BMW 635 CSi/Jaguar XJ-S: Classic Cars
BMW-Effizienz gegen Jaguar-Opulenz
Der BMW 635 CSi und der Jaguar XJ-S attackierten die Coupé-Klasse in den 1980er-Jahren auf sehr unterschiedliche Weise. Was die beiden dennoch verbindet, klärt der Vergleich der AUTO ZEITUNG Classic Cars.
Die "Ära von Kuenheim" führte das bayerische Unternehmen BMW nach den schwierigen Zeiten in den 50er- und 60er-Jahren in eine gesunde Zukunft: Der Vorstandsvorsitzende Eberhard von Kuenheim baute das Modell-Portfolio der Automobile und Motorräder aus, suchte nach neuen möglichen Geschäftsfeldern. Es entstanden weitere Produktions-Standorte sowie der markante "Vierzylinder", das Verwaltungshochhaus in München. Mit der Baureihe E24 stellte BMW auf dem Genfer Automobilsalon 1976 die neuen BMW 6er-Modelle als Nachfolger der legendären E9- Coupés vor. Zunächst waren der 630 CS sowie der 633 CSi zu haben, 1978 folgte als Topmodell der 635 CSi.
Der damalige Chefstylist Paul Bracq hatte ein zeitloses Design geschaffen, das bis heute modern wirkt – inklusive des zur Person am Steuer hin angeordneten Cockpits. Das war bereits aus dem 5er der Baureihe E12 bekannt, auf dessen (verkürzter) Bodengruppe der E24 basiert. Der 635 CSi bekam den 3,5 Liter großen Sechszylinder-Motor (M30) mit 218 PS, das Fahrwerk wurde straffer abgestimmt. Optisch gab sich der sportliche E24 durch Front- und Heckspoiler, Zierstreifen und BBS-Kreuzspeichenräder zu erkennen. All diese Insignien gehören auch zum 1981er Modell, mit dem Volker Pehl vom BMW 6er Club e.V. zu unserem Vergleich mit dem Jaguar XJ-S kam. Die Presse war sich damals einig, dass der BMW 635 CSi in einer Liga mit Porsche 928 und Mercedes 450 SLC spielte. Auch interessant: Unsere Produkttipps auf Amazon
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BMW 645 CSi & Jaguar XJ-S im Classic Cars-Vergleich
Aber auch Großbritannien konnte mit sportlichen Coupés aufwarten: Der Jaguar XJ-S (der Bindestrich entfiel erst mit der dritten Generation) sollte an die Erfolge des 1974 eingestellten E-Types anknüpfen. Aus Kostengründen war allerdings keine Neuentwicklung möglich, sodass das Coupé auf der XJ-Limousine basierte. Der XJ-S trug zunächst den aus dem E-Type bekannten Zwölfzylinder unter der flachen Haube und war vor allem aufgrund seiner gewöhnungsbedürftigen Optik (nach einem Entwurf von Malcolm Sayer) umstritten – war das jetzt modern oder daneben?
Jaguar zeigte einen langen Atem: Die Marke legte ein Bügel- sowie ein Voll-Cabrio nach und verpassten der Baureihe zwei Facelifts. In seiner 21-jährigen Bauzeit mauserte sich der XJ(-)S letztendlich zum erfolgreichsten Sportmodell der Marke. Einen gewissen Anteil daran hatten auch die abgespeckten Reihensechszylinder-Versionen, die 1983 debütierten. Die 3,6-Liter-Modelle sind am Buckel in der Motorhaube zu erkennen – der mittig platzierte Reihensechser ist höher als der flache, dafür umso breitere V12. Aus fast gleichem Hubraum holen die Protagonisten dieses Vergleichs 218 (BMW) beziehungsweise 212 PS (Jaguar). Auch das maximale Drehmoment liegt ungefähr auf einem Level.
