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Auto-Geschichte: Oldsmobile Pionier im Schatten

Nicht Ford fertigte das erste Großserienauto, sondern Oldsmobile. Von 1897 bis 2004 wurden über 35 Millionen teils sehr innovative und starke Autos gebaut. Dann kam das schmerzvolle Ende

Wenn man die Geschichte von Oldsmobile betrachtet, dann ist es eigentlich unfassbar, dass General Motors als Mutterkonzern diese einst für technische Innovation, Fortschritt und uramerikanische Werte stehende Marke 2004 sang- und klanglos untergehen ließ. Die Kosten von etwa einer Milliarde Dollar für den Rückkauf von Ersatzteilen und Inventar von den Händlern war günstiger, als die Marke am Leben zu halten. Noch in den 80er-Jahren war Oldsmobile ein wichtiges Zugpferd für General Motors. Doch mit „Badge Engineering“, also dem bloßen Aufkleben verschiedener Markenembleme auf im Grunde identische Autos, schafft man nun mal keine Markenidentität. Ransom Eli Olds, der Gründer der R. E. Olds Motor Car Company, wird sich im Grab umgedreht haben, denn seine ab 1897 gebauten Fahrzeuge waren immer etwas Besonderes gewesen.

 

Revolutionäre Fertigung

Zum Anfang: Olds, Jahrgang 1864, hatte nach Experimenten mit Dampf- und Elektroautos 1901 einen kleinen Roadster mit nur zwei Sitzen auf die Räder gestellt. Der wegen seines schwungvollen vorderen Spritzbretts „Curved Dash“ genannte Wagen war robust und ein Verkaufsschlager. Aus einem wassergekühlten Einzylindermotor mit 1564 cm³ schöpfte der Curved Dash runde fünf PS, was für eine Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h ausreichte. 18.000 Stück wurden bis 1907 verkauft. Die Fertigung war revolutionär: Die Fahrgestelle wurden auf Rollbrettern in einer Linie durch die Halle geschoben und aus Kisten heraus bestückt. Die standen an der Seite und enthielten Teile von Zulieferern, da Oldsmobile wegen eines Brandes viele Teile nicht selbst herstellen konnte. Das war der Beginn des Zulieferhandels und der Fertigung in einer Linie – nur eben ohne Fließband. Im November 1908 kaufte der Unternehmer William C. Durant Oldsmobile für drei Millionen Dollar und gliederte die Firma in seine neu entstandene „General Motors Corporation“ ein. Olds hatte schon 1904 nach Querelen mit den Hauptanteilseignern seiner Firma Oldsmobile verlassen. Die boten die Firma zum Verkauf an, als die Gewinne infolge einer verfehlten Modellpolitik auszubleiben drohten: Man hatte den Curved Dash zugunsten größerer Modelle eingestellt. Danach sank der Absatz dramatisch. Genau davor hatte Olds immer gewarnt.

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Aber nach dem ersten Weltkrieg fing sich Oldsmobile wieder und wurde zur festen Größe für amerikanische Autokäufer. Schon Mitte der 30er-Jahre verließ der millionste Oldsmobile die Fabrik. Man wurde selbstbewusster und traute sich, Innovationen auf den Markt zu bringen: die „Automatic Safety Transmission“ (1938), eine nicht eben fehlerfrei funktionierende Halbautomatik, und wenig später die „Hydra-Matic“, die erste Vollautomatik, die ebenfalls nicht fehlerfrei funktionierte. Doch die Amerikaner liebten sie. Schon bald war sie bei der Hälfte aller Oldsmobile an Bord. Nach dem zweiten Weltkrieg blühte die Marke weiter auf. Im „Futuramic Style“ begrüßte man die Friedensjahre, lebte in herrlichen Straßenkreuzern mit den neuen und starken „Rocket“- Motoren die Heckflossen-Ära aus, kam zu sachlicheren Linien, brachte mit dem Toronado ein Muscle Car mit Frontantrieb und in den frühen 80er-Jahren Volumenmodelle, die Oldsmobile Produktionsrekorde von über 1,2 Millionen Autos im Jahr bescherten.

 

In GM-Mühlen zermahlen

Doch ab 1987 ging es steil bergab. Die GM-Bosse hatten es verpasst, die Eigenständigkeit einer ihrer Kernmarken zu bewahren. 1996 wurden gerade noch etwas über 350.000 Oldsmobile produziert. Die Limousine Alero, der Van Silhouette und das SUV Bravada waren die letzten Oldsmobile. Am 12. Dezember 2000 verkündeten die GM-Bosse das Aus. Nach diesem Tod mit Ansage fielen die Verkaufszahlen ins Bodenlose – von der einst so stolzen Traditionsmarke blieb nichts übrig. 2004 rollte der letzte Oldsmobile Alero vom Band.
Thorsten Elbrigmann

AUTO ZEITUNG

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