Maserati Quattroporte Diesel 2014 mit 275 PS: Fahrbericht In Topform
Mit dem Maserati Quattroporte Diesel möchte die italienische Sportwagenschmiede auch bei Vernunftsmenschen und Geschäftskunden punkten. Fahrbericht der großen Limousine für Diesel-Freunde
Bei Maserati möchte man wirklich nichts mehr dem Zufall überlassen: Anstatt auf das Wohlwollen extrovertierter Luxusklasse-Kunden zu setzen, nimmt die italienische Sportwagenmarke strammen Kurs auf das Business-Segment. Und auch dort hantiert man nicht mehr nur mit den ekstatischen V8 und explosiven Biturbo-V6-Benzinern, die man von Maserati eben erwarten könnte, sondern setzt ganz pragmatisch auf einen Diesel.
Maserati Quattroporte Diesel 2014: Einstiegsmotorisierung
Es dürfte vermutlich trotzdem eine Weile dauern, bis Maseratis Quattroporte auf den Einkaufslisten von Dienstwagen-Flottenmanagern erscheint oder sich als Option für den mittelständischen Erfolgs-Unternehmer durchgesetzt hat. Mit dem maßvollen Selbstzünder-V6 erledigt Maserati aber eines der wichtigsten Ausschlusskriterien in der Business-Klasse: Verbrauch und Kilometerkosten.
Die Hinwendung zum Geschäftskunden geht sogar so weit, dass der Dreiliter-V6-Diesel ohne jede zu erwartende Power-Extravaganz mitten in der gängigen Leistungsklasse zwischen 250 und 300 PS landet. Dass es bei BMWund Co. weitaus stärkere Top-Diesel gibt, versetzt die Italiener also nicht in Unruhe. Man möchte ganz klar die kühlen Rechner in den Quattroporte ziehen. Sobald dieses Vorhaben rund läuft, darf dann mittelfristig auch mit einer stärkeren Variante gerechnet werden. Deren Motor dürfte dann vom bis dahin vorgestellten Maserati-SUV Levante übernommen werden – und das gleich mitsamt dem entsprechend fahrdynamisch zugeschnittenen Allradantrieb.
Ganz ins Banale abdriften mögen die Italiener dann aber doch nicht. Der Diesel ist ein feuriges Eigengewächs des Hauses, bei Maserati konstruiert und dann vom Konzern-Dieselspezialisten VM Motori in direkter Nachbarschaft von Ferrari, Maserati und Co. realisiert.
Dass der 275 PS starke V6-Diesel obendrein eine Gefühls-Granate ist und nicht nur für Betriebskosten-sparende Erbsenzähler taugt, darf bei einer Vorbeifahrt erleuchtend erlebt werden: Wo sich die V6-Dieselklasse sonst einer gewichtig knurrenden Tonlage hingibt, die Diesel-Fans als „kraftvoll“ bezeichnen, Diesel-Hasser aber als „bleiern“ abtun, demonstriert der Maserati-Selbstzünder italienische Rasse und einen inspirierenden Mut zur Extrovertiertheit: Von tiefem Wummern über heiseres Attackieren bis hin zu metallischem Sägen hat der Quattroporte eine Soundpalette auf Lager, die den Verzicht auf einen singenden Benziner schon beinahe zur attraktiven Emotions-Option macht. Im Vergleich zum Ghibli ist dieses Konzert aber etwas gedämpfter, vor allem im Cockpit gibt sich der Quattroporte passenderweise etwas milder. Dieser Eindruck entsteht allerdings rein durch die anderen Einbaubedingungen des großen Maserati. Die Ingenieure schwören Stein und Bein, nichts an den Sound-Aktuatoren im Auspufftrakt geändert zu haben.
Auch Leistungs- und Motorcharakteristik gleichen denen des kleineren Ghibli-Diesel-Zwillings: Sanft-kultiviertes Antreten im Drehzahlkeller wird von einem echten Drehmoment-Pfund in der Drehzahlmitte abgelöst, das den Quattroporte souverän voranstürmen lässt. Sobald dem V6 aber hohe Drehzahlen abgepresst werden sollen, wirkt er nicht mehr ganz so willig.
Eine solch artfremde Fahrweise ist aber auch völlig unnötig: Einfach die weich und schnell arbeitende ZF-Achtstufen-Automatik einen Gang hochschalten lassen – schon pumpt der Quattroporte-Diesel auf einer lässigen Drehmoment-Welle durch die Lande. Damit lässt es sich wunderbar leben, bei unserer 250 Kilometer langen Testrunde haben wir einen stärkeren oder drehzahlwilligeren Benzin-Motor in den seltensten Fällen vermisst. Beim Blick auf die Verbrauchsanzeige ist das eh vergessen: Siebeneinhalb Liter in einer Zwei-Tonnen-Limousine, die mit Feuereifer über enge Straßen gescheucht wird, ist aller Ehren wert.
Wieder einmal völlig mitgerissen hat uns das sagenhaft handliche, ausbalanciert-neutrale und herrlich dynamische Fahrverhalten der großen Limousine, mit der es sich stabil und engagiert bis tief in den hoch angesiedelten Grenzbereich reiten lässt. Der Quattroporte ist und bleibt also unser Geheimtipp für Freunde italienischer Automobilbaukunst – und mit dem Diesel streichen wir nun auch das „Geheim“: Emotional, rational, das geht hier in einem Auto.
Der Maserati Quattroporte präsentiert sich mit dem neuen Diesel in Topform: ein sparsamer, energischer und klangstarker Antrieb für ein nicht perfektes, aber hinreißendes Auto.
Johannes Riegsinger