BMW 540i xDrive/Lexus GS 450h/Mercedes E 400: Test Setzt sich der neue 5er vor die E-Klasse und den Lexus?
Im dritten Vergleichstest tritt BMWs neu aufgelegte, G30 genannte Oberklasse-Baureihe erstmals mit Benzin-Motor an: 540i xDrive gegen E 400 4Matic von Mercedes und den japanischen Hybrid-Individualisten Lexus GS 450h.
Langstrecke, Volllast, Verkehr: Aus genau diesen Gründen haben die meisten Oberklasse-Limousinen aufgeladene, sparsame Dieselmotoren unter der Haube. So ist es nicht verwunderlich, dass von den 3336 BMW 5er, die im März dieses Jahres neu zugelassen wurden, 2920 einen Selbstzünder haben. Doch weil dessen Verbrennungsgeräusch nicht jedermanns Sache ist und nicht alle Oberklässler primär auf der Langstrecke unterwegs sind, lohnt sich ein Blick auf die Benziner. Und da hat BMW mit dem aufgeladenen Reihensechser ein besonders feines Aggregat im Angebot. Zeit also, den neuen Bajuwaren auch als 540i – hier mit Allradantrieb – gegen die Wettbewerber in Form von Mercedes E 400 4Matic und Lexus GS 450h zu stellen. Der V6- Motor des Japaners verzichtet auf Turbolader und setzt stattdessen auf die Unterstützung eines E-Motors. Das Konzept scheint anzukommen, denn alle seit Januar 2017 verkauften GS haben einen Hybridantrieb.
Der BMW 5er im Video:
Test: BMW 5er gegen Lexus GS 450h gegen Mercedes E 400
Oberklasse-Autos sind Fahrerautos – und deshalb ist das Raumangebot vorn wichtig. Der neue 5er bietet hier nicht nur objektiv ein paar Zentimeter mehr Ellenbogen- und Fußraum als E Klasse und GS, sondern auch subjektiv – besonders im Vergleich zum Mercedes. Durch die größeren Fensterflächen dringt mehr Licht in den BMW-Innenraum, was nicht nur das Raumgefühl, sondern auch den Überblick auf das Verkehrsgeschehen verbessert. Apropos Verkehr: Der ist inzwischen so dicht, dass die Bedienung intuitiv passieren sollte – doch das ist leicht gesagt. Nehmen wir zum Beispiel die komplizierte Menüstruktur des Mercedes-Infotainment-Systems mit unzähligen Unterpunkten und Direktwahltasten für Radio oder Navi fernab der auf dem Dreh-Drück-Steller ruhenden Hand. Hier reicht oftmals nicht bloß ein flüchtiger Blick auf den Bildschirm, um von einer Funktion in die nächste zu wechseln oder einen der vielen Sicherheitsassistenten zu bedienen. Noch mehr Aufmerksamkeit benötigt das System im Lexus, das man mit einer Art Joystick bedient. Die Idee ist nett, fordert aber extrem viel Konzentration. Nicht logisch ist zudem, warum es unter den vielen Klimaknöpfen keine Taste für die Klimaanlage (AC) gibt. Dafür muss man über den Bildschirm in das entsprechende Menü wechseln. Wie man es besser macht, zeigt BMW mit dem iDrive: Wenige Tasten, die um einen Dreh-Regler angeordnet sind und übersichtliche sowie meist logische Menü-Strukturen schaffen die gewohnt sehr intuitive Bedienbarkeit. Oberklasse-Autos sind häufig auch Chauffeur-Limousinen, deshalb ist hinten ebenfalls Platz gefragt. 5er- und E-Klasse-Fond bieten hier ähnlich viel Raum nach allen Seiten, im GS kommt das Haupt dem Dachhimmel jedoch etwas näher. Zudem sitzt man dichter an der Tür als in den Deutschen. Im Gepäckabteil (450 Liter) muss man sich wegen der großen Batterie abermals einschränken, BMW und Mercedes bieten hier fast 100 Liter mehr Stauvolumen. Die Frage nach der Qualität ist in der Premium-Klasse immer eine besonders wichtige – und man kann 5er und E-Klasse bis auf die nicht vollständig mit Stoff ausgekleideten Kofferräume nur wenig vorwerfen. Zwar ist das GS-Gepäckabteil von oben bis unten ausstaffiert, allerdings findet – wer genau hinsieht – innen und außen Nachlässigkeiten bei der Verarbeitung, und die Material-Auswahl im Interieur wirkt etwas eintönig.
