Chevrolet Corvette C5 & Camaro Z28: Kult-Amis der 90er im Duell
Coole Brisen genießen mit Corvette und Camaro Z28
Rückblick auf den Vergleichstest der AUTO ZEITUNG Heft 17/1998: Mit der vierten Camaro- und der fünften Corvette-Generation will General Motors jetzt durchstarten. Ansichten, Aussichten, Einsichten mit Chevrolet Camaro Z28 und Corvette C5.
"Cool, man!" Mikes Begeisterung ist nicht zu überhören. Extra wegen der tollen deutschen Autos – und der teils tempolimitfreien Autobahnen – habe er sich nach Germany versetzen lassen, grinst der 27-jährige US-GI. Aber für die neue Chevrolet Corvette C5 würde er, sorry, sogar einen Porsche stehenlassen. "Die Vette hat so etwas Lebendiges an sich ..." Yes, Sir. Flache, breite Silhouette, muskulöser Body: Die auf Show getrimmte Optik des Vorläufers ist einer zurückhaltenden Form gewichen. Die fünfte Generation wirkt modern, leichtfüßig und europäisch.
Damit scheint sie erstmals das Rotlicht-Image abstreifen zu können, das seit mehr als 20 Jahren an ihr klebt wie ein ausgelutschter Kaugummi. Das Einzige, das noch an früher erinnert, ist das markant wuchtige Heck, dessen ausladende Radhäuser in der Vergangenheit immer wieder Vergleiche mit den rückwärtigen Rundungen irgendwelcher Hollywood-Blondinen heraufbeschworen. Doch jetzt bricht für die Vette eine neue Epoche an. Eine, in der nicht allein Optik, sondern auch sportliche Leistung zählt.
Auch interessant: Unsere Produkttipps auf Amazon
Leslie & Cars zeigt den Ford Capri (2024) im Video:
Die Corvette gibt sich im Vergleich spürbar europäischer als der Camaro Z28
Neben der zweisitzigen Corvette verkörpert der viersitzige Camaro das Familiencoupé der Marke Chevrolet. Die vierte Generation hat in den letzten acht Jahren optisch gehörig zugelegt: Die einst eher schlanke, kantige Form wich einem opulenten Blechkorpus. Mehr Reise- denn Sportcoupé, bietet der beinahe fünf Meter lange und zwei Tonnen schwere Camaro sogar als "Muscle-Car" Z28 ein erstaunlich hohes Maß an Fahrkomfort. Dank langer Federwege und eines Radstands von 2,57 m erklettert der hochbeinige Z28 beinahe schon das Komfortniveau einer Luxuslimousine.
Produkte für den Klassiker:
Unangenehm wird es im Camaro nur bei zügiger Fahrweise: Wie ein Schaukelpferd schwingt die Karosse nach Bodenwellen auf und nieder und versetzt in Kurven gleich mehrmals. Klare Sache: Wer die Grenzen dieses 5,7-l-V8-Triebwerks ausloten und das Coupé bis auf 254 km/h beschleunigen möchte, sollte sich dafür besser eine schöne, lange Gerade irgendwo in der Wüstenei von Nevada aussuchen. Die Fahrwerksabstimmung der Corvette hingegen entspricht europäischen Maßstäben. Straff, aber nicht bretthart, komfortabel, aber nicht butterweich: Das Chevy-Ingenieursteam hat hier einen Mittelweg gefunden, der auch die deutsche Kundschaft begeistern kann.
Gigantischer Sound im 5,7-l-V8
Satt, spur- und rückspiegelformatfüllend liegt die 1,87 m breite Vette auf der Straße, wobei allein ihr bloßer Anblick für Aufsehen und freie Spur sorgt. Ebenso wie im Camaro Z28 schlägt auch in der Corvette ein 5,7-l-Herz. In der neuen Evolutionsstufe, LS1 genannt, besteht es zum größten Teil aus Leichtmetall und zeichnet sich durch eine vergleichsweise höhere Leistungsausbeute und größere Drehfreude aus. Mit zentral liegender Nockenwelle, Stoßstangen und Kipphebeln entspricht die Konstruktion indes dem klassischen Vorbild. Während der Achtzylinder in der Corvette 344 Mustangs (253 kW) entfesselt, beschränkt sich die Leistung im Camaro aus Sicherheits- und Marketinggründen allerdings auf 288 PS (212 kW).
Der Sound, den die US-Big-Bands entwickeln, ist hier wie dort gigantisch: Vom niederfrequenten Brabbeln bis zum Jubelschrei eines Baptistenchors hat der V8 zwischen Leerlauf und Vollgas sämtliche Tonlagen drauf. Wer gern schwarze Striche auf den Asphalt malt, um den Girlies in den Straßencafés zu imponieren, liegt mit der Corvette genau richtig. Bei 344 PS (253 kW) reicht ein beherzter Tritt aufs Gaspedal, um die Hinterräder rotieren zu lassen. Kein billiges Vergnügen, bedenkt man den Stückpreis der 275er-Walzen von 850 Mark. Wer Reifen und Geldbeutel schonen will, lässt die Antriebsschlupfregelung eingeschaltet und erfreut sich des schier maßlosen Vorwärtsstrebens.
Sechsgang-Getriebe im Camaro nur ein Gag
Nach fünf Sekunden hat die Tachonadel die 100-km/h-Marke passiert, doch der brüllende V8 schiebt unaufhörlich weiter bis 274 km/h. Es geht aber auch anders: Ruhig dahinrollend, offenbart sich die Vette als Sparwunder. Trotz des Riesenmotors reichen elf Liter Super pro 100 km. Doch auch der Z28 hat das Zeug zum Asphalt-Cowboy – er sprintet in weniger als sechs Sekunden auf Tempo 100. Die schwere Karosse, eine komfortbetonte Fahrwerksabstimmung und die unsensible Lenkung trüben den sportlichen Fahrspaß aber erheblich. Zudem erweist sich das Sechsgang-Getriebe nur als Gag, weil die enorme V8-Durchzugskraft von 437 Nm die Gänge drei, vier und fünf nahezu entbehrlich macht. Die serienmäßige Vierstufen-Automatik passt besser zum Soft-Charakter. Das Preis-Leistungs-Verhältnis der Chevys ist supergünstig: 99.000 Mark für die Corvette, bescheidene 58.504 Mark für den Z28 – echt cool, man!
Von Andreas Schleith
Auch interessant:
Technische Daten von Camaro Z28 und Corvette C5
Classic Cars 11/2024 | Chevrolet Camaro Z28 | Chevrolet Corvette C5 |
Zylinder/Ventile pro Zylin. | 8/2 | 8/2 |
Hubraum | 5666 cm³ | 5666 cm³ |
Leistung | 212 kW/288 PS 5200/min | 253 kW/344 PS 5400/min |
Max. Gesamtdrehmoment bei | 437 Nm 4000/min | 483 Nm 4200/min |
Getriebe/Antrieb | 6-Gang-Getriebe/Hinterrad | 4-Stufen-Automatik/Hinterrad |
L/B/H | 4907/1882/1303 mm | 4570/1870/1200 mm |
Leergewicht | 1595 kg | 1475 kg |
Bauzeit | 1998-2002 | 1997-2004 |
Stückzahl | k.A. | 248.715 |
Beschleunigung null auf 100 km/h | <6 s | 5,1 s |
Höchstgeschwindigkeit | 254 km/h | 274 km/h |
Verbrauch auf 100 km | 13,5 l S | 13,1 l S |
Grundpreis (Jahr) | 58.504 Mark (1998) | 99.000 Mark (1998) |