Neuer VW Golf 8 GTD (2020): Erste Testfahrt
Wir fahren den GTI für Vielfahrer
Wer auf starke Diesel in der Kompaktklasse schwört, den packt der neue VW Golf 8 GTD (2020) ganz sicher – aber kann der Kompaktsportler auch GTI-Fans überzeugen? Das klären wir bei der ersten Testfahrt.
Wie unterschiedlich 200 Diesel-PS in der Kompaktklasse interpretiert werden können, zeigt ein weiteres Mal der neue VW Golf 8 GTD (2020). Beim Tête-à-Tête zur ersten Testfahrt markiert er mit großen Lufteinlässen, ausgestellten Schwellern und zwei prominent im Diffusor integrierten Doppelendrohren den großen Max. Da geht die Diesel-Konkurrenz etwa von Mercedes und BMW deutlich zurückhaltender zu Werke. Eine Marktlücke, die von den Wolfsburgern im Ursprung seit 1982, aber konsequent wieder seit 2009 besetzt wird. Sportlichkeit wie Sparsamkeit müssen kein Widerspruch sein, lautet das inoffizielle GTD-Credo. Und tatsächlich soll sich der EA288 evo genannte 2,0-Liter-Vierzylinder mit 4,4 Litern Diesel im Schnitt begnügen. Auch, wenn wir den 200 Pferdchen den entsprechenden Auslauf geben? Eine Frage, die wir bei der ersten Testfahrt mit dem neuen VW Golf 8 GTD (2020) ebenso klären wollen wie die, ob der Top-Diesel ein ernstzunehmender GTI-Konkurrent ist.
Der VW Golf 8 GTI im Fahrbericht (Video):
Erste Testfahrt mit dem neuen VW Golf 8 GTD (2020)
Im Innenraum des neuen VW Golf 8 GTD (2020) nimmt man in straffen und gut abstützenden Sportsitzen Platz. Die integrierten Kopfstützen reichen auch für großgewachsene Personen (Autor: 187 cm). Diese blicken auf ein mit Wabendekor sportlich aufgemachtes Armaturenbrett mit rot hinterlegten Details wie dem Start-Stopp-Knopf in der Mittelkonsole. Dort ist übrigens kein klassischer Automatikwählhebel mehr zu sehen, sondern ein kleiner "Pinöppel", der die Befehle ausschließlich elektronisch ("shift by wire") an das Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe weitergibt. Das unten abgeflachte Sportlenkrad mit GTD-Emblem und neuartigen Touchflächen, die bei der ersten Testfahrt keinen wirklichen Vorteil gegenüber herkömmlichen Tasten bringen, ist ein Hingucker. Gleiches gilt für das digitale Cockpit mit vom GTI bekannter Aufmachung samt Wabenmuster, zentralem Drehzahlmesser und zahlreichen Gimmicks wie Wasser- und Öltemperatur- oder Leistungs- und Ladedruckanzeige. Mit vergleichsweise leisem, aber vernehmbarem Nageln erwacht der neue VW Golf 8 GTD (2020) zum Leben.
Neuer VW Golf 8 GTD (2020) verbindlich-straff
Schon auf den ersten Metern der ersten Testfahrt sind die straffe Grundabstimmung und die sportlich ausgelegte Lenkung spürbar. Überhaupt liegt der neue VW Golf 8 GTD (2020) verbindlicher auf der Straße als das Standardmodell. Die 7,1 Sekunden für den Sprint auf Tempo 100 und 245 km/h Höchstgeschwindigkeit mögen für heutige Verhältnisse fast schon normal klingen, fühlen sich aber längst nicht so an. Schon bei knapp über 1500 Umdrehungen steht das maximale Drehmoment von 400 Newtonmetern bereit, die über die Vorderräder gefühlt ansatzlos auf die Straße gelangen und Kompaktsportler wie Passagiere ohne Murren auf Landstraßentempo boxen. In Kurven verrichtet die elektronische Differenzialsperre XDS+ – sie bremst das kurveninnere Vorderrad ein, um wieder die optimale Traktion herzustellen – unmerklich, aber äußerst effizient ihre Arbeit. So lenkt der neue VW Golf 8 GTD (2020) selbst bei hohem Tempo neutral wie kurvenwillig ein und gerät weitaus später ins Untersteuern, als man es ihm zutrauen würde.
Verbrauch des neuen VW Golf 8 GTD (2020) im Rahmen
Außerdem lässt der Wolfsburger zumindest im Sportmodus kaum Wankbewegungen zu, dafür aber Fahrbahnverwerfungen spürbar in den Innenraum durch. Auch der neue VW Golf 8 GTD (2020) ist kein Komfortwunder, müssen wir bei der ersten Testfahrt feststellen, aber in Verbindung mit der "Comfort"-Einstellung zumindest ein guter Kompromiss. Dann federt der Kompaktsportler spürbar softer ab, macht die Lenkung leichtgängiger und drosselt den Soundaktuator herunter. Apropos künstlicher Sound: Natürlich dürfte jedem versierten Fahrer bewusst sein, dass ein vierzylindriger Diesel nicht solch grummelnd-bassige Töne spucken kann. Wer sich aber darauf einlässt, erhält mit dem neuen VW Golf 8 GTD (2020) nicht nur ein äußerst spaßiges Landstraßen-Spielzeug, sondern eben auch einen alltags- wie langstreckentauglichen Begleiter. 8,2 Liter Verbrauch laut Anzeige erscheinen nach kurzer Vmax-Jagd auf der Autobahn und forcierter Landstraßenpartie zwar nicht wirklich sparsam, aber im Rahmen. Einziger Wehrmutstropfen: der nun rund 8000 Euro höhere Grundpreis von 38.114 Euro (Stand: November 2020).
Beim Standardsprint 0,8 Sekunden und in der Höchstgeschwindigkeit fünf km/h langsamer als der GTI, ist der GTD dafür im Schnitt 2,1 Liter sparsamer. Den 600 Euro höheren Einkaufspreis dürften Vielfahrer daher recht schnell wieder reingefahren haben. GTD oder GTI? Wohl mehr denn je eine Philosophie-Frage.