BMW M2, 1er M & 2002 Turbo: PS-starkes Generations-Duell
Die kleinen wilden 2002 Turbo, 1er M und M2
Der BMW M2 bittet seine berühmten Vorfahren BMW 2002 Turbo und BMW 1er M Coupé zu einem Vergleich auf der Rennstrecke – denn für den Ritt am Limit wurden diese Fahrmaschinen gemacht. So geht das Generationsduell der Kompaktsportler aus!
Die 70er waren wild: Man suchte seinen Spirit, Grenzen und Konventionen verloren ihre Bedeutung. Es herrschte Aufbruchsstimmung im ganzen Land. Auch bei BMW formierte sich ein frischer Geist: Eberhard von Kuenheim übernahm 1970 die Leitung der BMW AG. Die Krise der Nachkriegsjahre war überwunden. 700er, Neue Klasse und 02 brachten endlich den Erfolg, BMW fädelte sich mit Vollgas auf der Überholspur ein. Die Marke fand ihre Mitte: "Aus Freude am Fahren".
Auch interessant: Unsere Produkttipps auf Amazon
Leslie & Cars fährt den BMW 1er (2024) im Video:
Der BMW 2002 Turbo verlangt nach einer kundigen Hand
Als Aushängeschild der neu ausgerufenen Lebensfreude sollte 1973 der 2002 Turbo auf der IAA für Furore sorgen. Er transportierte die Erfolge der BMW Motorsport GmbH in die Serie – und stolperte mitten in die erste Ölkrise. Die Fachwelt war begeistert, die Öffentlichkeit nicht. Der zu hohe Verbrauch und die wilde Optik trafen nicht den Zeitgeist. Nach nur knapp zwei Jahren Produktionszeit und gerade mal 1672 gebauten Exemplaren beugte sich BMW den kritischen Geistern – und die erste Turbo-Ära war so schnell zu Ende wie sie begonnen hatte. Nur gut, dass einige sich dem Zeitgeist widersetzten, der Lust an Leistung frönten und ihre aufgeladenen Schätze seitdem wie Diamanten gehütet haben.
Der BMW 2002 Turbo ist der Urahn des BMW 1er M Coupés und die Keimzelle des BMW M2. Alle drei verkörpern ein Prinzip: pure Fahrfreude dank feinster Fahrdynamik. Der 2002 ist das unvollkommene Genie. Aufgeschraubte Kotflügelverbreiterungen, verbreiterte Stahlfelgen und eine optionale Kriegsbemalung mit aggressivem Turboschriftzug in Spiegelschrift auf dem Frontspoiler machen aus der braven Mittelklasse einen Spießerschreck. Und in der wilden Schale schlägt ein heißes Herz.
Die Erinnerungen an die erste Fahrt mit dem Turbo der 70er liegen zwar schon lange zurück, aber sie sind noch hellwach in Händen und Unterbewusstsein. Der unter Druck gesetzte 02 hatte damals nur eine Aufgabe: Spitzenleistung. Dazu verpasste BMW dem Motor des 2002 ti lediglich einen Ölkühler, reduzierte die Verdichtung von 9,5 auf 6,9 und presste dank der 0,55 bar Ladedruck des KKK-Turboladers stramme 170 PS (125 kW) aus den vier Brennräumen. Unterhalb von 3500 Touren ist von Kraft noch keine Spur. Selbst ein seriöser 1602 aus gleicher Zeit mit vernünftigen 85 PS (63 kW) stürmt da regelrecht wie entfesselt davon und zeigt dem Turbo die Rücklichter. Doch auch wenn sich der Vierzylinder im unteren Drehzahlbereich lethargisch gibt, sollte die Person am Steuer immer in Alarmbereitschaft sein.
