80 GTE gegen Kadett GT/E & Passat GLI: Vergleich
Die starken Alleskönner
- Die Familiensportler Audi 80 GTE, Opel Kadett GT/E und VW Passat GLI im Vergleich
- Der Audi 80 GTE nahm die spätere Markenausrichtung vorweg
- Renn-Atmosphäre im Opel Kadett GT/E
- GLI statt GTI im Passat
- Der Kadett geht mit Hinterradantrieb am besten
- Die Helden der 70er sind selten geworden
- Technische Daten von Audi 80 GTE, Opel Kadett GT/E und VW Passat GLI
- Fazit
Sie beherrschten das deutsche Straßenbild der 70er: Audi 80, Opel Kadett und VW Passat waren allgegenwärtig. Classic Cars vergleicht deren Sportversionen Audi 80 GTE, Opel Kadett GT/E und VW Passat GLI.
1973 wagte VW den großen Schritt: Mit dem Passat sollte eine neue Ära des Automobilbaus in Wolfsburg beginnen, auf den später der VW Passat GLI als potenteste Version folgte, wie er hier im Vergleich zusammen mit dem Audi 80 GTE und dem Opel Kadett GT/E zu sehen ist. Nach dem von NSU geerbten K70 folgte bei VW damals das erste eigene Auto mit wassergekühltem Frontmotor und Vorderradantrieb – wobei auch das an dieser Stelle gleich wieder relativiert werden muss. Denn die als Typ-4-Nachfolger angedachte Limousine war in enger Kooperation mit Konzernschwester Audi entstanden, und der Audi 80 war bereits im Jahr zuvor auf den Markt gekommen. Giugiaro hatte dem VW eine eigene Form gegeben, indem er dem jüngsten Sprössling eine Schrägheck-Karosserie auf den Leib geschneidert hatte. Audi beließ es beim eher konservativen Stufenheck.
Zur gleichen Zeit rollte aus Rüsselsheim (bzw. Bochum) die dritte Generation des Opel Kadett zu den Händlern – wie gewohnt in verschiedenen Karosserieformen vom kompakten City über den praktischen Caravan bis zum stylischen Aero. Der Kadett brauchte sich nicht mehr zu behaupten, er war eine feste Größe im Markt und auf Deutschlands Straßen. Audi 80 und VW Passat aber mussten sich ihren Kundenkreis erst noch erschließen. Die Ingolstädter:innen hatten mit dem F103 sowie dem Audi 100 (C1) schon angedeutet, wohin die Reise gehen sollte. In Wolfsburg bangte man derweil noch, ob die neue Marschrichtung aufging. Was passierte, ist bekannt: Alle drei Baureihen klingen bis heute nach. Der Passat wurde zum Dauerbrenner, der Kadett schaffte es als Astra bis in die Neuzeit, aus dem Audi 80 wurde 1994 der A4.
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Die Familiensportler Audi 80 GTE, Opel Kadett GT/E und VW Passat GLI im Vergleich
Spannend war das erste Facelift, mit dem die Hersteller üblicherweise auf Kundenwünsche (bzw. -sorgen) eingehen und ihr Auto modern halten wollten. Bei unseren drei Protagonisten fiel die Überarbeitung auf den ersten Blick eher bescheiden aus: Der 1977 modernisierte Kadett ist in erster Linie an den neben (statt unter) den Scheinwerfern platzierten Blinkern zu erkennen. Aus dem Audi Typ 80 wurde im Jahr 1976 der Typ 82, zu sehen an den größeren Rückleuchten und seinen Rechteck-Scheinwerfern. Die Optik orientierte sich an der des Audi 100 C2, der im selben Jahr vorgestellt wurde. VW veränderte im August 1977 in erster Linie die Front- und Heckpartie sowie das Armaturenbrett des Passat.
Der Audi 80 GTE nahm die spätere Markenausrichtung vorweg
Spannend wurde es auf der technischen Seite, denn natürlich gingen mit dem Facelift auch technische Veränderungen einher. Bei seinem Topmodell wagte Audi zumindest optisch sogar einen Schritt zurück: Der Audi 80 GTE der ersten Generation machte mit meist schwarzer Haube, Doppelscheinwerfern und Heckspoiler aus seinen Ambitionen keinen Hehl. Jetzt mussten eine dünne Frontlippe und das Kürzel am Heck reichen. Es blieb der bekannte 1,8-l-Vierzylinder mit 112 PS (82 kW). Der Motor kam schon in der ersten Generation so gut an, dass VW ihn für den Golf GTI adaptierte. Aus heutiger Sicht mag die Leistung niemanden vom Hocker hauen, angesichts der nicht einmal 1000 kg Leergewicht des Audi 80 GTE sieht die Sache aber gleich ganz anders aus.
