Testfahrt: Der neue Vinfast VF 6 (2025) überrascht
Mit dem VF 6 will Vinfast sich ein neues Segment erschließen
Wer einen Vinfast fährt, genießt Exotenstatus. Die monatlichen Verkaufszahlen des vietnamesischen Herstellers dümpeln in Deutschland im niedrigen zweistelligen Bereich. Offenbar ist der bis zu 408 PS starke VF 8 an der markenbewussten Zielgruppe vorbeigefahren. Und der siebensitzige VF 9 hat es – Stand April 2025 – gar nicht erst in die sechs deutschen Vinfast-Showrooms geschafft.
Jetzt soll es eine Offensive in kleineren Klassen richten. Dabei fungiert der citytaugliche Vinfast VF 6 (2025) als Bannerträger. Mit seiner Länge von 4,24 m bekriegt sich der Vollelektriker mit lifestyligen Bordsteinstürmern wie dem Alfa Romeo Junior, Peugeot e2008, Jeep Avenger, Renault Mégane, BYD Dolphin oder auch dem VW ID.3. Dabei wirft der Vietnamese starke Garantien in die Waagschale: Satte sieben Jahre oder 160.000 km steht Vinfast für Schäden gerade. Für die Batterie gilt sogar eine Frist von acht Jahren, bei unbegrenzter Kilometerleistung. Noch dazu zeigt sich bei der ersten Testfahrt: Der Vinfast VF 6 (2025) fährt sehr manierlich.
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Der Vinfast VF 8 (2022) im Video:
Die Ausstattung ist ungewöhnlich gut
Anders als der VF 8 (hier im Fahrbericht), dessen Mangel an Feinabstimmung ihn als technisch halbgar erscheinen ließ, vereint der Vinfast VF 6 (2025) typische Tugenden der vietnamesischen Küche: schmackhaft und doch bekömmlich. Bereits das satte Plopp beim Türenschließen würde auch deutschen Herstellern zur Ehre gereichen. Die im Innenraum verwendeten Materialien sind für diese Klasse überdurchschnittlich gut, wenn es auch teils an Harmonie mangelt. So zeigen sich die vorderen Cupholder im Testwagen kratzempfindlicher als die anderen Spritzgussteile an Bord. Die wackelige Mittelarmlehne verdeckt ein Staufach mit klugem Smartphonehalter. Nicht alle Fächer haben Antirutschmatten und ein ausreichendes Format. Auch die Nähte des Kunstleders, das Teile des Armaturenträgers bedeckt, dürften gleichmäßiger ausfallen.
Apropos Armaturen: Vinfast optiert für asiatischen Minimalismus. Fast alle Bedienelemente sind auf dem zentralen, fast 13 Zoll großen Bildschirm konzentriert. Nur das Lenkrad und die Mittelkonsole beherbergen noch physische Tasten, darunter einen selten gewordenen Dreh-/Drücksteller für Lautstärke und Radio. Selbst die Spiegelverstellung und die Klimaregelung erfolgen per Touchscreen. Das muss man mögen. Insgesamt wird man mit dem auf Android 9 basierenden System aber schnell vertraut, zumal es auch kabellos via Apple Carplay und Android Auto kommuniziert. Ein baldiges Update auf Android 11 soll zudem die Performance verbessern und Ladestationen in die Routenplanung einbeziehen.
Nützliches Zubehör rund ums Elektroauto:
Vier USB(A)-Anschlüsse füttern Smartphone & Co. mit Energie. Das trifft sich gut. Denn nur vier Personen sind im neuen Vinfast VF 6 (2025) wirklich gut aufgehoben und genießen die luftige Atmosphäre, die das in der Plus-Version serienmäßige Glasdach verbreitet. Das Gestühl ist fest und doch bequem, auch wenn die Sitzflächen länger sein dürften, wie die erste Testfahrt klärt. Der mittlere Platz auf der Rückbank gerät klassenüblich zur Strafbank, hart und eng. Auch der Kofferraum ist nur bedingt fernreisetauglich. Das reine Volumen fällt mit offiziell 423 l knapp aus, auch einen Frunk sucht man vergebens. Dafür entschädigen ein Staufach unter dem Boden und das einfache Umklappen der zu 1/3-2/3 geteilten Rücklehne.
Die Konkurrenten:
Testfahrt: Der neue Vinfast VF 6 (2025) bevorzugt die gemäßigte Gangart
Die Version Plus steht serienmäßig auf 19 Zoll messenden Alurädern. Die Bridgestone-Gummis rollen auf größeren Unebenheiten trocken und geräuschvoll ab. Die Windgeräusche bleiben bei der ersten Testfahrt mit dem neuen Vinfast VF 6 (2025) auch oberhalb der Richtgeschwindigkeit im Rahmen, während die Klimaanlage leider zuweilen lärmt. Dafür gibt es klassenunüblichen Luxus: Die Vordersitze sind nicht nur beheizt, sondern auch belüftet. Im Sommer eine echte Wohltat und energetisch gesehen bei einem Elektroauto vernünftig.