Produkte für den Klassiker:
Denn sobald die Drehzahl den kritischen Punkt erreicht hat und der Turbolader mit vollem Atem zur Attacke bläst, wird der brave M10-Motor zum rassigen Motorsportaggregat. Ein Turbo alter Schule: alles oder nichts. Er verzichtet auf die bullige Drehmomentwelle moderner Motoren, er verlangt den Ritt am Drehzahllimit. Im BMW 2002 Turbo muss man virtuos auf der Pedalerie tanzen, das Spiel zwischen Gas und Kupplung beherrschen, mit den Händen zwischen Lenkrad und Schaltstock jonglieren. Aber vor allem darf man den Schub in Wechselkurven niemals abreißen lassen, wenn man den Grenzbereich erleben will. Der 02 Turbo fordert– und gibt viel zurück. Wenn er sich mit viel Seitenneigung in die Kurve drückt, seine unbarmherzige Leistung gnadenlos an die Hinterachse hämmert und eine kräftige Hand bei jeder Kurskorrektur verlangt, wird er zur Erfahrung für alle Sinne – typisch 70er.
Mit dem BMW 1er M Coupé kam der Turbo zurück
Fast 35 Jahre dauerte es, bis die M GmbH den alten Spirit wiederfand. Keine Frage, mit M1, M3 und den anderen Ablegern der 1993 aus der BMW Motorsport GmbH hervorgegangenen M GmbH setzten die Bayern Meilensteine. Aber an einen Turbo in einem kleinen Coupé wagten sie sich nicht heran – bis 2011. Mit dem BMW 1er M Coupé kam der Turbo zurück. Wie beim 2002 waren die Fans verrückt nach ihm, und die Öffentlichkeit hatte dieses Mal zum Glück andere Sorgen. Doch bei BMW selbst war man sich dieses Mal nicht mehr so sicher wie noch vor drei Jahrzehnten – die Projektleitung hatte Bedenken, ob der kleine M akzeptiert würde.
Aber es kam auch hier ganz anders: Die Marke wurde von der starken Nachfrage überrascht. Trotzdem endete die Produktion bereits nach gut einem Jahr. Immerhin rollten bis dahin 6331 pausbackige M Coupés vom Band. Die Investition von seinerzeit 50.500 Euro hat sich für die Kundschaft gelohnt: Sammelnde zahlen für den mehr als zehn Jahre alten 1er heute bereits über 60.000 Euro – dafür benötigte der 2002 Turbo über 40 Jahre. Und die Fans wissen warum: Unter der deutlich verbreiterten Karosse des 1er montierte die M GmbH das Fahrwerk des damals aktuellen M3. Beim Motor griff man jedoch auf den damals noch von zwei Turboladern beatmeten Reihensechszylinder zurück, verpasste ihm unter anderem ein leichteres Zweimassenschwungrad und programmierte dem Motormanagement eine besonders aggressive Abstimmung ins Steuergerät. Die passenden Übersetzungen stellte das nur 43 kg leichte, eigens für das M Coupé entwickelte Getriebe mit knackigen Schaltwegen bereit.
Das dramatische Angaloppieren des BMW 1er M Coupé mit seinen bereits erstaunlich fein dosierbaren 500 Nm Drehmoment (Overboost) vergisst man nicht so schnell. Leistung produziert das BMW 1er M Coupé im Überfluss. Es schlägt schon bei gut 1500 Touren mit voller Wucht zu, trompetet lustvoll dem roten Bereich entgegen und entfaltet dabei seinen herrlich metallischen Klangteppich. Es lockt die Person am Steuer mit enormer Querbeschleunigung in den Grenzbereich, um ihr dann mitzuteilen, dass sie den Wechsel zwischen nachhaltigem Übersteuern und zickigem Untersteuern mit ruhiger Hand kontrollieren kann. M-Feeling in konzentrierter Form.
Das BMW M2 Coupé ist ein Fahrdynamik-Volltreffer
Der BMW M2 verfolgt genau diesen Anspruch. Er perfektioniert das Konzept des 1er M Coupés und brennt sich bereits nach der ersten Runde für immer tief ins Gedächtnis. Genau so muss ein hinterradgetriebener Sportwagen fahren. Der M2 sensibilisiert selbst die feinsten Nervenenden, pflegt innigsten Kontakt zur Person am Steuer und zeigte auch in den von Effizienzvorgaben geprägten 2010er-Jahren, dass Leidenschaft nicht mit Verzicht einhergehen muss. Der Reihensechszylinder-Turbo ist angereichert mit feinsten Zutaten des M4-Aggregats.
