Sunlight 640/i68: Test Integriert, teilintegriert, Kastenwagen oder Alkoven?
Wir haben den Sunlight 640 und den i68 einem Praxis-Test unterzogen. Hintergrund: Angehende Reisemobilisten haben nicht nur die Wahl zwischen vielen Ansprüche von Economy bis Premium-Klasse, sondern vor allem zwischen vier Grundtypen. Wir erklären die wesentlichen Eigenschaften.
Reisemobilhersteller bieten im Wesentlichen vier Grundtypen mit dann wiederum unterschiedlichen Grundrissen an – häufig gleich alle vier, um für jeden Kunden etwas Passendes im Angebot zu haben. Denn die Ansprüche, Vorlieben und Bedürfnisse sind so unterschiedlich wie die individuellen Biografien der Reisemobilisten. Im Programm der zur deutschen Hymer Group gehörenden Marke Sunlight haben wir uns beispielhaft umgesehen. Prinzipiell gelten die genannten Vor- und Nachteile des jeweiligen Konzepts aber auch für die Fahrzeuge anderer Hersteller, die dann durch Stil, Ausstattung und Technik individuelle Schwerpunkte setzen. Mehr zum Thema: Der Caravan Salon Düsseldorf 2018
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Grundtyp 1: Der Kastenwagen
In den letzten Jahren hat sich besonders der Kastenwagen zum Erfolgsmodell gemausert. Junge und sehr mobile Reisende spricht das unkomplizierte und sportive Konzept besonders an. Aber auch viele erfahrene Reisemobilisten, die sich ein ursprünglicheres Gefährt wünschen, wandern ins Lager der Kastenwagen-Fahrer ab. Technische Basis ist hier stets ein Transporter der 3,5-Tonnen-Klasse, mit dem Ducato hat sich Fiat beinahe ein Monopol erarbeitet. Ganz aktuell drängen aber auch Volkswagen mit dem aktuellen Crafter oder Mercedes mit dem neuen Sprinter verstärkt in dieses Segment. Kleine und feine Rollen spielen zum Beispiel Renault Master, Ford Transit oder – sehr selten – der Opel Movano. Die Kastenwagen-Ausbauten sprechen in den meisten Fällen reisende Paare oder Individualisten an, die bei moderaten oder sommerlichen Temperaturen aktiv unterwegs sein wollen und gern spontane Zwischenstopps einlegen. Familien-Konzepte sind in dieser Kategorie selten, wobei es sie durchaus gibt. Sunlight bietet beispielsweise auf Basis des hier vorgestellten Kastenwagens Cliff den Grundriss 601 mit Doppel-Stockbett im Heck. Diese Konfiguration verströmt zwar Jugendherbergs-Ambiente, bringt aber vier Mann auf Reisen. Haupt-Unterschiede im Segment sind neben der technischen Basis die Position des Betts (Quer- oder Längseinbau) und die Länge. Längs eingebaute Betten passen auch für Großgewachsene, treiben aber meistens die Fahrzeuglänge auf stattliche Maße – kontraproduktiv für den Hauptvorteil des Kastenwagens – seine Handlichkeit und Unaufdringlichkeit. Am anderen Ende des Angebots-Spektrums rangieren die vollintegrierten Reisemobil-Versionen.
Quer oder längs schlafen? Der lange Cliff 640 hat Längsbetten, im breiten Ducato Kasten geht es aber auch quer.Foto: Frank Ratering
Grundtyp 2: Der Integrierte I 68
Das sind Modelle, die nur das Rolling-Chassis des Basisfahrzeugs nutzen, also Vorderachse und Motor. Nicht selten werden bereits der Rahmen und die Hinterachse von einem Spezialisten zugeliefert. So entstehen sehr geräumige Fahrzeuge, bei denen das Cockpit mit Drehsitzen und der Wohnraum zu einer Einheit verschmelzen. Der Raumeindruck und das reale Platzangebot sind üppig, da der Aufbau meist die vom Basis-Hersteller (häufig wieder Fiat Ducato) vorgegebene Spurweite deutlich übertrifft. Heckgaragen für Fahrräder oder Motorroller, wohnliche Schlafzimmer mit Türen, ein zusätzliches Hubbett über dem Cockpit, ein vollständiges Bad samt Toilette sowie eine gut ausgestattete Küche und eine geräumige Dinette für mehrere Personen gehören in diesem Segment zum guten Ton. Nicht selten knacken die großen Luxusmobile dieser Kategorie die 100.000-Euro-Grenze. Der von uns vorgestellte Sunlight I 68 ist mit rund 55.000 Euro recht preisgünstig und beinahe kompakt zu nennen. Aber Vorsicht: Die größten Integrierten erfordern wegen des Höchstzulassungsgewichts von über 7,5 Tonnen einen Lkw-Führerschein und können nur als Lkw mit entsprechenden Einschränkungen (Geschwindigkeit, Durchfahrtsbeschränkungen und mehr) bewegt werden. Auch Fahrzeuge mit unter 3,5 Tonnen darf längst nicht jeder legal steuern, und viele Parkplätze sowie Straßen sind mit dem ausladenden Fahrzeug nicht zu schaffen. Unkomplizierte Mobilität für Reise-Ameisen ist da nur noch theoretisch möglich. Am wohlsten fühlen sich die dicken Integrierten nach Autobahnetappen fest verkabelt auf gut ausgestatteten Wohnmobil-Stellplätzen. Dann sind sie in puncto Komfort und Raumangebot unschlagbar.
