Der Urvater moderner SUV? Von wegen! Der Range Rover Mk1 ist ein waschechter Geländewagen – aber eben immer auch ein Gentleman. Unser Kaufratgeber zeigt seine Stärken und Schwächen auf!
Egal ob Roger Moore am Steuer sitzt, als Lord Brett Sinclair in einer Folge der Kultserie "Die 2" von 1971, oder Jack Nicholson als Dr. Buddy Rydell in der Kino-Komödie "Die Wutprobe" 2003: Im Range Rover Mk1 machten die Hollywoodstars immer eine gute Figur. Der hochbeinige Geländewagen ist ein Auto-Typ, einer, den man gern sieht, der unverwechselbar ist. Ein echter Brite: knorrig, mit teilweise ungewöhnlicher (oder einfach nur im Rest von Europa ungewohnter?) Technik, mit kleinen Fehlern und schierer Größe beim Motor und beim Innenraum.
Oft wird der 1970 vorgestellte Range Rover Mk1 als "Urvater der SUV" bezeichnet. Vom Anspruch her mag das stimmen, denn ein Range Rover schlägt sich souverän im Gelände und wirkt auf den Boulevards der Côte d’Azur alles andere als deplatziert. Aber unter der Karosserie steckt lupenreine Offroad-Technik: Starrachsen vorn und hinten an einem Leiterrahmen, auf den die Karosserie aufgeschraubt ist. Heutige SUV haben eine selbsttragende Karosserie, Einzelradaufhängung und manchmal gar nur Frontantrieb und sind deshalb mehr Schein als Sein, wenn es um die Geländetauglichkeit geht.
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Ratgeber: Das sollte man zum Range Rover Mk1-Kauf wissen
Die Geschichte des Range Rover Mk1 beginnt streng genommen schon in den 50er-Jahren. Schon damals gab es Versuche, mit Komponenten des Rover P4 einen komfortableren Geländewagen zu schaffen. Das Projekt wurde "Road Rover" getauft. Es entstanden sogar Prototypen, die im Grunde genommen hochbeinige Kombis mit Hinterradantrieb waren. Rover entschied sich 1959 endgültig gegen eine Fertigung, doch Mitte der 60er-Jahre kam neuer Schwung in die angestaubten Pläne. Der US-Markt sollte erschlossen werden. Dort boomten Allradler, doch die US-Kundschaft war nicht zufrieden: Was die heimischen Produzenten boten, war ihnen nicht geländetauglich genug, der Land Rover hingegen war zu unkomfortabel.
Charles Spencer King, Chefingenieur bei Rover, sowie die Rover-Granden Gordon Bashford und David Bache heckten einen Plan aus: Man nehme jenen den Amis aus diversen Buick bestens bekannten, ziemlich leichten 3,5-l-Alu-V8, der schon im Rover P6 gute Dienste leistete, packe Schraubenfedern statt Blattfedern unters Auto und kopple das Ganze mit Starrachsen und einem Leiterrahmen mit 100 Zoll Radstand. Bei Land Rover lächelte man nur, bei Rover aber kleidete man diese Idee mit einer glattflächigen Karosserie (Alubleche auf Stahlgerippe) ein und schuf so einen sehr zukunftsweisend gestylten Wagen nicht nur für die Upper Class Englands.
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Der Range kostete fast so viel wie eine S-Klasse
Als die Serienfertigung im Werk Solihull 1970 begann, konnte man sich über mangelnde Bestellungen nicht beklagen. 1972 kam der neue Range Rover dann auch als Linkslenker auf den europäischen Markt und nach Deutschland – wo er für stolze 23.550 Mark angeboten wurde, fast so viel, wie man für eine Mercedes S-Klasse hinblättern musste (280 S: 25.030 Mark). Nur das mit dem US-Markt klappte dann doch nicht so recht: Schleppende Verkäufe, immer höhere Umweltauflagen – 1974 zog man sich vorläufig zurück. Dennoch: Der Range Rover Mark 1 avancierte zum Dauerbrenner, der bis 1995 im Programm blieb und nur wenige Änderungen erfuhr. Den von Anfang an geplanten Viertürer legte BLMC erst 1982 auf.