Moderner XJ-S-Motor trifft auf BMW-Klassiker
Somit kommen andere Faktoren zum Tragen: Der BMW-Motor basiert auf einer Konstruktion aus den 60er-Jahren – wurde allerdings zu einem der erfolgreichsten Triebwerke der Marke. Jaguar setzte nach dem gescheiterten Versuch, den V12 schlicht zu halbieren, auf eine Neuentwicklung mit Vierventil-Technik. Der Bayer ist deutlich leichter als der Jaguar – der im Gegenzug aufgrund der niedrigen Gesamthöhe und seiner breiteren Spur wesentlich dynamischer wirkt. Parallele zum bayerischen Löwen: Auch die britische Raubkatze trug Doppelstreifen und Kreuzspeichenräder ab Werk. In der Endgeschwindigkeit liegt der Brite auf dem Papier vorn, der BMW liefert dafür die besseren Beschleunigungswerte. In der Summe fühlt sich der BMW 635 CSi deutlich sportlicher an – sein Gesamtkonzept erscheint stimmiger. Immerhin ist der Jaguar XJ-S nicht so kopflastig wie seine Zwölfzylinder-Brüder. Die Kombination aus Sechszylinder-Motor und Fünfgang-Schaltgetriebe macht ihn zu einer echten Rarität. Und damit kristallisiert sich der Kern dieses Vergleichs heraus: Der Brite überzeugt auf der Langstrecke, der Bayer lässt sich auch schon mal flink um die Ecken scheuchen.
Jaguar XJ-S extravaganter als BMW 635 CSi
Der BMW 635 CSi ist ein echter Sportler, während beim Jaguar XJ-S immer wieder die Limousine durchblitzt: Holz und (Kunst-)Leder prägen das komfortable, nahezu opulente Ambiente – dabei gönnte man dem 3.6 nur das abgespeckte Interieur des H.E.-Zwölfzylinders. Auch der kastanienrote BMW spielt mit hellen und dunklen Tönen im Innenraum, wirkt dabei aber deutlich moderner und aufgeräumter. Typisch 1980er-Jahre: Beide Autos bringen einen Hauch Zukunftsmusik in Form ihrer Bordcomputer und vereinzelter digitaler Anzeigen mit. Hier wirkt der Jaguar auf sympathische Art verspielter: Fast wie in einem Flugzeug-Cockpit sind im XJ-S die wichtigsten Anzeigen (Wassertemperatur, Öldruck, Tankanzeige, Batterie-Zustand) mitten im Sichtfeld zwischen Tacho und Drehzahlmesser platziert. Beim BMW 635 CSi steht bezeichnenderweise die Geschwindigkeit im Mittelpunkt. Betrachtet man ganz nüchtern das Platzangebot und die Übersichtlichkeit, sieht es düster aus für den Jaguar: Seine Rückbank ist maximal ein Provisorium, mit den breiten C-Säulen und dem langen Heck wird der Jaguar komplett unübersichtlich. Aber hey, eine gehörige Portion Extravaganz haben sich britische Marken doch schon immer gegönnt!
Technische Daten von BMW 635 CSi und Jaguar XJ-S
Classic Cars 07/2019 | BMW 635 CSi | Jaguar XJ-S 3.6 |
Zylinder/Ventile pro Zylin. | 6/2 | 6/4 |
Hubraum | 3453 cm³ | 3590 cm³ |
Leistung | 160 kW/218 PS 5200/min | 156 kW/212 PS 5000/min |
Max. Gesamtdrehmoment bei | 310 Nm 4000/min | 324 Nm 4000/min |
Getriebe | 5-Gang-Getriebe | 5-Gang-Getriebe |
Antrieb | Hinterrad | Hinterrad |
L/B/H (mm) | 4755/1725/1365 | 4764/1793/1261 |
Leergewicht | 1500 kg | 1680 kg |
Bauzeit | 1978-1989 | 1983-1991 |
Stückzahl | 45.215 | 8860 |
Beschleunigung | 0 auf 100 km/h in 7,6 s | 0 auf 100 km/h in 8,3 s |
Höchstgeschwindigkeit | 225 km/h | 230 km/h |
Verbrauch | 14,6 l/100 km | 12,7 l/100 km |
Grundpreis (Jahr) | 49.400 Mark (1978) | 85.000 Mark (1984) |