So wie Violinist:innen mit einer Stradivari samt federleichtem Strich die saubersten Töne entlocken, so feinfühlig lässt sich der Dreiliter-Turbo über das Gaspedal dirigieren. Noch deutlich intensiver als der Doppelturbo des 1er berauscht der nur mit einem Turbo (TwinScroll) aufgepumpte Sechszylinder des M2 mit seiner Kombination aus sattem Drehmoment und den gierigen 370 PS (272 kW), die ganz nach M-Sitte erst bei 6500 Touren an den Hinterrädern zerren. Jeder vom optionalen Doppelkupplungsgetriebe angebotene Gang passt perfekt in die fein arrangierte Vorstellung – manuelle Eingriffe sind jederzeit erlaubt, aber kaum notwendig.
Und genauso gut wie die M-Kreation am Gas hängt, so verbindlich gibt sie sich auch – vor allem, wenn das ESP ausgeschaltet ist und der Sport Plus-Modus den M2 auf Performance trimmt. Dann zeigt das vom M4 stammende Aluminiumfahrwerk in Verbindung mit der fein abgestimmten elektromechanischen Lenkung sein ganzes Potenzial. Jeder noch so kleine Lenkimpuls wird von der Vorderachse ruhig mit bedingungslosem Gehorsam umgesetzt. Der M2 ist für die Ideallinie gemacht. Mit viel Zug lässt er sich durch und aus der Kurve führen. Das elektronisch gesteuerte Differenzial macht dabei einen exzellenten Job, verteilt die Kraft wohlportioniert auf die Hinterräder und sorgt für satte Traktion.
Auch interessant:
Dieses Mal sind wir uns sicher, dass der Turbo bleibt – der M2 ist in mittlerweile zweiter Generation fester Bestandteil der aktuellen Produktpalette. Mit seinen bis zu 480 PS (353 kW) und einem nochmals höher angesiedelten Grenzbereich beweist er, das noch Luft nach oben ist. Jedenfalls hat sich die Marke den Spirit erhalten, den Bob Lutz 1972, seinerzeit Vorstandsmitglied, als Taufspruch bei der Gründung der M Motorsport GmbH formuliert hat: "Eine Firma ist wie ein Mensch: Treibt sie Sport, so ist sie durchtrainiert, begeisterungsfähig, leistungsfähiger." Dieses Trio Infernale ist der beste Beweis dafür.
Technische Daten von BMW 2002 Turbo, BMW 1er M Coupé und BMW M2
Classic Cars | BMW 2002 Turbo | BMW 1er M Coupé | BMW M2 |
Zylinder/Ventile pro Zylin. | 4/2; Turbo | 6/4; Turbo | 6/4; Turbo |
Hubraum | 1990 cm³ | 2979 cm³ | 2979 cm³ |
Leistung | 125 kW/170 PS 5800/min | 250 kW/340 PS 5900/min | 272 kW/370 PS 6500/min |
Max. Gesamtdrehmoment bei | 240 Nm 4000/min | 450 Nm 4500/min | 465 Nm 1400-5560/min |
Getriebe/Antrieb | 5-Gang-Getriebe/Hinterrad | 6-Gang-Getriebe/Hinterrad | 7-Gang-Doppelkupplung/Hinterrad |
L/B/H | 4220/1620/1410 mm | 4380/1803/1420 mm | 4468/1854/1410 mm |
Leergewicht | 1080 kg | 1522 kg | 1520 kg |
Bauzeit | 1973-1974 | 2011-2012 | 2015-2021 |
Stückzahl | 1672 | 6331 | 60.701 |
Beschleunigung null auf 100 km/h | 7,0 s | 4,5 s | 4,2 s |
Höchstgeschwindigkeit | 211 km/h | 250 km/h | 270 km/h (M Drivers Package) |
Verbrauch auf 100 km | 14,7 l S | 11,7 l S | 12,8 l SP |
Grundpreis (Jahr) | 20.780 Mark (1974) | 50.500 Euro (2011) | 56.700 Euro (2016) |