Eingefleischte Fans sprachen verächtlich vom Kaktus-Käfer, doch inzwischen werden gute 1200er und 1600i rar. Zeit, sich einen VW Mexiko-Käfer zu sichern. Worauf beim Kauf zu achten ist, klären wir im Ratgeber!
Im VW-Werk Emden liefen am 18. Januar 1978 die letzten VW Käfer vom Band. 1980 beendete Karmann die Produktion des 1303 Cabrios in Osnabrück. Für viele VW-Fans endet damit die Geschichte des Käfers, doch der Ur-Vater aller Volkswagen sollte noch bis 2003 vom Band krabbeln: In Puebla in Mexiko und auch anderswo in der Welt war noch lange nicht Schluss für ihn. Ja sogar mit geregeltem Kat und Einspritzanlage rüsteten die Mexikaner:innen ihren im Volksmund "Vocho" genannten Volkswagen aus, sodass der VW Mexiko-Käfer von 1992 bis zu seinem endgültigen Aus im Jahre 2003 immer noch alle gültigen Abgasvorschriften erfüllen konnte. Doch seine Zeit war 2003 abgelaufen. Andere billige Autos mit vier Türen nahmen seinen Platz als Taxi und Transportmittel ein. Mit der wunderschönen "Última Edición" verabschiedete sich der kleine Krabbler nach 65 Produktionsjahren.
Rund 100.000 Mexiko-Käfer gelangten zwischen 1978 und 2003 nach Deutschland, die weitaus meisten als Version mit 1192 Kubikzentimetern und 34 PS (25 kW) über die offiziellen VW-Vertragshändler. Dort war der Wagen noch bis 1985 regulär im Programm. Mit dem zinngraumetallicfarbenen Jubiläumskäfer (50 Jahre Käfer – 1935 bis 1985) verabschiedete man ihn. Diese Modelle sind heute sehr gesucht. Einige Sammler:innen haben sich damals einen dieser letzten Käfer weggestellt und verlangen heute 30.000 Euro und mehr für ihre alten Neuwagen mit nur wenigen Kilometern auf dem Tacho. Auch interessant: Unsere Produkttipps auf Amazon
Der VW ID.7 (2023) im Fahrbericht (Video):
Der VW Mexiko-Käfer in der Kaufberatung
Freie Importeure wie zum Beispiel Omnicar aus München kümmerten sich danach um die Einfuhr. Bis heute bietet diese Firma Service bis in die Feinheiten der etwas anfälligen Motorsteuerung der Einspritzer ab 1992 an. Mitte der 90er-Jahre kamen dann in zwei Aktionen nochmals einige hundert Autos nach Deutschland: Zunächst bot Rewe 1995 den 1600i in den "Wirtschaftswunderwochen" für 16.666 Euro an, ein knappes Jahr später ging die inzwischen insolvente Baumarktkette "Praktiker" mit einem 1600i mit großem Faltdach unter die Autohändler. 17.999 Euro musste man anlegen und bekam dafür eine Cabrio-Limousine, bei der das Faltdach das hintere Fenster mit einschloss. Heute sind diese Praktiker-Käfer wahrscheinlich die problematischsten, denn für die Dächer gibt es keine Ersatzteile mehr.
Doch ehe wir zu den Feinheiten der modernen 1600i kommen, die ohnehin nur einen geringen Prozentsatz aller in Deutschland fahrenden Mexiko-Käfer ausmachen, schauen wir anhand eines Auberginen-Käfers (ab Bild Nummer zwei) auf die 1200er. Die "Aubergine" von 1983 (3300 Stück) ist eines der vielen Sondermodelle, die es gab. Weitere Sonderserien: Silver Bug (1981 und ’82, insgesamt 3800 Stück), Jeans Bug (1982, ca. 1000), Special Bug (1982, ca. 1000), Eisblauer (1983, 2000), Sunny Bug (1984, 1800), Eisblauer 2 (1984, 1800), Samtroter auf dem Aufmacherfoto (1984, 2600) und Jubiläumskäfer (1985, 2400).