Der I 68 hat einen Schlafraum mit komfortablem Bett in Wohnraum-Qualität.Foto: Frank Ratering
Grundtyp 3: Teilintegrierte sind beweglicher und preisgünstiger
Beweglicher und preisgünstiger wird es im Segment der teilintegrierten Reisemobile. Hier wird vom Fahrzeughersteller das Leiterrahmen-Chassis mit Führerhaus übernommen, der Reisemobilhersteller setzt dann die Wohnmobil-Zelle wie einen Rucksack auf die Hinterachse. Die routinierte Großserien-Technik des Fahrzeugherstellers kann so ähnlich wie im Kastenwagen ihre Vorteile ausspielen. Auch hier findet sich wieder häufig der Fiat Ducato, der Mercedes Sprinter hat ebenfalls eine treue Fangemeinde, und Knaus setzt neuerdings auf den mit dem VW Crafter nahezu baugleichen MAN TGE. Teilintegrierte fahren relativ leise und handlich, das Preisniveau bleibt im bezahlbaren Rahmen. Je nach Radstand und Zuladung sind relativ kompakte Modelle für komfortbewusste Paar- und Einzelreisende realisierbar, die einem rustikalen Kastenwagen wenig abgewinnen können. Die Dämmung des Aufbaus ist oft besser als bei einfach aufgebauten Kastenwagen und damit beim Winter-Camping oder in heißen Urlaubsregionen vorteilhaft. Das Komfortniveau ist dank Nasszelle und Küche höher, Stauraum gibt es in Teilintegrierten meist satt, und häufig wird auch eine Fahrrad- oder Gepäckgarage im Heck eingeplant. Damit sind die Teilintegrierten für viele Bedürfnisse also kein schwacher Kompromiss zwischen Kastenwagen und vollintegriertem Modell, sondern schlicht das beste Angebot: Kastenwagen-Handlichkeit plus Reisemobil-Komfort.
Teilintegrierte fahren relativ leise und handlich, das Preisniveau bleibt im bezahlbaren Rahmen. Foto: Sunlight
Grundtyp 4: Alkoven bietet die meisten vollwertigen Schlafstätten
Deutschlands Camper sind in den meisten Fällen zu zweit unterwegs, die traditionellen Alkoven-Modelle mit dem stattlichen Buckel oberhalb des Fahrerhaus verkaufen sich daher nicht mehr so gut wie noch vor einigen Jahren. Sie gelten oft als "uncool", sind funktional betrachtet aber exakt das Gegenteil und für fernwehkranke Familien oder Gemeinschaftsreisende immer noch erste Wahl: In allen anderen Segmenten kommen mehr als zwei oder vier Schläfer im besten Fall auf herabgeschwenkten Hubbetten unter, die tagsüber hochgeklappt werden müssen und dann nicht mehr als Liege oder Rückzugsort zur Verfügung stehen – noch häufiger müssen unkomfortable Notbetten an der Dinette-Essecke ausgeklappt werden. Entspanntes Familienleben im Urlaub oder unterschiedliche Schlaf- und Rückzugsbedürfnisse der Passagiere sind so kaum möglich. In Alkoven-Modellen sieht das ganz anders aus: Die Welle über dem Cockpit beherbergt ein komfortables Doppelbett, zusammen mit dem Bett im Heck – gelegentlich kommen hier auch Stockbetten zum Einsatz – stehen so ausreichend viele und vor allem vollwertige Schlafstätten zur Verfügung. Und auch manche Paar-Reisende sollten die Vorteile eines Alkoven schätzen: Die Bugwelle dient hier als geräumige Ablage oder Schnarcher-Asyl. Ansonsten sind die meisten Alkoven-Modelle eng verwandt mit den Teilintegrierten: Führerhaus, Chassis, Wohnmobil-Aufbau von kompakt und komfortabel bis geräumig und luxuriös – es sind nahezu alle Dimensionen zu haben.
Die Welle über dem Cockpit beherbergt ein komfortables Doppelbett, zusammen mit dem Bett im Heck stehen so ausreichend viele und vor allem vollwertige Schlafstätten zur Verfügung. Foto: Sunlight