Der neue Hyundai Genesis im Vergleich mit der Mercedes S-Klasse So gut wie Mercedes?
Mit der Hyundai Genesis Sportlimousine schicken die Koreaner jetzt einen Herausforderer ins Mutterland der Premiumhersteller. Erster Vergleich mit der Mercedes S-Klasse
Konzern-Designchef Peter Schreyer feilt gerade an der Positionierung seiner beiden Marken Hyundai und Kia. „Hyundai sind die Mercedes aus Korea“, verriet der Ingolstädter jetzt schon mal der AUTO ZEITUNG. Dazu lieferte ihm sein Designteam bei Hyundai termingerecht eine Steilvorlage: Die neue Sportlimousine Genesis – ab August im Handel – beweist endgültig, dass sich Autos aus Korea zumindest in puncto Optik nicht mehr vor der deutschen Konkurrenz verstecken müssen.
Hyundai Genesis 2014: keine Extras verfügbar
Besonders die Front mit dem geflügelten Genesis-Logo, das an Aston Martin erinnert, ist ein echter Hingucker. Ob der Fünfsitzer auch bei der Verarbeitung, Komfort und Technik mithalten kann, klärt der erste Vergleich mit der Konkurrenz: Der 4,99 Meter lange Hyundai ist genau zwischen E- (4,88 m) und S-Klasse (5,12 m) positioniert. Auch beim Preis liegt er mit rund 65.000 Euro zwischen der Ober- und der Luxusklasse aus Stuttgart. Also wagen wir den Vergleich mit dem Mercedes S 400 Hybrid für 86.335 Euro. Dessen Antrieb mit V6 und Elektromotor ist 333 PS stark, der 3,8-Liter-V6-Sauger aus Korea leistet 315 PS.
Auf den ersten Blick ist der Hyundai zwar rund 20.000 Euro günstiger als der Mercedes, in Wirklichkeit sind es etliche Tausender mehr. Denn während bei der Bestellung der S-Klasse eine Aufpreisliste in Telefonbuchstärke durchgearbeitet werden muss, gibt es so etwas beim Genesis nicht. Alles ist serienmäßig, angefangen vom Allradantrieb über das weiche Nappaleder, das große Glasschiebedach bis hin zu Bixenonscheinwerfern und Metalliclack.
Auch bei der Elektronik kann der Koreaner durchaus mithalten: Navi mit großem Touchscreen, Head-up-Display, Soundanlage und jede Menge Helfer wie Abstandsradar oder Assistenten zum Einparken, Spurhalten und autonomen Notbremsen kosten keinen Cent extra. Hier hat die S-Klasse lediglich bei einigen Hightech-Details wie Nachtsichtassistent (2618 Euro) oder 360-Grad-Kamera (1023 Euro) einen kleinen Vorsprung.
Der ist bei der Verarbeitung nur bei wirklich ganz genauem Hinsehen und -fassen noch spürbar. Scharfe Grate, übelriechende Kunststoffe oder billig wirkendes Leder sucht man in einem Hyundai des Jahres 2014 vergeblich. Die Sitze sind groß und bequem, vorn wie hinten (die äußeren Sitze) elektrisch einstell-, beheiz - und kühlbar.
Das Platzangebot fällt üppig aus: Da der Radstand mit 3,01 Metern nur zwei Zentimeter kürzer ist als der des Mercedes, ist auch die Beinfreiheit im Fond erstklassig. Dank der serienmäßigen Sitzanlage in der zweiten Reihe eignet sich der Hyundai sogar für den Chauffeursbetrieb. Einziges Manko: Die Kopffreiheit im Fond könnte noch etwas besser sein.
Bei den Fahrleistungen liegen Genesis und S-Klasse dicht zusammen. In beiden Autos spürt man als Fahrer kaum, dass man ein Fünf-Meter-Schiff steuert. Während der Deutsche beim Geräuschkomfort nur leicht im Vorteil ist, müssen die Koreaner beim Federungskomfort des adaptiven Fahrwerks noch nachbessern: Auf schlechten Straßen poltert die Hinterachse in allen drei Einstellungen der elektronischen Fahrwerksregelung.
Im Vergleich gleitet der Mercedes geradezu wie ein Luftkissenboot über Unebenheiten. Und die Lenkung der S-Klasse vermittelt viel mehr Präzision und Rückmeldung als die des Genesis.
Der V6 des Hyundai arbeitet sehr kultiviert, er brummt nur beim energischen Beschleunigen, aber ohne unangenehm zu werden. Die von den Koreanern entwickelte Achtstufen-Automatik zeigt sich unaufgeregt. Der Gesamteindruck der Antriebseinheit im Mercedes ist aber noch ein bisschen besser. Der 20 kW starke Elektromotor unterstützt beim Beschleunigen dezent den V6.
Rein elektrisch kann die S-Klasse zwar nicht fahren, trotzdem ist es möglich, beim Verbrauch unter der Marke von zehn Liter Super pro 100 Kilometer zu bleiben. Das schafft man im Genesis nicht: Im Stadtverkehr zeigte der Bordcomputer gute 13 Liter an. Hier muss der Hyundai noch genügsamer werden.
TECHNIK |
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HYUNDAI GENESIS 3.8 V6 GDI |
MERCEDES S 400 HYBRID |
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Motor | V6-Zylinder, 4-Ventiler, Direkteinspritzung | V6-Zylinder, 4-Ventiler, Direkteinspritzung; E-Motor (20 kW; 250 Nm) |
Hubraum | 3778 cm³ | 3498 cm³ |
Leistung | 232 kW / 315 PS bei 6000/min | 225 kW / 306 PS bei 6500/min |
Max. Drehmoment | 397 Nm bei 5000/min | 370 Nm bei 3500 - 5250/min |
Gesamtleistung | - | 245 kW / 333 PS bei 6500/min |
Getriebe | 8-Stufen-Automatik | 7-Stufen-Automatik |
Antrieb | Allrad, permanent | Hinterrad |
L/B/H | 4990/1890/1480 mm | 5116/1899/1496 mm |
Radstand | 3010 mm | 3035 mm |
Leergewicht | 2075 kg | 1850 kg |
Kofferraumvolumen | 493 l | 510 l |
MESSWERTE1 | ||
0-100 km/h | 6,8 s | 6,8 s |
Höchstgeschwindigkeit2 | 240 km/h | 250 km/h |
EU-Verbrauch | 11,6 l S/100 km | 6,8 l S/100 km |
CO2-Ausstoß | 270 g/km | 159 g/km |
Grundpreis | 65.000 Euro | 86.335 Euro |
1Werksangaben; 2 elektronisch abgeregelt |
Was in den kleineren Klassen schon deutlicher spürbar ist, zeigt sich nun auch bei den Luxus-Limousinen: Hyundai hat sehr stark aufgeholt und liegt bei der Verarbeitung auf Schlagdistanz zu den deutschen Premiumherstellern. Der Genesis muss sich vor der deutlich teureren Mercedes S-Klasse nicht verstecken. Beim durstigen Motor und dem polternden Fahrwerk sollten die Koreaner aber noch nachlegen. Dass es besser geht, haben sie schon in anderen Klassen bewiesen.
Klaus Uckrow