Die AUTO ZEITUNG textete 1977 zum Audi 80 GTE: "Der eher elegant als aggressiv aussehende Audi 80 kann selbst dann noch mithalten, wenn die Tachonadel auf 180 und sogar 190 klettert." Gelobt wurde auch die Entwicklung des Fahrwerks – von der fast zu straffen Abstimmung des Vorgängers hin zu einer komfortbetonten Feder-Dämpfer-Abstimmung mit reichlich Sicherheitsreserven. Aus dem sportlichen Spitzenmodell war so der komfortabelste Audi 80 geworden. Dass er auf ein Sportlenkrad und entsprechend ausgeformte Sitze verzichtete, unterstrich die neue Auslegung. Dadurch wollte man konzernintern den Abstand zu Golf GTI und Scirocco vergrößern – obwohl der Audi natürlich deutlich mehr Platz und einen ganz anderen Charakter bot.
Der Audi 80 GTE erlaubt auch heute noch schnelles, komfortables Reisen, gern mit der gesamten Familie und dazugehörigem Gepäck. Je nach Wunsch war er als Zwei- oder Viertürer zu bekommen. In gewisser Weise repräsentierte er damit genau das, was man künftig von Audi noch häufiger sehen und bekommen sollte: bequeme Limousinen (später auch Kombis) mit viel Platz und einer ordentlichen Performance. Opels Kadett spielte in einer anderen Liga: Natürlich war die Baureihe ohnehin unterhalb des Audi-Segments angesiedelt, bot dort aber auch eine größere Bandbreite für jeden Einsatzzweck. In dieser Hinsicht war der bezahlbare Kadett ein echter Familienfreund. Er konnte aber auch zum hemmungslosen Sportler werden. Genau diese unverfälschte Performance begeistert im Topmodell Opel Kadett GT/E immer noch.
Renn-Atmosphäre im Opel Kadett GT/E
Auch wenn sich die leistungsversprechenden Kürzel von Audi und Opel stark ähneln, sind die Autos doch von komplett unterschiedlicher Natur. Dem ersten Opel Kadett GT/E hatte die Marke noch 1,9 l Hubraum und 105 PS (77 kW) spendiert, zum Facelift legte man ein paar Kohlen nach: 115 PS (85 kW) aus zwei Liter Hubraum standen nun auf dem Papier. Die gelb-weiße Farbgebung ist ebenso legendär wie das Gelb-Schwarz des Vorgängers. Selbst im Stand sieht man das Auto förmlich schon um die nächste Kurve driften. Denn im Gegensatz zum modernen Vorderradantrieb, der in den 70ern in immer mehr Autos zum Standard wurde, setzte man in Rüsselsheim nach wie vor auf eine angetriebene Hinterachse. Das änderte sich erst mit dem 1979 vorgestellten Nachfolger.
"Man glaubt unwillkürlich, schon ein bisschen Renn-Atmosphäre zu spüren", hieß es in der AUTO ZEITUNG 16/76. Auf gepflegtem Asphalt lässt sich der Opel Kadett GT/E untersteuernd, aber in durchaus schneller Gangart bewegen. Wird der Untergrund unruhig, neigt sein Heck zum Ausbrechen – was von Könner:innen mit einem beherzten Gasstoß gern genutzt wird. Ein Sperrdifferential gab es auf Wunsch. Dass die Action auf der Piste mit einer passenden Klangkulisse einhergeht, unterstreicht den sportlichen Charakter des Kadett zusätzlich. In diesem Zusammenhang wirkt das aus der Großserie bekannte Cockpit fast schon etwas bieder. Immerhin: Sportlenkrad, Zusatzinstrumente und Sportsitze lassen den Kadett nicht zum Langweiler werden.
Viele Opel Kadett GT/E-Fahrende gingen noch weiter, räumten das Cockpit leer, schnitten Löcher für die Lautsprecher in die Türverkleidungen, bauten die Rückbank aus … Der Kadett war eben (selbstverständlich nicht nur als GT/E) ein beliebtes Tuning-Objekt, das man sich für den Parkplatz vor der Disco individualisierte. Hinsichtlich des Platzangebots müssen (natürlich) Abstriche gemacht werden – allein schon aufgrund der Coupé-Form. Der Kofferraum ist relativ groß, die hinteren Plätze dürften hingegen dem Nachwuchs vorbehalten bleiben, der sie problemlos über die vorgeklappten Rückenlehnen entert. Für die vorne Sitzenden bleibt ausreichend Platz, selbst der durch den Hinterradantrieb erforderliche Mitteltunnel schränkt die Bewegungsfreiheit nicht wirklich ein.
