BMW iX3/VW ID.4 GTX: Vergleichstest
Der iX3 stellt sich dem ID.4 GTX
Mit beeindruckendem Reifegrad und hoher Vielseitigkeit haben VW und BMW längst alltagstaugliche Elektro-Dickschiffe im Angebot. Die technische Philosophie ist bei BMW iX3 und VW ID.4 GTX allerdings komplett verschieden. Welche punktet im Vergleichstest mehr?
Gesamtbewertung (max. Punkte) | BMW iX3 | VW ID.4 GTX |
Karosserie (1000) | 717 | 659 |
Fahrkomfort (1000) | 740 | 755 |
Motor/Getriebe (1000) | 742 | 725 |
Fahrdynamik (1000) | 685 | 722 |
Eigenschaftswertung (4000) | 2884 | 2861 |
Kosten/Umwelt (1000) | 301 | 346 |
Gesamtwertung (5000) | 3185 | 3207 |
Platzierung | 2 | 1 |
In gewohnter Optik, aber mit neuem Antrieb, stromert der BMW iX3 zum Vergleichstest gegen den VW ID.4 GTX. Während die meisten Autobauer ihre neue Antriebstechnik gleich in ganz frischen Karosseriekonzepten präsentieren, wanderten E-Maschine und Akku beim iX3 einfach unter das Kleid eines modifzierten X3. Man kann sich also voll und ganz auf die Antriebstechnik konzentrieren. Und diese überzeugt ganz nach Art des Hauses. Hielten wir bisher den Sechszylinder-Diesel mit ZF-Automatik für die perfekte X3-Antriebsquelle, so sind wir uns nach einigen tausend Kilometern im iX3 da gar nicht mehr so sicher. Klar, ein Diesel ist für Vielfahrerende immer noch die beste Wahl. Doch Komfort, Sprintvermögen, Effizienz, Fahrspaß und nicht zuletzt die Kostenbilanz sind beim Elektroauto tatsächlich viel besser. Das gilt – im Vergleich zum konventionellen VW Tiguan – auch für den VW ID.4, vor allem in der Topversion GTX mit Allradantrieb und 220 kW (299 PS). Guter Zeitpunkt also für ein Hochspannungs-Duell zwischen München und Wolfsburg. Mehr zum Thema: Unsere Produkttipps auf Amazon
Der VW ID.4 (2020) im Video:
BMW iX3 & VW ID.4 GTX im Vergleichstest
Das Topmodell VW ID.4 GTX ist bisher die einzige ID.4-Variante mit zwei E-Maschinen und Allradantrieb. Doch selbst mit den optionalen Sportsitzen muss man deswegen keine Abstriche bei Bewegungsfreiheit, Kofferraumvolumen oder Variabilität machen. Die deutlich höhere und etwas gewöhnungsbedürftige Sitzposition im Fond bleibt auch im sportlichen GTX erhalten. Einmal aufgesattelt, genießen hier aber selbst Großgewachsene vorzügliche Bewegungsfreiheit und eine luftige Atmosphäre unter dem gewaltigen Glasdach (1400 Euro). Zudem ist der ID.4 GTX schon sehr gut ausgestattet und kommt serienmäßig mit edel ausgeschlagenem Innenraum daher. Blaue Kunstleder-Oberflächen auf Armaturenbrett und Türtafeln sind ebenso Pflicht wie die roten Ziernähte und einzelne GTX-Schriftzüge. Noch beeindruckender bei Qualität und Verarbeitung ist der BMW iX3, der das ähnlich riesige Glasdach übrigens schon serienmäßig hat. Allerdings findet man sich hier ja auch im altbekannten X3-Innenraum wieder. Der fühlt sich zwar überhaupt nicht nach Elektroauto an, bietet dafür aber ein großzügiges Raumgefühl, ausgereifte Variabilität sowie eine Top-Sicherheitsausstattung. Und die Bedienung des BMW-Infotainments gehört auch mit tiefen Untermenüs immer noch zu den benutzerfreundlichsten am Markt – das kann man vom VW-System nicht behaupten. Was praktische Dinge wie Zuladung, Anhängelast oder Kofferraumvolumen angeht, herrscht dagegen in etwa Gleichstand zwischen den Rivalen des Vergleichstests.