Der Fahrkomfort ist im BMW 540i am besten
Die Frage nach dem Fahrkomfort ist ebenso wichtig wie die nach der Qualität, und deshalb sind alle Testwagen mit adaptiven Dämpfern (Option), die E-Klasse sogar mit Luftfederung ausgestattet. Das klingt nach einem großen Vorteil, ist es aber nicht: Im Komfort-Modus schwingt die Karosserie des E 400 unangenehm nach, sodass die Fondpassagiere schon mal darum bitten, die Dämpfer zu straffen. Also Wechsel in den Sportmodus schon sind die heftigen Karosseriebewegungen eliminiert, das Ansprechverhalten ist jedoch immer noch anständig. Einen guten Eindruck macht der Lexus, der besonders bei höherem Tempo mit starken Anregungen gut zurechtkommt. Allerdings spürt man bei Stadtgeschwindigkeit Kanten und Fugen besonders deutlich, und die Karosserie ist auf weniger glattgewalztem Teer viel in Bewegung. Zudem sind Abroll- und Fahrwerksgeräusche präsenter als etwa im BMW. Dessen Fahrwerk sorgt nicht nur für eine satte Straßenlage, sondern verarbeitet Unebenheiten jedweder Art ziemlich sensibel – im Komfort-Modus. Die Sport-Stellung muss man eigentlich gar nicht antasten, denn dem 5er gelingt der Spagat zwischen Dynamik und Komfort schon im Standard-Programm ausgesprochen gut. Dazu tragen auch die 1660 Euro teuren Komfortsitze bei mit einstellbaren Seitenwangen, ausziehbarer Beinauflage sowie zweiteilig neigbarer Rückenlehne. Abgerundet wird der sehr gute Fahrkomfort durch eine effiziente Geräuschdämmung – die subjektiv besser ist als bei den hier getesteten Rivalen. Zwar ist der E 400 dank laminierter Fenster vorn ebenfalls gut gedämmt, im Fond allerdings hört man recht eindeutig, dass der Testwagen mit einer Sport-Abgasanlage ausgestattet ist (536 Euro). Der Sitzkomfort im Schwaben passt – auch für breitere Staturen. Allerdings ist die Konturierung nicht so gut wie im BMW und der Einstellbereich weniger fein. Im Lexus sitzt man per se etwas höher, der Seitenhalt für den Oberkörper ist gut, für die Beine fehlt es aber an Kontur.
Motor/Getriebe: BMW souverän, Lexus sparsam
4,7 Sekunden von null auf Tempo 100, fast 7000 Touren vor dem Gangwechsel – das alles sehr souverän sowie akustisch fein dargeboten: Das ist der BMW 540i. Okay, vielleicht geht der E 400 unten heraus subjektiv eine Spur druckvoller ans Werk. Doch so gut dosierbar, spontan ansprechend, drehfreudig und laufruhig ist der 3,5-Liter-Biturbo-V6 von Mercedes nicht. Obendrein ist der 3.0 Turbo-Reihensechser auch noch sparsamer (8,8 Liter auf 100 Kilometern). Noch weniger Sprit schluckt nur der stromunterstützte V6-Sauger im Lexus (8,4 l/100 km), der sich bei gemäßigtem Umgang mit dem Gaspedal und ausreichend geladener Batterie erst oberhalb von Tempo 50 fast unbemerkt zuschaltet. Etwas gewöhnungsbedürftig ist das Planetengetriebe, an das der 292 PS starke Sauger und die E-Maschine mit 200 PS gekoppelt sind. Zwar gaukelt einem das Display acht Fahrstufen vor, die man manuell wählen kann, allerdings arbeitet das leistungsverzweigte Getriebe stufenlos, sodass mit sensiblem Gasfuß ein Beschleunigen bei konstanter Motordrehzahl möglich ist. BMW und Mercedes haben gängige Wandlerautomaten, wobei das achtstufige ZF-Getriebe im 540i so geschmeidig und ruckfrei arbeitet, dass es ein Genuss ist, es einfach machen zu lassen, statt manuell einzugreifen. Denn es liest einem blitzschnell von der rechten Sohle ab, welche Stufe als nächstes gefordert ist. Der Neunstufen-Automat im E 400 braucht hier manchmal ein paar Zehntelsekunden, bis sie verstanden hat, wie es weitergehen soll. An Tempo mangelt es keinem der Testkandidaten: abgeregelte 250 km/h schaffen alle.