Auch das Head-up-Display ist in der höchsten Ausstattungsvariante serienmäßig vorhanden und entpuppt sich als Pluspunkt. Ladestand der Batterie, Geschwindigkeit, Tempolimit, Navi-Instruktionen und sogar das Blinkersignal werden klar und kontrastreich angezeigt. Schade ist in diesem Zusammenhang nur, dass sich der obere Teil des Armaturenbretts stark in der Windschutzscheibe spiegelt.
Von der AUTO ZEITUNG getestet und empfohlen:
Gespeist werden alle Verbraucher an Bord von einem LFP-Akku mit einer Kapazität von 60 kWh. Das soll genügen, um dem VF 6 einen Aktionsradius von 379 km (nach WLTP) zu verschaffen. Geladen wird die Batterie mit bis zu elf Kilowatt Wechselstrom. An kräftigen Gleichstromsäulen steigt die Ladeleistung auf bis zu 94 kW. Auch hier bewegt sich der Vietnamese im für diese Kategorie üblichen Rahmen. Ein ausgesprochener Langstreckenläufer ist er somit nicht. Aber Überlandetappen oder kurze Autobahnsprints sind durchaus möglich.
Die Fahrassistenten sind teils übereifrig
Im Normalmodus zeigt sich der 150 kW-Motor (204 PS) beim Ampelstart überraschend lethargisch. Erst im Sportmodus kommt der neue Vinfast VF 6 (2025) flott aus den Puschen, katapultiert den Fronttriebler in weniger als neun Sekunden auf Landstraßentempo. Auf der Autobahn geht ihm erst bei 175 km/h die Luft aus. Auch das kleine, dicke Lenkrad suggeriert sportliche Ambitionen. In Wahrheit taugt der VF 6 aber eher zum entspannten Cruisen mit leichtem bis mittelschwerem "Gasfuß".
Fahrbahnunebenheiten in optimistisch angegangenen Kurven quittiert der Vietnamese nämlich mit deutlichem Untersteuern. Auch der prekäre Seitenhalt der Sitze mahnt zur Zurückhaltung. Das Bremspedal fühlt sich stets teigig an, erlaubt aber ruckfreies Verzögern bis zum Stillstand. Die Stärke der Bremsrekuperation ist nur über den Bildschirm regelbar und enthält keinen One-Pedal-Mode. Im Stadtverkehr und über Land zeigen sich die Assistenzsysteme zwar effizient, aber übermotiviert. So lenkt der Fahrspurassistent häufig schon, wenn die durchgezogene Linie noch ein gutes Stück vom Reifen entfernt ist. Zudem erfordert das Abschalten nach jedem Anlassen mehrere Menüschritte. Erst auf der Autobahn kehren Ruhe und effiziente Korrekturen ein.
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Ambitioniert erscheint auch die Preisgestaltung. Der sehr reichhaltig ausgestattete Vinfast VF 6 Plus wird mit 38.990 Euro berechnet. Damit dürfte er vor allem fürs Leasing interessant werden. Den VF 6 Eco gibt es ganze 4000 Euro günstiger (Alle Preise Stand: April 2025). Dafür muss er auf das Glasdach, die 19-Zoll-Räder, die belüfteten Vordersitze und das Head-up-Display verzichten.
Technische Daten des neuen Vinfast VF 6 Plus
AUTO ZEITUNG 09/2025 | Vinfast VF 6 Plus |
Technische Daten | |
Motor | Ein permanenterregter Synchronmotor |
Antrieb | Konstantübersetzung; Frontantrieb |
Systemleistung | 150 kW/204 PS |
Max. Drehmoment | 310 Nm |
Kapazität/Spannung | 59,6 kWh (netto)/400 V |
Karosserie | |
Außenmaße (L/B/H) | 4241/1834/1565 mm |
Leergewicht/Zuladung | 1603/435 kg |
Kofferraumvolumen | 423 - 1576 l |
Fahrleistungen | |
Beschleunigung (0-100 km/h) | 8,9 s |
Höchstgeschwindigkeit | 175 km/h |
Verbrauch auf 100 km | 20,4 kWh |
Reichweite | 379 km |
Kaufinformationen | |
Grundpreis | 38.990 Euro |
Marktstart | 3/2025 |
Alle Daten Werksangaben |
Japan, Südkorea, China und jetzt auch Vietnam: Autohersteller aus Asien zeigen sich traditionell sehr lernfähig. Mit dem Ausbau eines echten Händlernetzes in Deutschland will Vinfast den Verkauf dopen, nachdem der Direktvertrieb gescheitert ist. Der VF 6 bringt zudem gute Anlagen mit, um sich in einem umstrittenen Segment zu behaupten, und glänzt mit einer großzügigen Garantie. Mit etwas Feinschliff könnte er bald zum Straßenbild gehören wie Kia und Konsorten.