Chrysler New Yorker: Traumwagen im Fahrbericht Flossen light
Fast sechs Jahrzehnte lang baute Chrysler ununterbrochen den New Yorker. Der elegante Jahrgang 1962 markierte dabei das Ende der exzessiven Heckflossen. Ein Traumwagen
Kaum eine Modellbezeichnung ist Generationen übergreifend in der Welt der Automobile so bekannt wie Chryslers New Yorker. Von 1939 bis 1997 bot der US-Hersteller ununterbrochen Autos unter diesem Namen an, und innerhalb dieses Zeitraums durchlief der New Yorker mannigfaltige Phasen im Hinblick auf Konzeption, Gestaltung und Technik.
US-Car Chrysler New Yorker im Fahrbericht
Begonnen hatte es mit dem ersten New Yorker im Jahre 1939 als Nachfolgemodell des Imperial-Sondermodells „New York Special“ für die Oberklasse – daher der Name. Bei ihm fungierte als Antrieb ein Reihenachtzylinder, wie er noch im Folgejahr und parallel dazu auch im Chrysler Saratoga eingesetzt wurde.
Mit Wiederaufnahme der Produktion nach dem Zweiten Weltkrieg blieb der New Yorker neben dem Imperial Chryslers Spitzenmodell. 1948 präsentierte man schließlich einen umfassend neu konstruierten New Yorker, der nun über zehn Zentimeter mehr Radstand verfügte, nach wie vor jedoch vom 5,3-Liter-Reihenachtzylinder aus den 30er-Jahren angetrieben wurde.
Erst 1951 rückte man von der antiquierten Technik ab und brachte einen 90-Grad-V8 mit 5,4 Litern Hubraum und thermodynamisch modernen, weil hemispärisch gestalteten Brennräumen. So kam der offiziell Firepower-V8 genannte Motor zum Beinamen Hemi-V8. Dieser Firepower-V8 sollte sich für Chrysler in den Folgejahren als wahrer Glücksgriff erweisen, bot er doch enorme konstruktive Reserven zur Hubraumerhöhung und damit zur Leistungssteigerung.
Bereits in der von 1954 an gebauten New-Yorker-Generation vermochte man an Stelle der bisherigen 194 PS bereits satte 280 Pferdestärken zu realisieren, indem man den Hubraum auf nunmehr 5,8 Liter vergrößert hatte.
Bereits im letzten Modelljahr dieser Generation, 1956, ersetzte man den bisherigen Wählhebel für die Automatik durch links neben dem Lenkrad am Armaturenbrett angebrachte Drucktasten. An die Stelle der bisherigen Zweigang-Automatik Power-Flite rückte eine mit drei Fahrstufen, nun Torque-Flite genannt.
Gehorchte die Formensprache des New Yorker bis dahin einem sehr rundlichen Design mit ausgeprägten Wölbungen an Kotflügeln und Motorhaube, wies der Generationswechsel zum Modelljahr 1957 diesbezüglich völlig neue Wege. Verantwortlich dafür war Automobildesigner Virgil Max Exner. Er hatte zuvor für General Motors und Studebaker gearbeitet, ehe er für Chrysler dieses so genannte Forward Look Design entwickelte.
MODERNES FORWARD LOOK DESIGN VON VIRGIL MAX EXNER
Exners Design war in der Tat vorwärts gerichtet, denn äußerlich verband den neuen New Yorker nichts mehr mit seinem Vorgänger. Er wirkte flach, gestreckt, modern – ganz in die Zukunft gerichtet eben. Inspiration für seine Arbeit bezog Exner insbesondere aus der engen Freundschaft zu Luigi Segre, zusammen mit
Felice Mario Boano Inhaber der Carrozzeria Ghia in Turin. Hieraus resultierten unter anderem die Chrysler-Ghia-Formen und Modelle wie D’Elegance oder DeSoto Adventurer.
Den komplett neu entwickelten New Yorker zeichnete Exner gleich in fünf Karosserievarianten als Hardtop-Coupé und-Limousine, Limousine, Kombi und Cabriolet. Erneut einen Schritt nach vorn machte der bewährte Hemi-V8, der nun auf 6,4 Liter Hubraum und 325 PS Leistung gebracht worden war. Erst im Jahr darauf ging der Motor in Rente, nicht jedoch ohne zuvor nochmals eine Leistungssteigerung zu erfahren, diesmal auf 345 PS.
Auch formal hatte sich der New Yorker weiterentwickelt. Neue Chromzierleisten, Heckleuchten sowie ein neu gestalteter Kühlergrill waren die optischen Merkmale, und die Liste an Extras umfasste mittlerweile nicht nur drehbare Vordersitze oder einen Tempomaten, sondern sogar einen Schallplattenspieler.
Von so viel Luxus konnte man in Europa nur träumen
Nach weiteren kleinen Änderungen an Kühlergrill und Stoßstangen folgte 1960 schließlich ein umfangreiches Facelift. Die Scheinwerfer waren nun nicht mehr nebeneinander, sondern schräg übereinander angeordnet, und der Kühlergrill war schräg geschnitten.
Bereits im Jahr zuvor war der neue V8-Motor eingeführt worden, der aus 6,8 Litern Hubraum glatte 350 PS schöpfte. Während im Folgejahr lediglich die Heckleuchten Änderungen erfuhren, machte der New Yorker mit dem Modelljahr 1962 nochmals einen Schritt in Richtung Moderne.
Exner – erklärter Liebhaber ausgeprägter Heckflossen – gestaltete die Karosserie derart um, dass von den zuvor gewaltig aufragenden Flossen praktisch nichts mehr übrig blieb. Das Automobildesign der 60er-Jahre hatte sich nun endgültig durchgesetzt. Mit der letzten stilistischen Änderung innerhalb dieser New-Yorker-Generation verbanden sich auch Modellbereinigungen.
So gab es den nun mit 340 PS angegebenen New Yorker in diesem Jahr lediglich noch als Limousine und Hardtop-Limousine wie unser Fotomodell sowie als Kombi. Cabriolet und Hardtop-Coupé wurden hingegen der Chrysler-Baureihe 300 beziehungsweise dem Newport zugeschanzt. Für das Modelljahr 1963 kam dann ein völlig neuer New Yorker von kantigem Zuschnitt – gezeichnet von Elwood Engel, dem Nachfolger von Exner.
CHRYSLER NEW YORKER (Bj.: 1962): Technische Daten und Fakten |
V8-Zyl.; Hubraum: 6746 cm3; Leistung: 250 kW/340 PS bei 4600/min; max. Drehm.: 637 Nm bei 2800/min; Dreigang-Automatik; Hinterradantrieb |
Aufbau und Fahrwerk Selbsttragende Ganzstahlkarosserie mit vier Türen; Radaufhängung vorn: Dreieckquerlenker, Längsdrehstäbe; hinten: Starrachse, Blattfedern; v./h. Stoßdämpfer; Bremsen: rundum Trommeln; Reifen: v./h. 8,50-14 |
Eckdaten L/B/H: 5570/2020/1410 mm; Radstand: 3200 mm; Leergewicht: 1720 kg; Bauzeit: 1962; Stückzahl: 6646; Preis (1962): 4875 US-Dollar |
Fahrleistungen1 Beschleunigung: 0 auf 100 km/h in 11 s; Höchstgeschwindigkeit: 180 km/h; Verbrauch: 18-22 l/100 km |
MARKTLAGE
Zustand 2: 18.000 Euro
Zustand 3: 11.600 Euro
Zustand 4: 5300 Euro
Wertentwicklung: stagnierend
Definition der Zustandsnoten
Jürgen Gassebner