Mexiko-Käfer stark rostgefährdet
Alle diese Sondermodelle sind technisch gleich, haben aber spezielle Innenausstattungen. Diese sind heute meist verschlissen. Ersatz gibt es keinen. "Deshalb sollte man beim Kauf immer auf eine intakte Innenausstattung achten", meint auch Danny Martin von der Firma "Vintage Company" in Fröndenberg (www.vintage-company.de). Aus seinem Kundenkreis stammt die "Aubergine", die ebenfalls schon ein kleines Loch im Fahrersitz hat. Ansonsten steht der Käfer sehr gut da. "Eigentlich erstaunlich", meint Martin, denn er weiß nur zu gut, wie verrostet gerade Mexiko-Käfer sein können.
Im Grunde weist ein Mexiko-Käfer dieselben Schwachstellen wie ein deutscher Käfer auf. Nicht immer hat Volkswagen Dinge verbessert. Die Schaumstoffdichtung zwischen Karosserie und Bodenplatte zum Beispiel, die ab etwa 1974 eingesetzt wurde, verschlimmerte die Rostprobleme an der Schraubkante nur noch weiter. "Die Gummiprofildichtung, die VW davor eingesetzt hatte, konnte sich wenigstens nicht mit Wasser vollsaugen", so der Experte der Vintage Company. Rost an der Karosserie ist zwar ärgerlich und auch teuer, doch hier gilt: Alles ist machbar. Blechteile – auch aus Nachfertigungen – sind recht günstig zu haben. Zwar ist die Qualität manchmal nicht auf VW-Niveau, doch immerhin. Bei der Technik sieht es ähnlich aus: "Motor, Achsen, Bremsen – alles wie bei alten eutschen Käfern mit kurzem Vorderwagen und Pendelachse", weiß Martin.
Unbedingt auf der Hebebühne checken
Den Schritt hin zum "langen Vorderwagen", also dem Käfer mit neuer Vorderachskonstruktion wie im 1302/1303, sind die Mexikaner:innen nie gegangen. Das erleichtert die Ersatzteilsuche. Das antiquierte Fahrwerk und die Trommelbremsen haben mit den 34 PS (25 kW) kein Problem: Alles ist standfest und solide – nur Kurven sollte man trotz Stabilisator hinten (Ausgleichsfeder) nicht zu schnell angehen. Denn dann wird der Hecktriebler schnell mal zum Quertreiber.
Wer einen Mexiko-Käfer kaufen will, sollte mit einem Spachtelfinder oder Magneten sorgsam alle neuralgischen Punkte checken. Insbesondere Lampentöpfe, die Blechfalze längs der A-Säulen, Türen und Türanschlussbleche, Abschlussblech vorn wie hinten sowie die Bereiche direkt unter den halbmondförmigen Zwangsentlüftungen hinter den hinteren Seitenfenstern. Schweller unbedingt auch von innen checken, Teppich dazu vorsichtig lösen. Die Rückbank herausnehmen und die stufenförmigen Bleche auf Reparaturschweißungen und Rost untersuchen. Ganz wichtig: Auf einer Hebebühne den Rahmenkopf und die Stoßstangenaufnahmen vorn wie hinten unter die Lupe nehmen, denn diese klassischen Stellen kennt jede:r Prüfende bei einer HU. Schweißarbeiten am Rahmenkopf können zur Stilllegung führen. Ist hier schon "gebraten" worden – Finger weg! Gibt es noch einen Tipp vom Experten? "Unbedingt sofort die Hohlräume versiegeln", mahnt Danny Martin.
Insider-Tipps zum 1600i
Nicolas Rosenow von Omnicar in München, der seit vielen Jahren Mexiko-Käfer importiert, nickt dazu: "Das ist wirklich wichtig." Er ärgert sich ein wenig, dass die jüngeren Käfer, die 1600i, als anfälliger gelten. Wichtig bei diesen Motoren ist, dass sie wegen ihrer Hydrostößel immer mit maximalem Ölstand und 10W40-Öl gefahren werden. Außerdem können die meisten Werkstätten den Fehlerspeicher der Einspritz- und Zündanlage nicht auslesen. Er hält hierfür eine Anleitung bereit. Und er warnt: "Bei den 1600i ab 1992 kann ein Kabelstrang im Motorraum durchscheuern und so zum Brand führen."