BMW 540i bei der Fahrdynamik unschlagbar
Oberklasselimousinen sind keine Rennwagen, aber sicher müssen sie trotzdem sein. Den besten Eindruck hinterlässt an dieser Stelle der 540i xDrive mit präziser, sehr mitteilsamer Lenkung (Allradlenkung: 1250 Euro), neutralem Fahrverhalten, starker Bremse (34,1 m kalt aus Tempo 100 bis zum Stillstand) sowie antriebsbedingt toller Traktion. Der Allrad-Mercedes hat nur im Extremfall kurz Schlupf an der Hinterachse. Er ist insgesamt etwas träger, die Dosierbarkeit der Bremse könnte besser sein, die Bremsleistungen hingegen liegen auf hohem Niveau. Größtes Manko des hinterradgetriebenen Lexus ist sein langer Bremsweg (39,7 m kalt), den wir hauptsächlich auf den für den mutmaßlich asiatischen und amerikanischen Markt entwickelten Reifen zurückführen, den der Kunde selbst aber durch einen für europäische Bedürfnisse abgestimmten Pneu ersetzen kann. Das Lenkgefühl des Lexus geht in Ordnung, und die Fahrt im Grenzbereich auf der Handlingstrecke offenbart keine eklatanten Schwächen.
Umwelt/Kosten: Satte Kosten bei allen Autos
Mit ein paar Extras reißt man mit der rund 340 PS starken Benziner-Oberklasse schnell die 70.000-Euro-Marke. Die Wartungskosten für den E 400 liegen hoch, für den 540i hingegen niedrig. Allerdings sind die BMW-Garantiezeiten kurz. Und wer den vergleichsweise günstigen GS 450h fahren will, muss mit hohen Versicherungsbeiträgen rechnen.
Technische Daten | Lexus GS 450h | Mercedes E 400 4Matic |
Motor | V6/4, E-Motor | V6/4, Biturbo |
Hubraum | 3456 ccm | 3498 ccm |
Leistung | 345 PS | 333 PS |
Maximales Drehmoment | 275 NM (E-Maschine), 352 Nm (Verbrenner) | 480 Nm |
Getriebe | Leistungsverzweigtes, stufenloses Planetengetriebe | 9-Stufen-Automatik |
Antrieb | Hinterrad | Allrad, permanent |
0-100 km/h | 6,0 s | 5,2 s |
Höchstgeschwindigkeit | 250 km/h | 250 km/h |
Leergewicht | 1825 kg | 1745 kg |
L/B/H in mm | 4880/1840/1455 | 4923/1852/1467 |
Kofferraum | 450 l | 540 l |
Testverbrauch | 8,4 l S/100 km | 9,7 l S/100 km |
Grundpreis | 56.100 Euro | 62.963 Euro |
Bewerteter Preis | 62.800 Euro | 68.057 Euro |
Platzierung | 3 | 2 |
Technische Daten | BMW 540i xDrive |
Motor | R6/4, Turbo |
Hubraum | 2998 ccm |
Leistung | 340 PS |
Maximales Drehmoment | 450 Nm |
Getriebe | 8-Stufen-Automatik |
Antrieb | Allrad, permanent |
0-100 km/h | 4,7 s |
Höchstgeschwindigkeit | 250 km/h |
Leergewicht | 1660 kg |
L/B/H in mm | 4936/1868/1479 |
Kofferraum | 530 l |
Testverbrauch | 8,8 l S/100 km |
Grundpreis | 60.300 Euro |
Bewerteter Preis | 65.900 Euro |
Platzierung | 1 |
Auch als 540i xDrive ist der neue 5er-BMW die Spitze in der Oberklasse – mit fein abgestimmtem, starkem und effizientem Antrieb, guten Komforteigenschaften und einem hohen Maß an Dynamik sowie Fahrsicherheit – satte Straßenlage und starke Bremsen inklusive. Auch der Mercedes E 400 4Matic verzögert top, im Vergleich zum 5er fehlen ihm jedoch Leichtfüßigkeit, Lenkgefühl, Effizienz und – trotz aufwändiger Fahrwerkstechnik – auch ein ausgewogener Federungskomfort. Wobei das Klagen auf sehr hohem Niveau ist. Den letzten Platz belegt der Lexus GS 450h – auch wegen seiner langen Bremswege und der mageren Sicherheitsausstattung. Er ist ein Auto für Individualisten, die den technischen Unterschied des Hybrids zu schätzen wissen.