Neuer Smart Vision EQ: Erste Testfahrt Visionärer Stadtverkehr im EQ
Der neue Smart Vision EQ ist wie ein Raumschiff aus der Zukunft: elektrisch, autonom und intelligent. Nur die vier Räder erinnern bei der ersten Testfahrt noch an automobilen Ursprung.
Eigentlich ist uns Tokio nur um sieben Stunden voraus, doch in Ecken wie dem Stadtteil Akihabara ist die Zeitverschiebung besser in Jahren zu messen: für ein Auto wie den neuen Smart Vision EQ genau das richtige Terrain. Hier, wo das Herz der japanischen Comic- und Spielewelt schlägt, wo sich Menschen wie Manga-Charaktere kleiden und einem auf der Straße gerne mal Roboter begegnen. Hier lassen sich die Grenzen zwischen Vision und Wirklichkeit lassen sich nicht immer ganz so trennscharf ziehen – wie bei der knuddeligen Designstudie, die Daimler vor einigen Monaten auf der IAA in Frankfurt enthüllt hat. Auch sie ist zwischen den Zeiten gefangen, weil sie eine sehr greifbare und realistische, deshalb aber nicht minder ferne Vision vom Stadtverkehr der Zukunft zeichnet. Natürlich elektrisch und genau wie ein Car2Go-Smart im Carsharing-Prinzip geteilt, soll der neue Smart Vision EQ dereinst als autonomes Robotaxi durch die Städte surren und den Verkehrskollaps in Megacities wie Tokio oder Peking möglichst verhindern.
Smart auf dem Genfer Autosalon 2018 im Video:
Erste Testfahrt im neuen Smart Vision EQ
Während Mercedes das autonome Auto mit Studien wie dem F015 zum Luxusgut macht, das dem Manager von Morgen Privatsphäre und Freizeit in einem immer dichteren Leben in der Öffentlichkeit garantiert, steigt Smart damit in den Markt der Robo-Taxen ein. Zugleich ist der neue Smart Vision EQ die blechgewordene Umsetzung der neuen Unternehmensstrategie CASE: "Wir geben den Themen ein Gesicht, mit denen Mercedes-Benz Cars die Vorstellungen von zukünftiger Mobilität beschreibt", sagt Smart-Chefin Annette Winkler mit Blick auf die Megatrends Connected, Autonomous, Shared und Electric. In der Vision der Daimler-Forscher könnte das bis 2025 soweit sein. Für das komplett autonome Fahren ohne Lenkrad und Pedale müssten nicht nur sämtliche Gesetze geändert werden, auch die Entwickler haben noch einiges zu tun, um die Sensoren des Autopiloten schlau und sicher genug zu machen. Doch hier in Akihabara geben sie nichts auf Paragrafen oder Algorithmen, hier haben sie genügend Phantasie, um sich mit einer simulierten Jungfernfahrt in die nahe Zukunft beamen zu lassen.
EQ-Cockpit ohne Lenkrad und Pedale
Zwar sind deshalb alle neugierig und starren gebannt auf den neuen Smart Vision EQ, der sich blau erleuchtet und im besseren Schritttempo vorsichtig durch die neonbunte Nacht tastet. Doch Angst vor der Technik kennen sie hier nicht. Sobald der blau illuminierte Winzling am Straßenrand steht und sich die großen Drehtüren wie von Geisterhand öffnen, rutschen deshalb schon die ersten Passanten auf die weiße Sitzbank in der überraschend geräumigen Kugel. Nicht umsonst steht in großen japanischen Lettern „Willkommen“ auf der Leuchtfläche, die bei konventionellen Autos mal der Kühlergrill war. Und der Grill ist nicht das einzige, wovon man sich in diesem Fahrzeug verabschieden muss. Denn, auch wenn der neue Smart Vision EQ noch wie ein Auto aussieht und natürlich noch immer vier Räder hat, ist er eher eine Art Raumkapsel, in der man sich einer fremden Macht anvertraut. Schließlich gibt es zum allerersten Mal in einem Modell von Mercedes weder Lenkrad noch Pedale. Man fühlt sich deshalb ein bisschen fremdbestimmt und entsprechend mulmig, wenn sich irgendwann die Türen schließen und der Smart wie von Geisterhand jenem Ziel entgegen rollt, das man vorher auf dem Smartphone in die App getippt hat – und vor allem fühlt man sich plötzlich ziemlich einsam.
Carsharing für weitere Mitfahrer
Aber in der Vision der Smart-Strategen bleibt man an Bord des neuen Smart Vision EQ ja nicht lange allein. Denn anders als bislang bei Car2Go ist der EQ nicht nur für das Car-, sondern auch für das Ridesharing konzipiert – und deshalb ständig auf der Suche nach weiteren Mitfahrern. Diese kündigen sich vorher auf dem großen Display mit einem detaillierten Profil höflich an. Ein Schelm, wer dabei an eine Partnervermittlung denkt. Doch der zweite Fahrgast spart nicht nur ein weiteres Auto auf den vollen Straßen ein, er hebt tatsächlich auch die Stimmung im Smart. Denn je mehr man sich um Konversation bemüht, desto weniger nervös und gespannt verfolgt man die Arbeit des Autopiloten, zieht nicht mehr so ängstlich am Beckengurt, wenn der neue Smart Vision EQ im Verkehrsfluss bremst oder beschleunigt und vergisst deshalb irgendwann tatsächlich, dass man der Technik in diesem Auto völlig ausgeliefert ist. Statt ängstlich seine Unabhängigkeit aufzugeben, genießt man irgendwann die neue Freiheit, lässt den Blick wandern, surft durchs Internet, döst durch seinen Jetlag und fühlt sich so ungezwungen wie in der U-Bahn. Nur dass es im Smart heimeliger und geräumiger ist und dass das Robotaxi fährt, wann und wohin der Passagier will.
81-PS-E-Motor mit 250 Kilometern Reichweite
Während sich der Autor mit der Situation deshalb immer weiter anfreundet und den Taxi-Trip in die Zukunft so langsam zu genießen beginnt, rollt die buchstäblich smarte Zeitmaschine ganz langsam am Straßenrand aus. Der neue Smart Vision EQ öffnet automatisch seine Türen und gibt einem unmissverständlich zu verstehen, dass die Fahrt erst einmal zu Ende ist. Nicht weil wir schon am Ziel wären. Und auch nicht, weil die rund 250 Kilometer, die der 81 PS starke E-Motor bei dem gemächlichen Stadttempo von Tokio aus den induktiv geladenen Akkus aus dem Wagenboden quetscht, schon abgefahren sind. Sondern einfach, weil ganz einfach die Realität ruft: Die Zeit der Einbildung ist vorbei und die Zukunft muss noch ein bisschen warten. Selbst hier in den Straßen von Akihabara ist es noch 2017 und nicht 2025.