Mercedes R 320 CDI im Einzeltest Große Kreuzfahrt
Mit der R-Klasse eröffnet Mercedes ein neues Segment. Das Crossover-Fahrzeug soll alle Vorzüge eines Vans, eines Kombis und eines SUVs unter seinem langen Dach vereinen. Gelingt den Schwaben der Spagat?
Eckdaten | |
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PS-kW | 224 PS (165 kW) |
Antrieb | Allradantrieb, permanent, 7 Gang Automatik |
0-100 km/h | 10.2 Sekunden |
Höchstgeschwindigkeit | 222 km/h |
Preis | 52.200,00€ |
So ein Auftritt bleibt sonst nur Prominenten vorbehalten: Überall wo der große und schwere Koloss auftaucht, drehen sich die Passanten nach ihm um - und er sorgt für regen Gesprächsstoff. Zwar ist die neue R-Klasse auf Anhieb als ein Mercedes erkennbar, doch fällt den meisten die Einordnung des stattlichen Schwaben schwer. Allein die Abmessungen - Mercedes nennt ihn Grand Sports Tourer - können sich sehen lassen. Auf einer Länge von 4,92 Metern spannt sich eine 1,69 Meter hohe Karosserie, deren Form eine Kreuzung aus Van, Kombi und SUV (Sports Utility Vehicle) sein soll. Dabei handelt es sich bei dem getesteten Crossover lediglich um die Kurzausgabe. Die Langversion legt noch einmal gute 24 Zentimeter drauf. Egal ob kurz oder lang: Bis zu sechs Personen können mit der R-Klasse auf die Reise gehen. Die hohe Sitzposition gewährt allen Passagieren eine gute Rundumsicht und besonders dem Fahrer einen vorausschauenden Blick auf das Verkehrsgeschehen. Solange die R-Klasse rollt. Gilt es hingegen, den Riesen in eine Parklücke zu manövrieren, erweist er sich in allen Richtungen als äußerst unübersichtlich. Deshalb ist es unverständlich, warum Mercedes für die zwingend notwendige optische und akustische Einparkhilfe stolze 777 Euro extra verlangt. Darüber hinaus darf man trotz der üppigen Dimensionen kein äußerst verschwenderisches Platzangebot erwarten. Die Prämisse bei der für den amerikanischen Markt konzipierten R-Klasse war eher der gelassene "amercian way of drive" und nicht die maximale Raumausbeute. Details wie der wuchtig bauende Instrumenträger, die breiten Türverkleidungen und die ausladende Mittelkonsole mit nur kleinem Staufach verstärken diesen Eindruck. Trotzdem fühlen sich die Insassen auf allen sechs Sitzplätzen gut untergebracht. Die Bewegungsfreiheit für Beine, Arme und Schultern fällt großzügig aus. Wird hingegen das im Testwagen eingebaute Panorama-Glasdach für 2494 Euro geordert, entsteht bei großgewachsenen Personen schnell der Wunsch nach mehr Kopffreiheit. Lob wiederum verdient die R-Klasse beim Thema Komfort. Die gut ausgeformten und bequemen Multikontursitze vorn (568 Euro Aufpreis) bieten eine ausgezeichnete Körperunterstützung. Auch in der zweiten Reihe fühlt man sich wohl, da sich die breiten Einzelsessel sowohl in der Länge als auch in der Neigung individuell anpassen lassen. Anders verhält es sich auf den Sitzen fünf und sechs. Nicht nur, weil der schmale Durchstieg zwischen vorgeklapptem Sitz und Türausschnitt eine gewisse Gelenkigkeit voraussetzt, sondern auch weil das Platzangebot allenfalls für die Kurzstrecke, oder - auf längeren Reisen - für Kinder reicht. Bei Nutzung aller Sitze bleibt auch nur noch wenig Raum fürs Gepäck. So stehen bei voller Bestuhlung gerade mal bescheidene 244 Liter Volumen zur Verfügung. Zu viert sind es 550, maximal bis unters Dach 1950 Liter. Obendrein erfordert es Geduld und Geschick, will man das rollende Wohnzimmer in einen Transporter umbauen: Eine ebene Ladefläche entsteht nur, wenn vor dem Umklappen der Abstand der einzelnen Sitze akribisch aufeinander abgestimmt wurde. Licht und Schatten zeigen sich auch bei der Verarbeitung der in den USA gebauten R-Klasse. Während die verwendeten Materialien ansprechend wirken, steckt in den unsauberen Übergängen und Spaltmaßen des schief eingepassten Cockpits und an der Innenverkleidungen des Testwagens noch Verbesserungspotenzial. Für den Antrieb im R 320 CDI sorgt der bekannte V6-Turbodiesel mit 