Land Rover Discovery Sport SD4 im Offroad-Test Maximal verdichtet
Offroad-Konzentrat: Um die wesentlichen Charakterzüge Islands und des neuen Land Rover Discovery Sport zu erkunden, empfiehlt sich eine Tour rund um die Halbinsel Snæfellsness. Test
An klaren Tagen ist der schneebedeckte Kegel des Snæfellsjökull schon von Reykjavík aus zu sehen. Der Berg diente bereits als literarische Kulisse in Jules Vernes „Reise zum Mittelpunkt der Erde“. Aber so weit wollen wir gar nicht.
Uns genügt eine ausgedehnte Spritztour entlang der Nord- und Südküste von Snæfellsness – jener Halbinsel, an deren Westspitze der 1446 Meter hohe Gletscher thront. Unser Auto für diese Expedition ist der komplett neue Land Rover Discovery Sport SD4 mit einem 190 PS starken Turbodiesel und – natürlich – Allrad.
Vier angetriebene Räder gehören schließlich zu einer Island-Tour dazu wie Vulkane und Geysire. Sehen können wir den mystischen Gletscher zunächst allerdings nicht. Es regnet. Ach was, es schüttet – und stürmt!
Umso wohler fühlen wir uns an Bord des neuen Discovery Sport, was sicher auch daran liegt, dass zwar alles neu, aber dennoch schon auf den ersten Blick vertraut wirkt.
Auch technisch fußt der Discovery Sport auf einer bekannten Basis: Er nutzt dasselbe Chassis wie der Evoque, besitzt aber eine neu konstruierte Mehrfachlenker-Hinterachse sowie einen um 80 Millimeter längeren Radstand.
Dabei misst der geräumige Brite lediglich 4589 Millimeter in der Länge und ist somit 40 mm kürzer als etwa ein Audi Q5. Vorn fällt das Platzangebot gut aus. Dank der klaren Innenarchitektur und des optionalen Panorama-Glasdachs (1200 Euro) wirkt das Cockpit ausgesprochen luftig.
Hinten verwöhnt der Sport die Passagiere mit einem beachtlichen Knieraum. Zudem sitzt man 50 mm höher als auf den vorderen Plätzen, was Beinauflage und Sichtverhältnisse im Fond verbessert.
TROTZ KOMPAKTER GRÖSSE PLATZ FÜR SIEBEN PASSAGIERE
Und der Clou: Gegen 1300 Euro Aufpreis lässt sich der kompakte Land Rover mit weiteren zwei Einzelsitzen ausrüsten. Diese verstecken sich im Ladeboden, sodass der riesige Kofferraum (541 bis 1698 Liter) vollständig erhalten bleibt.
Schiebt man allerdings die Rückbank ganz zurück, schrumpft das Mindestvolumen auf 479 Liter. Damit übertrifft der Discovery Sport seinen Vorgänger Freelander deutlich, während er ihn im Gewicht unterbietet: Durch hochfeste Bor-Stahl-Legierungen sowie diverse Alu-Teile sank das Gewicht der Karosserie um 22 Kilogramm.
Neben Motorhaube, Dach, vorderen Kotflügeln und der – jetzt optional elektrisch betriebenen – Heckklappe bestehen auch die hinteren Querlenker aus Alu und sind überdies hohl gegossen. Aber der Sport ist nicht nur leichter, sondern vor allen Dingen auch komfortabler und zugleich fahraktiver geworden.
Das stellt er auf der Fahrt über die Ringstraße sowie durch den Tunnel unter dem Hvalfjörður (Walfjord) unter Beweis. Neben den großen Meeressäugern gibt am Fjord übrigens auch riesige Alu-Werke zu sehen. Wie passend.
Im weiteren Streckenverlauf durch die Moor-Landschaft nördlich der Hafenstadt Borgarnes erfreut das kompakte SUV dank der elektromechanischen Servolenkung mit variabler Übersetzung trotz des orkanartigen Seitenwinds mit stabilem Geradeauslaufund präzisen Reaktionen.
Die wirksame Geräuschdämmung macht den Discovery zusätzlich zu einem vollwertigen Reisewagen. Auf der kleinen Passstraße zwischen den Höhenzügen von Seljafell und Hafrafell spielt der Antrieb seine harmonische Abstimmung aus: Der 2,2 Liter große Turbodiesel schiebt schon bei geringen Drehzahlen kraftvoll an. Maximal 420 Newtonmeter bei 1750 Touren stellt der Vierzylinder bereit.