GLI statt GTI im Passat
Der Dritte im Bunde unseres ungewöhnlichen Vergleichs ist der Passat. In diesem Fall handelt es sich um den 1979 vorgestellten VW Passat GLI, der aus dem Prototyp des Passat GTI von 1976 entstand. Der damalige VW-Vorstandschef Toni Schmücker fand es aus Marketing-Gründen schwierig, dem Golf einen weiteren, größeren GTI zur Seite zu stellen – auch wenn die Motorisierung tatsächlich die gleiche war. Die Studie blieb zunächst unter Verschluss. Erst als die Passat-B1-Baureihe ihrer Ablösung entgegensah, holte man das (mögliche) Topmodell wieder aus der Versenkung. Eine Kunststoff-Lippe an der Abrisskante kennzeichnete den GLI, zudem trug er Doppelscheinwerfer. Der 1,6-l-Einspritzmotor mit 110 PS (81 kW) versprach in Verbindung mit dem niedrigen Fahrzeuggewicht beachtliche Fahrleistungen.
In gewisser Weise bewegt sich der VW Passat GLI zwischen Opel Kadett C GT/E und Audi 80 GTE: Das Fließheck erinnert an die Coupé-Form, die Hinweise auf die Leistung fallen dezent, aber doch nicht so unauffällig wie beim Audi aus. Hinzu kommt das Platzangebot, das aufgrund der schrägen Heckscheibe gefühlt sogar noch etwas größer ist als in der Ingolstädter Limousine. Ein weiterer Vorteil im Hinblick auf die Familien- beziehungsweise Reisetauglichkeit ist die große Heckklappe, die den Passat noch wandelbarer macht. Braun bezogene Sitze, das sportliche "Spucknapf"-Lenkrad und die Zusatzinstrumente peppen den Innenraum des Autos auf, mit dem Stefan Lotter von der Passat-Kartei zu unserem Vergleich vorgefahren ist. Sie erzeugen eine ganz eigentümliche Mischung aus Komfort und Sportlichkeit, auf jeden Fall deutlicher als im Audi.
Die Ausstattung des VW Passat GLI basierte auf dem umfangreichen GL-Paket und wurde um eine Verbundglasscheibe, Bremskraftregler und 175/70er-Reifen ergänzt. Mit dem kurzen Dreh am Zündschlüssel verstärkt sich der Eindruck: Dieser Passat will es wirklich wissen! Tatsächlich ist er dank der besseren Aerodynamik in der Endgeschwindigkeit schneller als sein Organspender Golf GTI – der wegen des geringeren Gewichts aber schneller beschleunigt. Zeit, sich mit den technischen Details auseinanderzusetzen: Die Vorderachse stattete VW mit strafferen Dämpfern aus, rundum gab es etwas härtere Federn. "Diese Kur bekam dem Wagen außerordentlich gut", war seinerzeit der dazugehörige Tenor in der AUTO ZEITUNG, gefolgt vom Vorschlag, dieses Set-up zumindest optional auch für die schwächeren Passat-Varianten anzubieten. Auch die Bremse hatte VW überarbeitet: Statt einfacher gab es innenbelüftete Scheiben an der Vorderachse. Der Heckbürzel war seinerzeit nicht nur zur Show montiert, er sollte tatsächlich den Auftrieb am Heck des Wagens reduzieren und so einen stabileren Geradeauslauf erzeugen.
Der Kadett geht mit Hinterradantrieb am besten
Vergleicht man die Fahrleistungen unserer drei Familiensportler Audi 80 GTE, Opel Kadett GT/E und VW Passat GLI, festigt sich der erste Eindruck: Der Kadett ist mit 8,5 s für den Spurt von null auf 100 km/h der Schnellste, auch in der Höchstgeschwindigkeit setzt er mit 190 km/h die obere Marke. Audi und VW liegen fast gleichauf: Sie beschleunigen in 9,8 s auf 100 km/h, der Audi ist mit 187 km/h am Ende noch ein kleines bisschen schneller als der Passat. Die fünf Gänge lassen sich im Opel mit etwas Übung schnell und knackig einlegen. Audi und VW verführen gar nicht zum schnellen Durchreißen der (fünf bzw. vier) Schaltstufen, obwohl auch diese angenehm klar definiert sind. Alles fühlt sich etwas behäbiger an, man möchte die Vorderräder beim Anfahren ja nicht durchdrehen lassen.
