EU: Scharfe Regeln für Fahranfänger
Tempolimit 110, Nachtfahrverbot & maximal 1,8 Tonnen
Ein Vorschlag für verschärfte EU-Führerscheinregeln hat heftige Debatten im EU-Parlament ausgelöst: So schlägt Grünen-Abgeordnete Karima Delli vor, dass Fahranfänger:innen nicht schneller als 110 km/h, nicht nachts und keine Autos über 1,8 t fahren dürfen.
Ein Tempolimit von 110 km/h, ein Nachtfahrverbot, eine Fahrzeug-Gewichtsobergrenze von 1,8 t und medizinische Tests, um die "körperliche und geistige Tauglichkeit" fürs Autofahren zu gewährleisten: Geht es nach der Grünen-EU-Abgeordneten Karima Delli, sehen sich Fahranfänger:innen bald mit einem starken Regelwerk konfrontiert. Bei deutschen EU-Abgeordneten stoßen die restriktiven Vorschläge für eine überarbeitete Führerschein-Richtlinie auf deutliche Kritik – auch auf der Seite der Grünen. "Wir als deutsche Grüne haben von Anfang an aus deutscher Sicht starke Bedenken angemeldet", sagte die Verkehrspolitikerin der Grünen, Anna Deparnay-Grunenberg. Es sei problematisch, Mängel bei Sicherheitsstandards und in der Klimapolitik über die Führerschein-Richtlinie beheben zu wollen. Ein Sprecher der Grünen machte zudem deutlich: "Die genannten Ideen spiegeln nicht die Position der deutschen Grünen wider, auch nicht der deutschen Grünen im Europäischen Parlament." Auch interessant: Unsere Produkttipps auf Amazon
Forderung – 90-PS-Grenze für Führerschein-Neulinge (Video):
Scharfe Regeln für Fahranfänger:innen – Vorschläge in der Kritik
"Die Vorschläge von Frau Delli sind ein einziges Verbotsprogramm. Sie wettert gegen individuelle Mobilität", sagte der CDU-Europaabgeordnete Jens Gieseke. An dem Vorschlag kritisiert er unter anderem, dass es für Fahranfänger:innen künftig Nachtfahrverbote geben könnte und sie keine Fahrzeuge von mehr als 1,8 t lenken dürften. Viele Transporter, die etwa bei Umzügen genutzt werden, wären damit tabu. "Als CDU und CSU tragen wir einen solchen Unsinn nicht mit", sagte Gieseke. Der EU-Abgeordnete Jan-Christoph Oetjen (FDP) betonte: "Wir als Freie Demokraten werden alles daransetzen, dass diese unsinnigen Vorschläge nicht in den Gesetzestext kommen." Auch der verkehrspolitische Sprecher der SPD-Europaabgeordneten, Thomas Rudner, lässt kaum ein gutes Haar an den Vorschlägen seiner französischen Amtskollegin: Es sei widersprüchlich, die Gewichtsgrenze für Pkw-Führerscheine der Klasse B auf 1,8 t zu senken, wenn aber gleichzeitig 17-Jährige einen 40-Tonner steuern dürften, weil Lkw-Fahrende fehlten. "Das ergibt überhaupt keinen Sinn und kann unter Umständen lebensgefährlich sein!"
EU will im Frühjahr 2024 über neue Führerschein-Regeln abstimmen
Angaben aus dem EU-Parlament zufolge soll im Dezember 2023 im Verkehrsausschuss über die Vorstöße abgestimmt werden. Ob die französische Abgeordnete Delli eine Mehrheit dafür findet, Fahranfänger:innen derart restriktiv einzuschränken, ist fraglich. Die Überarbeitung der Führerscheinvorgaben geht auf einen Vorschlag der EU-Kommission vom März 2023 zurück. Derzeit lotet das an der Gesetzgebung ebenfalls beteiligte Europaparlament seine Position zu dem Thema aus, aber auch die Regierungen der EU-Staaten müssen neuen Regeln am Ende zustimmen. Nach SPD-Angaben ist vorgesehen, dass im März 2024 final im Parlament über neue Regeln abgestimmt werden könnte.
Mit dpa