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Geht auch ganz einfach:

Die Technik des Ferrari California-Motor

Kraft-Paket

Der Motor, der unter der Haube des Ferrari California arbeitet, stellt für den italienischen Sportwagenhersteller einen Evolutionssprung dar

Der Ferrari California bricht in vielerlei Hinsicht mit der Tradition. An ein Fahrzeug mit klappbarem Hardtop und Doppelkupplungsgetriebe müssen sich die eingefleischten Ferraristi erst einmal gewöhnen. Ebenfalls Premiere feiert bei der Firma mit dem Cavallino Rampante im Wappen – zu Deutsch: springendes Pferd – ein V8-Mittelfrontmotor, der zudem mit Benzin-Direkteinspritzung ausgerüstet ist.

Nur so lässt sich das ehrgeizige Ziel der Italiener realisieren, den Flottenverbrauch bis 2012 um 40 Prozent zu senken. Das Triebwerk zielt – der Philosophie des California entsprechend – nicht allein auf absolute Höchstleistung ab, vielmehr legten die Ingenieure Wert auf einen fülligen Drehmomentverlauf und niedrige Emissionswerte.

Der Motor erfüllt die strenge Euro-5-Norm und soll sich mit 13,1 Litern je 100 km begnügen, was einem Ausstoß von 299 g CO2/km entspricht. Kein schlechter Wert, immerhin leistet der dem Hochdrehzahlkonzept verschriebene Saugmotor 460 PS bei 7750 Kurbelwellenumdrehungen pro Minute. Neben dem maximalen Drehmoment von 485 Newtonmetern heben die Ingenieure besonders das spezifische Drehmoment von 113 Nm pro Liter hervor, das derzeit die Spitzenposition im Konkurrenzumfeld einnimmt.

Aber auch die übrigen Daten können sich sehen lassen. Das 565 Millimeter lange Kraftwerk mit einem Zylinderabstand von 104 Millimetern bringt schlanke 212 Kilo auf die Waage. Das Kurbelgehäuse in Bedplate-Bauweise (auf Höhe der Kurbelwellenachse geteilt) besteht ebenso wie der Luftsammler und die beiden Zylinderköpfe aus Aluminium. Letztere sind – wie bei den Sportwagen aus Maranello üblich – mit rotem Schrumpflack überzogen.

Die mittlere Kolbengeschwindigkeit bei der maximalen Drehzahl von 8000 Umdrehungen pro Minute ist mit 20 Metern pro Sekunde recht konservativ ausgelegt (zum Vergleich der Ferrari F430 Scuderia: fast 23 m/s). Daher wählten die Konstrukteure für das Aluminium-Kurbelgehäuse eine „closeddeck“-Bauart.

Hier ist der die Zylinder umgebende Wassermantel – anders als bei der „open-deck“-Variante – nach oben hin geschlossen. Somit sind beim Blick von oben auf den Motorblock lediglich die Zylinder- sowie die Motoröl-und Kühlwasserbohrungen zu sehen. Die dagegen aus geschmiedetem Stahl gefertigte, fünffachgelagerte Kurbelwelle weist eine Ferraritypische Besonderheit auf. Sie ist um 180 statt der für V8-Motoren üblichen 90 Grad gekröpft und daher besonders flach. Aufgrund der Zündfolge, die der zweier gleichzeitig laufender Vierzylinder-Triebwerke entspricht, entwickelt ein Ferrari-Motor mit Flatplane-Kurbelwelle gegenüber den brabbelnden V8-Maschinen eine weniger basslastige Stimmlage.

Die Kurbelwelle ist mit acht Gegengewichten ausgestattet, die den unerwünschten Massenkräften höherer Ordnung entgegenwirken sollen. Wegen ihrer bauartbedingt geringeren Trägheit dreht der Motor leichter hoch und reagiert damit spontaner auf Gasbefehle. Eigenschaften, die ganz oben im Lastenheft standen.

Daher wurde der Motor auch konsequent als Kurzhuber ausgelegt. Eine im Durchmesser 94 mm messende Bohrung sowie 77,4 mm Hub ergeben bei zwei im 90-Grad-Winkel angeordneten Bänken mit jeweils vier Zylindern einen Hubraum von 4297 cm3. Die Betätigung der 32 Ventile erfolgt über Tassenstößel mit hydraulischem Ventilspielausgleich. Im California kommt zudem eine stufenlose Nockenwellenverstellung zum Einsatz, deren Verstellbereich auf der Einlassseite 60 und auf der Auslassseite 50 Grad Kurbelwellenwinkel beträgt. Das Ergebnis: eine bessere Zylinderfüllung und ein somit höheres Drehmoment im unteren Drehzahlbereich sowie eine größere Spitzenleistung. Angetrieben werden die vier Nockenwellen natürlich via Kette.

Die größte Neuerung des intern 136 IB genannten Motors ist aber zweifellos die Benzin-Direkteinspritzung, die zum ersten Mal in einem Ferrari-Straßenfahrzeug arbeitet. Die beiden Hochdruckpumpen produzieren einen Spitzendruck von 200 bar. Über das Common-Rail-System gelangt das Benzin zu den Sechsloch-Einspritzdüsen, die den Kraftstoff feindosiert in den Brennraum spritzen – im Bereich der Höchstleistung sind auch zwei Einspritzvorgänge möglich. Da die direkte Injektion aufgrund der entstehenden Verdunstungskälte eine kühlende Wirkung auf die Temperatur im Brennraum hat, konnte das Verdichtungsverhältnis mit 12,2 : 1 recht hoch gewählt werden.

Dies ist auch ein Verdienst der Motorsteuerung Motronic MED 9 von Bosch, die der durch die hohe Verdichtung begünstigten Klopfneigung entgegenwirkt, indem sie Stellgrößen wie Einspritzmenge, -dauer und Zündzeitpunkt permanent überwacht und entsprechend anpasst. Zum Einsatz kommt ausschließlich der Homogenbetrieb, was bedeutet, dass überall im Brennraum das gleiche Benzin-Luft-Verhältnis herrscht.

Die Italiener haben beim California, der auf Gegner wie den Mercedes SL abzielt, großes Augenmerk auf den Komfort und nicht – wie beim F430 – ganz so viel Wert auf die Leistungsfähigkeit auf der Rennstrecke gelegt. So ist das Hard-Top-Cabrio mit einer Druckumlaufschmierung anstatt der im Sportwagenbau üblichen Trockensumpfschmierung ausgerüstet.

Mit Hilfe einer speziell geformten Ölwanne ist aber auch bei extremen Kurvenfahrten eine ausreichende Schmierung garantiert. Vorteile bietet diese Variante besonders unter dem Aspekt der Geräuschentwicklung.

Aber auch beim California sind die Fahrleistungen über alle Zweifel erhaben. Nicht zuletzt dank des – vom deutschen Getriebespezialisten Getrag stammenden – Doppelkupplungsgetriebes in Transaxle-Bauweise (Motor vorn, Getriebe hinten) beschleunigt der Gran Turismo in atemberaubenden 3,9 Sekunden auf Landstraßentempo, der Vorwärtsdrang endet erst bei 310 km/h.

Sieben eng gestufte Gänge, die ohne Zugkraftunterbrechung innerhalb von 50 Millisekunden gewechselt werden, sorgen dafür, dass der California sogar um eine Zehntelsekunde schneller ist als der 30 PS stärkere F430 mit F1-Schaltung. Angesichts dieser Performance dürfte es den Ferraristi wohl doch nicht so schwer fallen, den California als waschechten Ferrari zu akzeptieren. Alexander Lidl

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