224 PS. Sein maximales Drehmoment von 510 Newtonmetern liegt bereits bei frühen 1600 Touren an. Hat der kultiviert laufende und gut gedämmte Selbstzünder seine leichte Anfahrschwäche überwunden, überzeugt er mit einer gleichmäßigen Kraftentfaltung. Allerdings schaffte unser Exemplar die Werksangabe von 8,7 Sekunden für den Sprint auf 100 km/h nicht, das Messgerät zeigte 10,2 Sekunden an. Der Grund liegt im hohen Gewicht. Denn samt seiner umfassenden Zusatzausstattung brachte der Testwagen stolze 2,4 Tonnen auf die Waage und wiegt somit 275 Kilogramm mehr als im Fahrzeugschein angegeben. Überhaupt hat der Motor mit dem schweren Wagen so seine Mühe. Die sanft und kaum wahrnehmbare Siebenstufen-Automatik greift mit ihrer guten Getriebeabstufung zwar unterstützend ein, kann aber das ungleiche Verhältnis zwischen Gewicht und Leistung nicht kaschieren und auch den hohen Spritverbrauch nicht eindämmen. So konsumierte unser R 320 CDI exakt 12,0 Liter Diesel auf 100 Kilometern. Die großen Erwartungen in die für den europäischen Markt straffere Fahrwerksabstimmung erfüllt der Mercedes nur bedingt. Seine optionale Airmatic-Luftfederung für 1276 Euro bietet drei Einstellungsmöglichkeiten: Komfort, Normal und Sport. Während im Komfort-Modus ein leicht taumeliges Fahrgefühl stört, erweist sich die Sport-Stellung als zu straff. Zwar wurde die Auslegung gegenüber der softer abgestimmten US-Version überarbeitet, besonders agil wird die R-Klasse dadurch aber nicht. Die geänderte Feder-Dämpfer-Abstimmung mindert jedoch spürbar die Seitenneigung der Karosserie. Die hohe Massenträgheit und eine ausgeprägte Untersteuertendenz vereiteln aber eine allzu dynamische Gangart. Auch die für Europa verbindlicher justierte Parameterlenkung könnte mehr Rückmeldung vermitteln und spricht um die Mittellage nur schwerfällig an. Auf dem Handlingparcours erweist sich die R-Klasse als fahrsicher. Selbst auf provozierte Lastwechsel reagiert der Mercedes gelassen. Lob verdient auch die Bremsanlage, die sowohl mit kalter als auch warmer Bremse den Stuttgarter nach gut 36 Metern zum Stillstand bringt. Außerdem sorgt der serienmäßige Allradantrieb vor allem bei Nässe für sehr gute Traktion. Spätestens hier kommt die technische Verwandtschaft zur ML-Klasse zum Tragen - mit dem Unterschied, dass es ein Sperrdifferenzial oder eine Geländereduktion nicht gibt. Doch wozu auch? Die R-Klasse will sich schließlich nicht als SUV oder Geländewagen verstanden wissen, sondern als eine Mischung aus allem.
Fazit
Ein Van, ein SUV oder ein Kombi? Die neu geschaffene Gattung R-Klasse soll alles in einem sein und lässt sich nur sehr schwer in ein Fahrzeugsegment einordnen. Bewusst ging man bei Mercedes mit der R-Klasse einen eigenen Weg. Hier stehen das gemütliche Cruisen und der Fahrkomfort im Vordergrund. Die Kurzversion bietet Platz, wenn auch nicht in üppigem Maße, und der leise V6-Diesel hat mit dem 2,5 Tonnen schweren Mercedes so seine Mühe. Zudem beweist die europäische Version trotz umfangreicher Änderungen, dass die R-Klasse hauptsächlich für den amerikanischen Markt konzipiert ist. Ob das Konzept auch in Europa ankommt, muss der neue Stuttgarter erst einmal zeigen.
Technische Daten | |
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Motor | |
Zylinder | V6 |
Hubraum | 2987 |
Leistung kW/PS 1/Min | 165/224 3800 U/min |
Max. Drehmom. (Nm) bei 1/Min | 510 1600 U/min |
Kraftübertragung | |
Getriebe | 7 Gang Automatik |
Antrieb | Allradantrieb, permanent |
Fahrwerk | |
Bremsen | v: innenbel. Scheiben h: Scheiben |
Bereifung | v: 225/40 ZR 17 h: 225/40 ZR 17 |
Messwerte | |
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Gewichte (kg) | |
Leergewicht (Werk) | 2145 |
Beschleunigung/Zwischenspurt | |
0-100 km/h (s) | 10.2 |
Höchstgeschwindigkeit (km/h) | 222 |
Verbrauch | |
Testverbrauch | 12l/100km (Diesel) |
EU-Verbrauch | 9.3l/100km (Diesel) |
Reichweite | k.A. |
Abgas-Emissionen | |
Kohlendioxid CO2 (g/km) | k.A. |