Daimler Corsica - Wunder gibt es immer wieder Daimler Corsica
Der offene Daimler war nur als Schaustück zur 100-Jahr-Feier der Jaguar-Tochter 1996 geplant. Heute kann er fahren
Eckdaten | |
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PS-kW | 328 PS (241 kW) |
Antrieb | Hinterrad, 4-Stufen Automatik |
0-100 km/h | 8 Sekunden |
Höchstgeschwindigkeit | 230 km/h |
Preis | k.A. |
Die Geschichte des Automobils kennt ja so manche verworrene, seltsame Story. Eine der ungewöhnlicheren dabei: Der indische Multi-Konzern Tata besitzt das Recht, Automobile unter dem Markennamen Daimler zu bauen und zu vertreiben. Und als die Daimler-Leute aus Stuttgart kürzlich beschlossen, ihren Betrieb von Daimler-Chrysler in Daimler AG umzubenennen, mussten sie bei Ford für die Verwendung des Namens bezahlen.
BEREITS 1896 GAB ES IN ENGLAND DAIMLER-AUTOS
Den Verlauf dieser seltsamen Geschichte muss man nicht im Detail verfolgen. Es liegt jedenfalls im Grunde daran, dass im Jahr 1891ein Gentleman namens F. R. Simms die Rechte zu Produktion und Vertrieb von Daimler-Motoren für das britische Empire erwarb. 1896 gründete er die Daimler Motor Company. Fortan wurden in England Autos unter dem Namen des schwäbischen Motorenherstellers gebaut. 1996 stand also der 100. Geburtstag der Company an. Auftritt Daimler Corsica.
Daimler war damals längst eine Jaguar-Tochter, und die Daimler-Autos waren mehr oder weniger abweichende Derivate der Jaguar-Limousinen. David Boole, zu jener Zeit Kommunikationschef bei Jaguar, hatte die Idee, zum Geburtstag einen ganz besonderen Daimler auf die Räder zu stellen. Jaguar-Chef Nick Scheele beschrieb es so: „Wir wollten etwas machen, dass wahrhaftig den Geist der Eleganz, der Exklusivität und des Luxus von Daimler heraufbeschwört."
Operation gelungen, der Daimler Corsica strahlt schon im Stand diese ruhige, gelassene Größe aus, die man mit den Namen Daimler und Jaguar verbindet. Er ist ein stattliches Auto, fast fünf Meter lang, gestreckt und schlank – ganz sicher die eleganteste XJ-Interpretation seit dem XJ Coupé der 70er Jahre.
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Als Basis für den Umbau diente eine ganz normale Jaguar XJ-Limousine der damals aktuellen Baureihe X 300. Zur Erinnerung: Jaguar gehörte seit Ende der 80er zu Ford, und den Ford-Oberen erschien der XJ 40 jener Epoche zu geradlinig und modern. Bereits 1994 kam der Nachfolger, der technisch wenig Neues bot, dafür aber wieder rundlichere, fließendere Formen zeigt. Davon profitiert der Corsica.
Nun steht er da. Zwischen kurzen Eifel-Regenschauern bekommt der Lack im Farbton Peppermint Green im Sonnenschein einen leicht goldenen Glanz. Der Schlüssel steckt, und die nächste Sonnenscheinphase scheint etwas länger auszufallen. Also los. Im Cockpit gibt es keine Änderungen zum X 300, unter der Haube ebenfalls nicht. Als Antrieb dient der Vierliter-Sechszylinder mit 241 PS, eine Viergangautomatik sorgt für den Kraftfluss zu den Hinterrädern.
Aber dass dieser Daimler überhaupt fahren kann, ist wieder eine jener Auto-Geschichten, wie sie vermutlich nur in England vorkommen. Denn der Corsica war 1996 von der Abteilung Special Operations als reines Show- und Standfahrzeug gebaut worden. Als solches lungerte er zehn Jahre ohne technische Innereien im Fundus des Jaguar Daimler Heritage Trust in Coventry herum. Bis dann jemand auf die Idee kam zu prüfen, ob man nicht doch vielleicht … Man konnte.
Ein neuer Motor war zwar schon 1996 für den Corsica beiseite gelegt worden, aber aus Kostengründen verzichtete man wohl auf den Einbau. Für Showzwecke erhielt das Daimler-Cabriolet die Verdeckhydraulik eines Audi Cabrios und eine fette Batterie, mit der man das Dach auf Ausstellungen öffnen und schließen konnte. Die arbeitet übrigens heute noch einwandfrei. Initiiert wurde die Corsica-Wiederbelebung vom britischen Jaguar Enthusiast’s Club, ausgeführt zwischen 2006 und 2007 von den Jaguar-Spezialisten David Marks Garages.
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Dabei beschränkten sich die Jaguar-Enthusiasten nicht auf das bloße Einbauen eines Motors und Getriebes. Ein komplett funktionstüchtiger, praktisch allltagstauglicher Daimler sollte entstehen – ein Unterfangen, dass sich als nicht ganz so einfach herausstellen sollte. Zwar gab es Motor, Getriebe und weitere wichtige Teile, doch einige Komponenten für Klimaanlage, Elektrik oder Radio waren nicht mehr aufzutreiben. Dafür mussten Teile aus einem ausgeschlachteten Jaguar X 300 vom Schrottplatz herhalten.
Das ist dem Corsica heute nicht anzumerken. Er funktioniert auf unserer Probe- und Fotorunde rund um den Nürburgring so problemlos, als sei er ein Serienauto. Der Reihensechszylinder ist extrem kultiviert, flüsterleise, die Sitzposition Jaguar-typisch tief und entspannt.
Enge kommt nur auf den hinteren beiden Plätzen auf. Der um 20 Zentimeter gekürzte Radstand raubt dem Fond den letzten Rest an Kniefreiheit. Mit seiner sehr komfortabel abgestimmten Federung schwebt der Daimler geradezu über holprige Eifelsträßchen. Und sorgt für Aufregung bei den Passanten. Nein, er ist kein neuer Jaguar-Prototyp, leider nur ein zwölf Jahre altes Showcar. „Schade“, sagt ein Lexus-Fahrer an der Tankstelle, „das wäre ein Hammer-Cabrio.“ Das finden wir allerdings auch. Heinrich Lingner
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Fazit
Technische Daten | |
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Motor | |
Zylinder | Reihensechszylinder, 4-Ventiler |
Hubraum | 3980 |
Leistung kW/PS 1/Min | 241/328 4800 U/min |
Max. Drehmom. (Nm) bei 1/Min | 375 4000 U/min |
Kraftübertragung | |
Getriebe | 4-Stufen Automatik |
Antrieb | Hinterrad |
Fahrwerk | |
Bremsen | v: innenbelüftete Scheiben h: innenbelüftete Scheiben |
Bereifung | v: 225/60 ZR 16 h: 225/60 ZR 16 |
Messwerte | |
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Gewichte (kg) | |
Leergewicht (Werk) | 1800 |
Beschleunigung/Zwischenspurt | |
0-100 km/h (s) | 8 |
Höchstgeschwindigkeit (km/h) | 230 |
Verbrauch | |
Testverbrauch | k.A. |
EU-Verbrauch | k.A. |
Reichweite | k.A. |
Abgas-Emissionen | |
Kohlendioxid CO2 (g/km) | k.A. |