1990) |
Der Honda NSX steht völlig zu Unrecht im Schatten seiner großen Rivalen wie etwa dem Porsche 911 oder den kultisch verehrten Mittelmotor-Sportlern von Ferrari. Denn auch 30 Jahre nach dem Stapellauf spürt man auf jedem gefahrenen Meter im Classic Car, mit welch einer Hingabe die Ingenieur:innen ihrem Job bei der Entwicklung nachgegangen sind. Wer also einen tollen Sportwagen mit Seltenheitswert sucht, der famosen Fahrspaß vermittelt, kann bedenkenlos auf die Suche nach einem gepflegten Exemplar gehen – zumal die viel gepriesene japanische Zuverlässigkeit auch beim NSX zur DNA gehört.