Auch für dieses Problem hat Omnicar ein Merkblatt parat. Rosenow nennt auch weitere Roststellen, die so konzentriert nur neue Käfer aufweisen. Die unteren Ecken des Windschutzscheibenrahmens gehören dazu. "Da ist fast immer Rost", weiß er. Er führt dies auf die zum Produktionsende hin verwendeten Scheibendichtungen zurück. Auch das Versteifungsblech an der Tankauflage (hinter dem Ersatzrad) rostet bei späten Mexikanern überdurschnittlich oft und sehr schnell im Bereich der Punkschweißungen. Sein Tipp: "Wenn es noch nicht rostet, sofort mit Karosseriedichtmasse versiegeln."
Technische Daten des Mexiko-Käfers
Motorvarianten | ||
VW Sedan 1200 | VW Sedan 1600i | |
Motor | 4-Zyl. Boxer; luftgekühlt; hinten längs eingebaut; 2-Ventiler | 4-Zyl. Boxer; luftgekühlt; hinten längs eingebaut; 2-Ventiler |
Gemischbildung | ein Fallstromverg. Solex 30 PICT 3 | elektron. Einspritzanl. Digifant |
Hubraum | 1192 cm3 | 1584 cm3 |
Leistung bei | 25 kW/34 PS 3800/min | 34 (37) kW/46 (50) PS¹ 4000/min |
Max. Drehmoment bei | 75 Nm 1700/min | 98 Nm 2200/min |
Getriebe | 4-Gang, manuell | 4-Gang, manuell |
Antrieb | Hinterräder | Hinterräder |
Radaufhängung vorn | obere und untere Kurbellenker, querliegende Torsionsfederpakete | obere und untere Kurbellenker, querliegende Torsionsfederpakete |
Radaufhängung hinten | Pedelachse mit Ausgleichsfeder, querliegende Torsionsfederstäbe | Pedelachse mit Ausgleichsfeder, querliegende Torsionsfederstäbe |
Lenkung | Schneckenrollenlenkung | Schneckenrollenlenkung |
Bremsen v./h. | Trommeln/Trommeln | Scheiben/Trommeln |
Reifen | 155 SR 15 auf 4,5 x 15 | 155 SR 15 auf 4,5 x 15 |
L/B/H in mm | 4030/1550/1500 | 4060/1550/1500 |
Radstand in mm | 2400 | 2400 |
Leer-/ Gesamtgewicht² | 810/1180 kg | 820/1180 kg |
Bauzeit | 1978-1985 | 1992-2003 |
Stückzahl | insgesamt 21.529.464 | |
Beschleunigung² | 0 auf 100 km/h in 31,7 s | 0 auf 100 km/h in 19,5 s |
Höchstgeschwindigkeit² | 118 km/h | 127 km/h |
Verbrauch² | 8,0 l/100 km | 9,5 l S/100 km |
Greundpreis (Jahr) | 11.130 Mark (1985) | 16.666 Mark (1995) |
¹erhöhte Leistung ab 2000 | ||
²VW 1200: Angaben aus AZ 15/82, VW 1600i: Werksangaben |
Auch mein Mexiko-Käfer, ein Jeans Bug von 1982, war zur Jahrtausendwende leider ziemlich verrostet. Dennoch: Das Fahrgefühl im von den Fans oft als "Kaktus-Käfer" verhöhnten Mexikaner kann ursprünglicher kaum sein. Die 34-PS-Version (25 kW) lädt zum gemächlichem Wandern ein, die späten 1600i mit 50 PS (37 kW) und G-Kat sind mit dem richtigen Knowhow technisch ebenso haltbar und weitgehend unproblematisch. Die Preise sind allgemein niedrig, das Angebot ist noch ganz gut. Insofern lohnt die Suche. Kritisch sind allerdings wegen fehlender Ersatzteile die 1600i mit großem Faltdach.