Renault Alpine A110: Test A110 glänzt mit sportlich-französischem Esprit
Die Renault Alpine A110 im Test – schnell, athletisch und wunderschön. Seit Jahrzehnten sehnen sich die sportbegeisterten Fans der Franzosen nach einer modernen Alpine – nun bekommen sie eine.
Die Renaissance der Marke Renault Alpine trägt mit dem A110 erste wirklich sportliche Blüten. Nach der Ankündigung im Jahr 2012, mehreren Conceptcars und peu à peu durchsickernden Indiskretionen, ist nicht nur ein schnöder Sport-Ableger eines Renault-Modells, sondern konzeptionell völlig eigenständig: Die neue Alpine ist ein echter Sportwagen ganz im Sinne des Gründers, Rennfahrers und Konstrukteurs Jean Rédélé. Um das zu erkennen, muss man eigentlich keine weiteren Fakten bemühen, denn die A110 ist eindeutig als legitimer Nachkomme des gleichnamigen Modells von 1962 zu erkennen, und das liegt nicht nur an der knallig blauen Lackierung. Vom einstigen Heckmotor- zum ausgewogeneren Mittelmotor-Layout gewechselt, verfehlt die Alpine zwar die historische Gewichtsvorgabe von knapp 750 kg. Mit einem messtechnisch bestätigten Testwagen-Leergewicht von 1104 kg ist der Franzose aber immer noch ein Leichtgewicht unter den Sportwagen. Die komplett aus Aluminium gefertigte Alpine hat technisch jedenfalls so gut wie nichts mit einem der bekannten Renault-Modelle zu tun. Das spürt man auch, sobald man auf dem tief positionierten Fahrersitz Platz nimmt. Das Testexemplar entspricht dem Sondermodell Première Edition (58.000 Euro), dessen Auflage von 1955 Stück längst ausverkauft ist. Feine Auskleidungen in rautenförmig abgestepptem Leder und Alcantara, blaue Ziernähte, Applikationen in echtem Alu und Karbon schaffen auf eine unnachahmlich stilsichere Art eine feine Wohlfühlatmosphäre, wie sie auch die verfügbaren Modelle Pure und Légende prägt.
Renault Alpine A110 im Video:
Die Renault Alpine A110 im Test
Das volldigitale Cockpit-Display, das analog zum per Sport-Taste im Lenkrad gewählten Fahrprogramm (Normal, Sport, Track) die Grafik ändert, sowie das Touchscreen- Infotainmentsystem mit dem mittigen Touchscreen haben rein gar nichts mit bekannter Renault-Innenarchitektur zu tun. Gleiches gilt für die Tasten-Bedienlogik des Doppelkupplungsgetriebes auf der scheinbar schwebenden Konsole zwischen den beiden Leichtbausitzen. Nein, das hier ist kein Auto von der Stange, sondern ein exklusiver Sportwagen, zu dem vielleicht das etwas zu schnöde Hartplastik im oberen Armaturenträger nicht so ganz passt. Abgesehen davon wirkt das ganze Auto sehr routiniert und sauber verarbeitet. Zwar erkennen wir hier auf Anhieb kaum Renault-Gene, aber wir hören und spüren sie, sobald der rote Startknopf auf der Konsole gedrückt wird. Im Rücken meldet sich der neue 1,8-Liter-Turbo- Vierzylinder, der hier aber eine ungleich kräftigere Stimme erhebt als etwa im Renault Espace. Im Laissez-Faire-Stil erlaubt die klappengesteuerte Abgasanlage dem 252 PS starken, drehfreudigen Aggregat einen rotzig-röhrigen Sound – vor allem im Sportund Track-Modus. Gutes Stichwort. Also raus auf den Kurs, nachdem die Alpine auf der Messgeraden – per Launch Control gestartet – mal eben den Standardsprint auf Tempo 100 in 4,5 Sekunden validiert und die 200 km/h nach respektablen 15,5 s erreicht hat. Auch die Bremsprüfung steckt die fein dosierbare Brembo-Anlage locker weg: Für die Vollbremsung aus 100 km/h stehen gerade mal 31,3 Meter Bremsweg zu Buche, bei warmer Anlage sind es 31,8 Meter.
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252-PS-Alpine mit hervorragender Längsdynamik
Doch die für ein 252-PS-Auto hervorragende Längsdynamik ist nicht alles, ihr volles Spaßpotenzial entfaltet die A110 in Kurven jeglicher Art. Bei Geradeausfahrt noch etwas indifferent, vermittelt die Lenkung unter Querbeschleunigung stets ein sicheres Gefühl für den richtigen Lenkeinschlag. Das per feststehenden Wippen am Lenkrad schaltbare Siebengang-Doppelkupplunggetriebe, die spontane Gasannahme, die transparente, nicht zu direkt übersetzte Lenkung und das harmonisch ausbalancierte Fahrwerk bilden schnell eine Einheit mit dem Fahrer, der nach Herzenslust die Radien absurft. Dabei spielt auch die hervorragende Traktion eine große Rolle, obwohl die Alpine ohne mechanisches Sperrdifferenzial auskommt. In sehr engen Kehren hilft das Bremssystem schon mal mit einer Torque-Vectoring-Funktion, indem es das kurveninnere Rad ein wenig abbremst, wenn zu viel Radschlupf droht. Das temperamentvolle Wesen der Alpine hat aber auch eine sehr ausgewogene Komponente, denn der Sportwagen lässt sich selbst auf vernachlässigten Asphaltdecken nicht aus dem Tritt bringen.
A110 hat ruhmreiche Historie als Background
Die fein ansprechenden Federelemente bügeln so manche Unebenheit gut weg, was den Sportler durchaus alltagstauglich macht. Dazu tragen übrigens auch die ordentlichen Platzverhältnisse sowie die Automatikfunktion des Doppelkupplungsgetriebes bei. Im Normalmodus werden die Gänge besonders sanft gewechselt und die hohen Gänge bevorzugt, was zur Senkung der Drehzahl und des Verbrauchs beiträgt. Im Test genehmigt sich der mit Start-Stopp ausgerüstete Leicht-Franzose nur 8,4 l/100 km – nicht schlecht für einen Sportwagen, der locker 250 km/h erreicht, wenngleich es in diesem Tempo-Bereich Konkurrenten mit einem ruhigeren Geradeauslauf gibt. Aber wie schon gesagt: Das Metier der Alpine A110 ist die Kurve und nicht die Bundesautobahn. Das war auch 1962 schon so. Neugierig? Dann auf zum Händler. Allerdings gibt es die Alpine (Lieferzeit ca. ein Jahr) nicht bei jedem Renault-Händler, sondern nur in den Alpine-Zentren. Die Preise sind noch nicht ganz fix – in der Ausstattung Pure startet die A110 bei gut 54.000 Euro mit Klimaautomatik, Doppelkupplungsgetriebe, Navigation, Leder, 17-Zoll-Rädern und drei Jahren (100.000 km) Garantie – und einer ruhmreichen Historie als Background.
Technische Daten Renault Alpine A110
In dieser Preisklasse mag es zwar Sportler mit vielseitigeren Talenten geben. Doch mit Mittelmotor-Layout, Leichtbau-Hightech, starker Dynamik und gutem Federungskomfort ist der liebevoll verarbeitete Franzose einzigartig. Und das stilsicher die ruhmreiche Historie zitierende Design ist ohnehin unschlagbar.