Fahrkomfort: VW ID.4 GTX ausgewogen
Nicht zum ersten Mal in einem Vergleichstest muss die extrem ausgewogene Abstimmung des adaptiven VW-Fahrwerks (1150 Euro Aufpreis) gelobt werden. Zusammen mit der mustergültigen Geräuschdämmung mutiert das 2,3 Tonnen schwere SUV damit zu einem der komfortabelsten Autos überhaupt – und das trotz der obligatorischen 21-Zoll-Bereifung. Dadurch fühlt sich der VW ID.4 GTX viel größer und gelassener an, als er es eigentlich ist. Der BMW iX3 rollt mit seinen 20-Zoll-Rädern straffer und verbindlicher ab. Zwar verdaut auch sein Fahrwerk mühelos schroffe Kanten und Fugen auf der Fahrbahn, seine sportlichere Auslegung lässt sich aber nicht leugnen. Das gilt auch für die sehr komfortablen Sitze, die im Vergleich zum softer bespannten VW-Gestühl jedoch etwas weniger gemütlich wirken.
Motor/Getriebe: Reichweite & kürzere Ladezeiten sprechen für BMW iX3
Der VW ID.4 GTX ist derzeit die einzige Möglichkeit, einen ID.4 mit Allradantrieb zu fahren. Dafür wanderte unter die Fronthaube ein zweiter Elektro-Motor mit zusätzlichen 80 Kilowatt Leistung. Der Asynchronmotor, der vom Zulieferer Magna stammt, kommt allerdings nur als Traktions- und Beschleunigungshilfe zum Einsatz. Die Hauptarbeit im Alltag bleibt der 150 kW starken Synchronmaschine an der Hinterachse überlassen. Eine mechanische Verbindung zwischen beiden Achsen gibt es nicht, sodass der sonst bei Allradlern übliche Kardantunnel im Innenraum wegfällt. Der BMW iX3 ist dagegen trotz 286 PS und 400 Newtonmetern ein reiner Hecktriebler. Nachteile hat das im Alltag nicht – von Fahrten auf Eis und Schnee einmal abgesehen. Und beim Sprint kann der Bayer im Vergleichstest auch gut mit dem schnellen ID.4 GTX mithalten. Bis Tempo 100 vergehen im iX3 nur 6,4 Sekunden, im ID.4 GTX sind es 6,2 Sekunden. Beide E-Autos werden übrigens auf 180 km/h Maximaltempo limitiert. Bei solch hohen Geschwindigkeiten nimmt die Reichweite derweil schnell ab. Apropos: Realistisch steckt in den rund 75 kWh großen Akkus Saft für etwa 500 gelassen gefahrene Kilometer. Auf der Normrunde der AUTOZEITUNG, die mit einem Volllastanteil auf der Autobahn gefahren wird, verlangt der BMW iX3 nach 19,1 kWh pro 100 Kilometer, beim VW ID.4 GTX sind es 21,7 kWh. Im Testszenario reicht der Stromvorrat demnach immer noch für 353 (VW) beziehungsweise 387 Kilometer (BMW). Der kleine Vorteil für den BMW wächst noch durch seine tauglichere Schnellladefähigkeit. Während VW die Ladeleistung an der HPC-Säule (= High Power Charging) noch auf 125 kW drosselt, darf der BMW immerhin 150 kW ziehen. Die Ladezeit wird damit etwas kürzer. Allerdings hat VW schon jetzt für sein Elektroauto ein Upgrade versprochen, das noch 2021 over the air – also via Internet – übertragen werden könnte.
Fahrdynamik: Mehr Fahrspaß im VW ID.4
So viel vorweg: Einen Nachteil wegen des fehlenden Allradantriebs spürt man im BMW iX3 bei diesem Vergleichstest nicht. Die 275er-Walzen an der Hinterachse leisten gewaltige Arbeit, besonders am Kurvenausgang nach engen Kehren. Einschränkend wirkt eher die Elektronik, die den iX3 an der kurzen Leine führt – wenn auch sehr feinfühlig. Der 2256 Kilogramm schwere VW ID.4 GTX erzeugt da einen Tick mehr Fahrspaß und vermittelt gerade in schnellen, lang gezogenen Kurven ein sehr sicheres Gefühl. Auch wenn der fein einstellbare Sportmodus Lenkung, Fahrwerk und Bremse nicht allzu konsequent schärft, kann der Wolfsburger bei der Rundenzeit auf abgesperrter Strecke überzeugen. Obendrein liefert der ID.4 GTX hier die etwas bessere Bremsperformance ab.