Dass der Opel Kadett GT/E 26 cm kürzer als der Audi 80 GTE ist, verwundert nicht weiter. Der VW Passat GLI liegt mit 4,29 m Gesamtlänge zwischen den beiden – er nutzt seine Größe aufgrund der Heckklappe am besten und fühlt sich dadurch auch auf der Rückbank geräumiger an. Während VW Passat GLI und Audi 80 GTE sowohl mit zwei als auch mit vier Türen zu bekommen waren, blieb das GT/E-Kürzel im Hause Opel dem Kadett C Coupé vorbehalten. Und genau das macht ihn bis heute zum Kultfahrzeug, während seine Mitstreiter aus diesem Vergleich nahezu verschwunden sind.
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Die Helden der 70er sind selten geworden
Mit seinen Coupés – ob GT, Manta, Monza oder die Ableger der Limousinen-Baureihen – hatte sich Opel eben bis in die 70er-Jahre ein überaus sportliches Image erarbeitet. Der Audi 80 GTE hingegen setzte auf Komfort und nutzte die Leistung genau dafür: um schnell, sicher und komfortabel von A nach B zu kommen. Der VW Passat GLI wirkt zwischen diesen beiden Definitionen etwas verloren, ist weder dem einen noch dem anderen wirklich eindeutig zuzuordnen. Es scheint, als sei VW seinerzeit noch nicht bereit für den Mix aus Komfort und Leistung gewesen – das änderte sich spätestens mit dem Passat G60 von 1989.
Typisch für die Allerwelts-Autos der 70er-Jahre hat der Rost übel zugeschlagen. Viele Autos sind verschwunden. Gerade VW Passat GLI und Audi 80 GTE waren lange Zeit keine Fahrzeuge, um die man sich besonders liebevoll gekümmert hat. Das war beim Opel Kadett GT/E etwas anders, wobei da das Engagement oft übers Ziel hinausgeschossen ist: Schwächere Autos wurden zum GT/E umgebaut, darüber hinaus wurde eifrig modifiziert. Der GLI ist so gut wie gar nicht mehr zu finden, was sicherlich an der ohnehin geringen Stückzahl liegt, der Audi 80 GTE eher als frühes Modell gesucht. Unser Vergleich zeigt: Spaß machen sie alle drei.
Technische Daten von Audi 80 GTE, Opel Kadett GT/E und VW Passat GLI
Classic Cars 06/2023 | Audi 80 GTE | Opel Kadett GT/E | VW Passat GLI |
Zylinder/Ventile pro Zylin. | 4/2 | 4/2 | 4/2 |
Hubraum | 1781 cm³ | 1979 cm³ | 1588 cm³ |
Leistung bei | 82 kW/112 PS 5800/min | 85 kW/115 PS 5600/min | 81 kW/110 PS 6100/min |
Max. Gesamtdrehmoment bei | 153 Nm 3500/min | 162 Nm 3000/min | 140 Nm 5000/min |
Getriebe/Antrieb | 5-Gang-Getriebe/Vorderrad | 5-Gang-Getriebe/Hinterrad | 4-Gang-Getriebe/Vorderrad |
L/B/H | 4383/1682/1365 mm | 4124/1580/1340 mm | 4290/1615/1360 mm |
Leergewicht | 965 kg | 920 kg | 885 kg |
Bauzeit | 1976-1978 | 1977-1979 | 1973-1980 |
Stückzahl | 1.103.766 (Audi 80 B1 ges.) | 2234 | 552.200 (Limo 4-türig) |
Beschleunigung null auf 100 km/h | 9,8 s | 8,5 s | 9,8 s |
Höchstgeschwindigkeit | 187 km/h | 190 km/h | 184 km/h |
Verbrauch auf 100 km | 9,9 l S | 8,8 l S | 10,5 l S |
Grundpreis (Jahr) | 16.615 Mark (1978) | 16.700 Mark (1977) | 16.335 Mark (1979) |
Der VW wird zur großen Überraschung in diesem Vergleich: Der Passat GLI ist weitgehend unbekannt, vielleicht auch unverstanden. Dabei bietet er eine üppige Ausstattung gepaart mit einem legendären Motor. Seine Optik lässt ihn fast schon etwas schrullig, auf jeden Fall aber individuell wirken. Der Audi 80 GTE ist ein tolles Auto, im Vergleich zur ersten Generation aber fast schon zu bieder geworden. Der Kadett wiederum mischt sie alle auf. Trotz des betagten Konzepts gibt er sich als junger Wilder – angenehm unbeherrscht und mit einem unnachahmlichen Kultfaktor.