Davor gab es den Range Rover mit vier Türen nur als Umbau vom Schweizer Luxus-Hersteller Monteverdi (ab 1980). 1983 folgte ein Automatikgetriebe, 1985 der erste Einspritzmotor, 1986 eine Diesel-Version und wenig später ein erster Range Rover mit G-Kat. Um dem Leistungsverlust durch die Abgasreinigung entgegenzuwirken, kam ab 1988 ein 3,9-l-Motor mit der zweiten Generation des G-Kat, der adäquate Fahrleistungen ermöglicht. Das Testteam der AUTO ZEITUNG schriebe seinerzeit: "Der großvolumige Motor wirkt eine ganze Klasse agiler als das zugeschnürte Kat-Triebwerk der ersten Generation. [...] Das Geräuschniveau und die Laufruhe erinnern mehr an einen Saloon denn an einen Geländewagen, und auch an der Harmonie zwischen Motor und Getriebe gibt es nicht viel auszusetzen."
Ein Range Rover altert in Würde ohne allzu viele Gebrechen
Doch auch bei allem Lob von damals: Der Range hat auch Schwächen. Rost am Stahlgerippe ist keine Seltenheit. Deshalb sollte gerade die Karosserieinspektion gründlich ausfallen – auch und vor allem von unten. Erst ab 1985 wurde der Rostschutz werkseitig verbessert. Aber gerade die mit technischen Finessen vollgepackten jüngeren Modelle bergen Probleme mit der Elektrik: elektrische Sitzverstellungen, die den Dienst quittieren, Sensorausfälle und so weiter sind ärgerliche Fehler. Die optionale Luftfederung hat viele Komponenten, die oft defekt sind. Das System ist leider ziemlich störanfällig.
Der V8 gilt im Grunde als standfest, es sollten aber die Ölwechselintervalle eingehalten werden, da sich sonst schnell Schlamm in ihm absetzt. Zudem läuft die zentrale Nockenwelle gern ein. In der Folge leiden auch die Hydrostößel. Weiterer Schwachpunkt: Beim Lenkgetriebe treten häufiger Verschleiß und Undichtigkeiten auf.
Die Schwachstellen
Karosserie
Leider besteht ein Range Rover nicht komplett aus Aluminium, deshalb rostet er im Verborgenen unter dem Alu-Blech der Außenbeplankung. Kontaktkorrosion tritt ebenfalls auf, gern an den Vernietungen. Selbst stärker angerostete Exemplare lassen sich wieder hinkriegen, da sich Aufbau und Rahmen trennen lassen.
Technik
Ein Range Rover ist stabil gebaut, dennoch lauern kleinere Fußangeln. Der V8 gilt als standfest – bis auf eingelaufene Nockenwellen und verschleißende Hydrostößel. Die Elektronik gerade der Modelle ab etwa Mitte der 80er bis in die frühen 90er ist mitunter anfällig (vor allem der ABS-Sensor). Gravierende Konstruktionsmängel hat der Range Rover aber nicht. Das Automatikgetriebe sollte allerdings sauber schalten (insbesondere das Torqueflite-Getriebe bis 1982). Vorsicht bei Modellen mit Luftfederung: Das System nervt oft mit Defekten. Eine Umrüstung auf Stahlfederung bietet sich deshalb an.
Ersatzteile
Range Rover-Besitzende haben recht gute Karten, denn es gibt neben Jaguar Land Rover Classic Parts mehrere Experten (z.B. Landy Point oder auch Landy Depot), die Teile in großer Auswahl anbieten.
Technische Daten des Ranger Rover Mk1
Classic Cars | Range Rover Mk1 |
Zylinder/Ventile pro Zylin. | 8/2 |
Hubraum | 3528 cm³ |
Leistung | 97 kW/132 PS 5000/min |
Max. Gesamtdrehmoment bei | 251 Nm 2500/min |
Getriebe/Antrieb | 4-Gang-Getriebe/Allrad |
L/B/H | 4445/1781/1801 mm |
Leergewicht | 1800 kg |
Bauzeit | 1970-1996 |
Stückzahl | 317.615 |
Beschleunigung null auf 100 km/h | 15,5 s |
Höchstgeschwindigkeit | 163 km/h |
Verbrauch auf 100 km | 16,0 l N |
Grundpreis (Jahr) | 23.550 Mark (1972) |
Fans sollten flexibel sein und sich einige Autos ansehen. Noch gibt es viele Range Rover im Angebot – allerdings sind es meist die jüngeren Jahrgänge. 70er-Jahre-Exemplare sind sehr selten und extrem teuer geworden, wenn sie noch in gutem Zustand sind. "Bastelbuden" sind günstig, lassen sich aber kaum zu vertretbaren Kosten restaurieren. Im Alpenraum wurde der Range gern von Behörden eingesetzt. Solche Exemplare sind gut gepflegt worden und häufig in Liebhaberhände gewechselt. Ungeschweißte Range Rover (etwa aus den USA) werden hoch gehandelt.