Umwelt/Kosten: Hohe Anschaffungskosten beim BMW iX3
BMW bietet den iX3 in zwei extrem vollgepackten Ausstattungsvarianten an. Das verhagelt dem Münchener jedoch eine gute Kostenbilanz. Daran ändert auch das jetzt bestellbare Facelift-Modell nichts, das obendrein noch einmal 1000 Euro teurer ist als die hier getestete Version. Immerhin sind die überarbeiteten Matrix-LED-Scheinwerfer, das M-Sportpaket sowie der 12,3 Zoll große Navibildschirm nach der Überarbeitung serienmäßig. Der ebenfalls gut ausgestattete VW ID.4 GTX ist da ganze 16.000 Euro günstiger als der BMW iX3. Allerdings kommt für den Basispreis von 50.415 Euro auch hier nur der reduzierte Umweltbonus zum Tragen. Dennoch hat der Wolfsburger im Vergleichstest deutlich mehr Ausstattung an Bord als die nackten Basis-Elektroautos.
Messwerte & technische Daten des BMW iX3 & VW ID.4 GTX
AUTO ZEITUNG 24/2021 | BMW iX3 | VW ID.4 GTX |
Technik | ||
E-Motor | fremderregte Synchronmaschine hinten | vorn: Asynchronmaschine (80 kW), hinten: permanent- erregte Synchronmaschine (150 kW) |
Systemleistung | 210 kW/286 PS | 220 kW/299 PS |
Systemdrehmoment | 400 Nm | 460 Nm |
Batterie | Lithium-Ionen, klimatisiert | Lithium-Ionen, klimatisiert |
Spannung/Kapazität netto | 400 V / 74,0 kWh | 400 V / 76,6 kWh |
Max. Ladeleistung DC/AC | 150 kW / 11 kW | 125 kW / 11 kW |
Ladeanschluss/Ort | Typ 2 u. CSS / hinten rechts | Typ 2 u. CSS / hinten rechts |
Getriebe/Antrieb | Konstantübersetzung / Hinterradantrieb | Konstatübersetzung / Allradantrieb |
Messwerte | ||
Leergewicht (Werk/Test) | 2185/2194 kg | 2224/2256 kg |
Beschleunigung 0-100 km/h (Test) | 6,4 s | 6,2 s |
Höchstgeschwindigkeit (Werk) | 180 km/h | 180 km/h |
Bremsweg aus 100 km/h kalt/warm (Test) | 36,0 / 35,0 m | 35,2 / 35,0 m |
Verbrauch auf 100 km (Test/WLTP) | 19,1 / 18,5 kWh | 21,7 / 18,2 kWh |
CO2-Ausstoß (Test/WLTP) | 91 / 0 g/km | 103 / 0 g/km |
Reichweite (Test/maximal) | 387 / 510 km | 353 / 497 km |
Preise | ||
Grundpreis | 66.300 € | 50.415 € |
Testwagenpreis | 63.825 € | 47.290 € |
Wer über die Anschaffung eines edlen und ausgewachsenen SUV nachdenkt, sollte diese zwei Elektro-Varianten ernsthaft in Erwägung ziehen. Auch wenn der BMW iX3 optisch so gar nicht nach "Next Generation" aussieht, so bietet er doch einen extrem hohen Reifegrad bei Verarbeitungsqualität, Ergonomie und Fahrverhalten. Der hohe Preis kostet ihn den Gesamtsieg, obwohl sich die wirklich komplette Ausstattung sehen lassen kann – zweiter Platz für den Bayern. Deutlich günstiger, komfortabler und am Ende auch dynamischer setzt sich der VW ID.4 GTX in Szene. Er gewinnt diesen Vergleichstest aber auch wegen des guten Raumangebots. Die Kraft der zwei Motoren mindert nur etwas die Effizienz, steht dem gelassenen Elektro-SUV aber ausgezeichnet.