Mercedes AMG Vision Gran Turismo: Exklusiv Alles auf Angriff
Keine Angst, der will nur spielen. Das schärfste Exponat der Los Angeles Auto-Show lüftet das Geheimnis um den neuen Mercedes GT und zeigt die Designzukunft von AMG
Der Über-Hammer der diesjährigen Los Angeles Auto Show steht auf dem Stand von Mercedes-Benz, heißt AMG Vision Gran Turismo, fährt aus eigener Kraft keinen Meter weit und ist dennoch ein Donnerschlag. Zum ersten Mal nämlich präsentieren die Daimler-Designer Details eines der wichtigsten Projekte des nächsten Jahres.
Die Rede ist vom intern als R190 oder lieber noch als „Porsche Killer“ apostrophierten neuen Sportwagen, der unter der Bezeichnung GT AMG dem kleinen, aber äußerst harten Kontrahenten aus Zuffenhausen zeigen soll, was Sache ist. Das silberfarbene Designerstück ist extrabreit, superflach und so scharf, dass die Konkurrenzexponate auf der kalifornischen Auto-Schau geschlossen wegtreten können. Natürlich übertreibt der AMG Vision Gran Turismo maßlos. Doch das gehört an der Westküste zum Geschäft und ist nur logisch, denn die im Daimler-Konzern immer wichtiger werdende Performance-Marke AMG hat in den USA traditionell besonders viele Kunden.
DER ÜBER-HAMMER DER LA AUTO SHOW 2013 TRÄGT STERN
„Das Design des Konzepts zeigt in extremer Weise das perfekte Zusammenspiel von emotionalen, sinnlichen Formen und intelligent eingesetzter Hightech“, beschreibt Daimler-Designchef Gorden Wagener die Studie. Bei der Formgebung des zwei Meter breiten und nur 1,11 Meter hohen Super-sportcoupés wollten die Designer motorische Potenz sichtbar machen, gigantischen Grip und ein Überholprestige der wuchtigsten Art. Deutlich zeigen dies die überlange Motorhaube, riesige, in voluminösen Radhäusern lauernde Räder des Formats 272/30 ZR 21 vorn und 335/25 ZR 22 hinten und ein von zusammengekniffenen LED-Augen und dem weit aufgerissenen Grill-Schlund geprägtes Gesicht.
Der Schlund führt die bereits beim Vorab-Modell der heutigen A-Klasse vorgestellte Idee des Diamantgrills weiter. Angedeutete Frontsplitter und eine extrem tief gezogene Maske – der vordere Spoiler endet zweieinhalb Finger breit über dem Asphalt – sollen deutlich machen, dass Mercedes auch bei den künftigen Sportlern Bestwerte in der Aerodynamik anstrebt. Zum Show-Teil der GT-Inszenierung gehören das ultrabreite Heck und der fensterlose Rücken. Während die Rücklichter beim künftigen GT jeweils gut 50 Zentimeter in der Länge messen und damit kürzer sind als das querformatfüllende Leuchtenband des kalifornischen Probiermodells, fallen sie dafür dreimal höher aus.
Denken wir uns die übergroßen Pneu-Höhlen weg und die surfbrettgroßen Schweller gleich mit, dann wird die schlanke Taille des wahren GT erkennbar, der im Mai nächsten Jahres vorgestellt und ab Dezember angeboten werden soll. Das so genannte Greenhouse, also die Fahrgastzelle, deren vordere Dachsäulen an ihren Sockeln von der Motorhaube überlappt werden, ist ein schöner Gruß vom GT, und auch der Schwung der Dachlinie kommt dem des Originals sehr nahe.
Ganz stimmt die Fenstergrafik indes nicht. Wo der AMG Vision oberhalb der hinteren Radhäuser keck die Schulter hebt, steigt die Scheibenunterkante beim GT gleichmäßig an. „Der GT zeigt enormen Stance (Haltung). Er vermittelt pure Kraft und Sinnlichkeit“, beschreibt Gorden Wagener den künftigen AMG-Sportler, der dem berühmten SLS Flügeltürer zwar zeitlich folgt, ihn jedoch nicht beerbt, dafür aber ein ganzes Stück alltagstauglicher ist. Unter der weit aufschwingenden Heckklappe des GT verbirgt sich ein fast 350 Liter großer Kofferraum, dessen Zuschnitt die Unterbringung zweier reichlich bestückter Golfbags erlaubt.
Der neue GT-AMG schimmert durch
Zum Start des in Transaxle-Bauweise mit einem Gewichtsverhältnis von 48 zu 52 Prozent konzipierten Mercedes GT AMG wird es einen neuen Vierliter-V8-Biturbo geben, der anfangs mit über 480 PS zu Werke geht. Das maximale Drehmoment liegt bei 600 Newtonmetern. Später soll eine um rund 100 PS stärkere Version folgen. Hier stehen bis zu 800 Newtonmeter im Plan. Und AMG wäre nicht AMG, wenn nicht eine noch giftigere Black Series-Edition im Orbit wäre. Auch ein neuer Sechszylinder ist im Werden.
Ein Reihenmotor übrigens, der gegen Porsches charakterstarken Boxer antreten soll. Apropos Porsche: Mit einem Leergewicht von rund 1460 Kilo liegt der immerhin von einem V8 befeuerte GT AMG mit dem 911 Carrera gleichauf. Eines wird es indes nicht geben: einen GT Roadster. Ein offener Sportler dieses Kalibers würde dem Mercedes SL entschieden zu nahe treten. Das wäre bei einem neuen SLS AMG kaum zu befürchten. Und warum wohl öffnen die Türen des spektakulären AMG Vision Gran Turismo nach oben? In Affalterbach haben sie noch viele gute Ideen für die Zukunft.
Stefan Miete