Ford Shelby GT500 (2013): Faszinierender Mustang Viel Rauch um viel Power
Faszination Auto: Der neue Ford Shelby GT500 des Modelljahrs 2013 wird vom stärksten Serien-V8 der Welt befeuert. Unter der Aluminium-Motorhaube des Mustang mobilisiert ein Kompressor 650 PS
Es ist irgendwie paradox: Der Ford Mustang gilt seit fast 50 Jahren als Ikone des amerikanischen Sportwagenbaus, doch die stärksten und schnellsten Varianten des Sportlers tragen gar nicht das galoppierende Pferd, sondern eine Schlange: die aufgerichtete Cobra, das Markenzeichen von Carroll Shelby. Der legendäre Rennfahrer - Sieger in Le Mans 1959 - und Autokonstrukteur (AC Cobra) hatte sich schon 1965 des Mustangs angenommen und ihn als Shelby GT350 mit bis zu 306 PS auf die Straße gebracht. 1968 zog die Produktion von Kalifornien nach Michigan, und Ford übernahm die Kontrolle über die Sportwagenschmiede. Das große Comeback kam 2005: Bei der New York Autoshow zeigten Carroll Shelby und Ford den GT500 mit bis zu 500 PS - hauptsächlich gedacht als Gegner für die stärksten Varianten des Mustang-Rivalen Corvette von General Motors. Und tatsächlich: Mit Markteinführung von Shelbys neuer Sportskanone 2007 begann eine Art PS-Wettrüsten der US-Konzerne. Mit dem Shelby GT500 des Modelljahres 2013 findet das Duell der Kraftprotze einen neuen Höhepunkt: Gegen die aktuelle Corvette ZR1 mit 647 Pferdestärken bietet der Super-Mustang mit 650 PS genau drei PS mehr – und dazu ein gewaltiges Drehmoment von bis zu 812 Newtonmetern. Hier ist die ZR1 mit bis zu 819 Nm knapp im Vorteil, wobei solche Diskussionen ja nur rein akademischer Natur sind. Leistung hat man im Shelby, und zwar satt Mit 4,78 Meter Länge ist der GT500 auch optisch ein ganz schöner Brummer.
265er und 285er Schluffen am Shelby GT500
Trotzdem fällt sein Gewicht mit gut 1700 Kilo überraschend gering aus. Alu-Motorblock und -Kopf, Alu-Haube - das Thema Leichtbau ist längst auch in den USA angekommen. Nicht nur wegen der silbernen Cobra auf Kühlergrill, Kotflügeln und Heck ist der Shelby sofort von anderen Mustang zu unterscheiden. Front, Haube und Heck sind zudem eigenständig geformt, die weißen Streifen in der Fahrzeugmitte und an den Seiten charakteristisch für den Super-Mustang. Die Mischbereifung in der Größe 265/40 ZR 19 (vorn) und 285/35 ZR 20 (hinten) unterstreicht die eindrucksvolle Note des Shelby. Dagegen wirkt ein Normal-Mustang mit V6-Motor wie ein Ford Capri in Basisausstattung mit 55 PS. Auch im Inneren des GT500 lauert die Cobra auf Lenkrad und Ledersitzen. Der Einstieg ins geräumige Auto erfolgt ohne Verrenkungen. Auf der Rücksitzbank finden zwar keine erwachsenen Mitfahrer, aber Jacken und Taschen Platz. Die schalenförmigen sowie bequemen Sportsitze sind anders als in vielen Boliden dieses Kalibers nicht auf die Hüften 20-jähriger Hungerkünstler, sondern auf die gesetzterer Piloten zugeschnitten. Trotz dieses angenehmen Realitätssinns ist der Seitenhalt auf den Sesseln gut. Die Verarbeitung wirkt auf den ersten Blick zufriedenstellend, auf den zweiten hinnehmbar, ebenso die ausgewählten Materialien. Mit Farb-Display, Lederausstattung und Soundsystem sind zudem alle wichtigen Features serienmäßig an Bord.
Gleichmäßige Beschleunigung im GT500!
Jegliche Nörgelei an irgendwelchen Kleinigkeiten ist ohnehin vergessen, sobald der V8 zum Leben erwacht. Er generiert schon im Leerlauf weniger ein Blubbern als vielmehr ein Wummern. Das Kupplungspedal der manuellen Sechsgang-Schaltung erfordert eine stramme linke Wade, die Arbeitswege des Schalthebels mit der weißen Billardkugel sind vielleicht eine Spur zu lang geraten. Aber egal, los geht’s! Mit der serienmäßigen Launch Control beschleunigt der GT500 gleichmäßig und ohne Bocksprünge. Kuppeln, schalten, Druckwelle! Allein die Traktion ist das Problem des Supersportlers mit Hinterradantrieb. Ohne Launch Control lassen sich wie selbstverständlich die schönsten schwarzen Linien auf den Asphalt zaubern. Die Aufforderung "Gib Gummi!“ kehrt hier zu ihrer Ursprungsbedeutung zurück. Auf der abgesperrten Rennstrecke genügt an diesem Morgen schon die leichte Feuchtigkeit der Nacht, um beim sensiblen Fahrer alle Alarmleuchten einzuschalten. Zu frühes Beschleunigen aus der Kurve wird bei ausgeschaltetem Stabilitätsprogramm Advance Trac mit sofortigem Heckschwenk bestraft. Die kräftige Brembo-Bremsanlage ist dagegen eine beruhigende und Vertrauen stiftende Maßnahme. Schade, dass Carroll Shelby diese Ausbaustufe des GT500 nicht mehr erfahren durfte. Im Mai 2012 starb der geniale Konstrukteur im Alter von 89 Jahren. Ihm zu Ehren hat Ford jetzt einen GT500 mit 850 PS aufgelegt. Das Auto ist aber unverkäuflich. Die 650-PSVariante gibt es bei Importeuren wie Geiger Cars in München schon ab 71.900 Euro – buchstäblich ein Wahnsinnspreis.
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Ford Shelby GT500 (2013): Technische Daten |
Antrieb V8-Zylinder, 4-Ventiler, Kompressor; Bohrung x Hub: 93,5 x 105,8 mm; Verdichtung: 9,0 : 1; Hubraum: 5812 cm³; Leistung: 478 kW/650 PS bei 6500/min; max. Drehmoment: 812 Nm bei 4000/min; 6-Gang-Getriebe, manuell; Hinterradantrieb |
Aufbau und Fahrwerk Stahlkarosserie, zwei Türen, Aluminiumhaube; vorne: McPherson-Federbeine, Querlenker, Stabi., elektr. einstellb. Bilstein-Dämpfer (option.); hinten: Starrachse, Längslenker, Panhardstab, Federn, Dämpfer, Stabi., einstellb. Bilstein-Dämpfer (option.); Advance Trac (ESP); Bremsen rundum: innenbel. Scheiben; ABS |
Eckdaten L/B/H: 4778 / 1877 / 1412 mm; Radstand: 2720 mm; Leergewicht: 1751 kg; Beschleunigung: 0 auf 100 km/h in 4,6 s; Höchstgeschw.: 325 km/h; Grundpreis: 71.900 Euro |
Klaus Uckrow