Seine Spitzenleistung von 190 PS erlaubt flotte Fahrleistungen. Die neunstufige ZF-Automatik glänzt ihrerseits mit feinen Schaltvorgängen. Lediglich bei forscher Fahrweise dürfte die Getriebesteuerung noch spontaner und sensibler reagieren. Dafür soll nicht zuletzt die weite Spreizung des Getriebes den Spritverbrauch senken.
Laut Prospekt benötigt der Brite nur 6,1 Liter je 100 km. Am Ende unserer fast 450 km langen Rundtour zeigte der Bordcomputer dagegen durchschnittlich 9,4 Liter an. Allerdings fuhren wir auf speziellen Spike-Winterreifen und haben die Offroad-Talente des Landy ausführlich getestet.
Etwa auf der flotten Pistenetappe durch das Lavafeld Berserkjahraun, wo das schluckfreudige Fahrwerk für die notwendige Ruhe sorgt, damit sich das Auge an den moosüberwucherten Basaltformationen sattsehen kann. Oder während des unbedingt lohnenswerten Abstechers hinaus zum entlegenen Leuchtturm Öndverðarnes an der äußersten Westspitze der Halbinsel.
Auf dem schmalen, stark gewundenen Schotterband begeistert der Offroader mit agilem Handling und guter Traktion. Die elektronisch geregelte Haldex-Kupplung der fünften Generation erlaubt eine variable Kraftverteilung und ermöglicht dem Allradler sogar ein sanftes Mitlenken der Hinterachse.
Wenige Kilometer weiter zweigt die Piste F570 nach Norden in die Berge ab – Richtung Gletscher. Immer noch hüllt sich der charakteristisch geformte Gipfel in dichte Wolken. Und lange bevor wir den höchsten Punkt der Straße erreichen, stoppt uns tiefer Schnee auf der Fahrbahn, gegen den selbst das clevere Terrain Response-System machtlos ist. Das hatten wir uns anders vorgestellt!
Also umkehren, zurück an die Atlantikküste, wo wir am Ende einer ausgefahrenen Fahrspur auf einen weiten, einsamen Strandabschnitt stoßen. Hier darf der Allradler zeigen, was er kann. Und das ist eine ganze Menge: Seine großzügige Achsverschränkung (340 mm) und die ordentlichen Rampen- (21°) sowie Böschungswinkel (25°/31°) plus die Bodenfreiheit von mindestens 212 mm schaffen die nötigen Grundvoraussetzungen.
Eine Wattiefe von 60 cm (etwa oberer Felgenrand) und die Kriechgeschwindigkeit von lediglich 5,3 km/h im ersten Gang sowie eine Steigfähigkeit von bis zu 45 Grad unterstreichen den traditionell hohen Anspruch der Marke bei der Geländegängigkeit. Diesbezüglich ist der Sport-Disco ein klassischer Land Rover.
FUSSGÄNGER-AIRBAG UND VIELE MODERNE ASSISTENZSYSTEME
Auf der anderen Seite ist der Wagen vollgepackt mit modernen Assistenzsystemen und Sicherheitstechnik: Als erstes SUV verfügt er über einen Fußgänger-Airbag, der sich beim Crash schützend über die Frontscheibe legt.
Außerdem besitzt der Discovery Sport serienmäßig einen Notbremsassistenten, der Auffahrunfälle bis 35 km/h Differenzgeschwindigkeit autonom verhindern kann und bis 80 km/h Unterschied wenigstens die Folgen mildert.
Um das Einund Ausparken kümmert sich jetzt optional ein Assistenzsystem, genauso wie um die Überwachung des toten Winkels. Zudem erkennt und warnt die Sensorik bei Rückwärtsfahrt, wenn sich Verkehr aus Querrichtung nähert – etwa beim Ausfahren aus einer Parktasche.
Neu im Reigen der elektronischen Helferlein sind ferner die Verkehrszeichen-Erkennung sowie das Head-up-Display (1300 Euro). Und für mehr Bequemlichkeit sorgt die elektrisch öffnende und schließende Heckklappe (500 Euro).
Außerdem gestattet die InControl-Technik eine funktionale Vernetzung des Fahrzeugs mit dem Smartphone. So lassen sich nicht nur Daten des Autos (Standort, Tankinhalt, Servicebedarf etc.) mobil abrufen – das System fungiert auch als automatischer Notruf und erlaubt den Gebrauch sowie die Steuerung von freigegebenen Handy-Apps im Auto.
Der Land Rover Discovery Sport überzeugt mit Komfort, Platz und beachtlicher Geländegängigkeit. Der Antrieb punktet mit kraftvollem Motor und geschmeidiger Neunstufen-Automatik
Martin Urbanke