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Geht auch ganz einfach:

Ferrari Testa d'Oro: 350 km/h schnelle Designstudie

Die Seifenoper um den Testa d'Oro

Tim Neumann Redakteur
Inhalt
  1. Die 350 km/h schnelle Designstudie Ferrari Testa d'Oro
  2. Testa d'Oro nahm den F50 vorweg
  3. Mysteriöser Diebstahl bis heute ungeklärt

Einzigartiges Bio-Design, endlose V12-Power, ein Geschwindigkeitsrekord und ein mysteriöser Diebstahl: Die Geschichte des Ferrari Testa d'Oro böte nicht zuletzt wegen der Form des Autos Stoff für eine Seifenoper. Wir haben uns Luigi Colanis Meisterwerk näher angeschaut.

Genie und Wahnsinn lagen wohl selten so nah beieinander wie beim Ferrari Testa d'Oro aus den frühen 90ern. Aber was sollte auch sonst dabei herauskommen, als sich der radikalste Industriedesigner der Welt eines Ferrari Testarossa annahm, um ihn in ein Hochgeschwindigkeitsprojektil für die Bonneville Salt Flats (USA) zu verwandeln? Die Rede ist hierbei vom Berliner Stilisten Luigi Colani, der zwischen seiner Geburt 1928 bis zu seinem Tod 2019 seine bewusstseinserweiternden, biomorphen Formen auf alles übertrug, was er in die Finger kriegen konnte. Neben Fahrzeugen und Flugzeugen gehörten auch "Stehzeuge" wie Gebäude, Skulpturen, Haushaltsgegenstände und sogar die dunkelblauen Polizeiuniformen Norddeutschlands dazu, die später im ganzen Land Karriere machen sollten. Auch im späteren Leben des Testa d'Oro sollte die Polizei eine Rolle spielen – dazu später mehr.

Ende der 1980er-Jahre stand Ferrari am Abgrund – zumindest symbolisch: Der Tod des Commendatore Enzo Ferrari im Sommer 1988 hatte die Sportwagenwelt verunsichert, Ferrari-Fans und Sammler:innen wollten sich den jüngsten großen Sportwagen der Marke, den Ferrari F40, sichern, bevor die kleine Firma aus Maranello womöglich für immer ihre Pforten schließen würde. Somit entfachten sie einen Ferrari-Hype, der im Grunde bis heute anhält. Womöglich inspirierte genau das auch Luigi Colani zu seinem damaligen Projekt: Er wollte einen Supersportwagen mit seinem Design-Ansatz aerodynamisch derartig perfektionieren, dass er auf den Bonneville Salt Flats Geschwindigkeitsrekorde brechen könnte.
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Der Ferrari 12Cilincri (2024) im Video:

 
 

Die 350 km/h schnelle Designstudie Ferrari Testa d'Oro

Allerdings basiert sein Ferrari Testa d'Oro nicht auf dem F40, sondern auf dem traditionelleren V12-Geschoss Testarossa. Dessen 180-Grad-V-Motor mit 390 PS (287 kW) war schon im Serientrimm für knapp 300 km/h Spitze gut und bildete die perfekte Grundlage für die Design-Exzesse Colanis. Die von Pininfarina gestaltete Keilform mit den charakteristischen Lüftungsrippen in den Türen riss er vom stählernen Fahrgestell und zimmerte in der ersten Eskalationsstufe eine Art wulstige GT-Karosserie mit Kit-Car-Flair, die mit dem hier gezeigten Fahrzeug optisch nur sehr wenig zu tun hat. Für die Technik wandte er sich an Motorsportspezialist Lotec. Das Team aus dem bayrischen Kolbermoor verpasste dem Zwölfzylinder zwei Turbolader, die mit 1,25 bar Luft in die Brennräume drückten.

Damit verdoppelten sich Drehmoment und PS-Leistung im Ferrari Testa d'Oro beinahe. Statt den serienmäßigen 490 Nm rissen 900 Nm bei 5000 Touren an den Hinterrädern, bei 6400/min standen alle 750 PS (552 kW) für den Vmax-Rausch bereit. Damit sich das Einzelstück bei weit über 300 km/h nicht in eine rasende Fackel verwandelt, kamen goldene Hitzeschutzfolien zum Einsatz, wie sie ein paar Jahre später auch der McLaren F1 nutzte. Ihnen verdankt Colanis Ferrari auch seinen Namen: Während sich Testarossa auf die rot lackierten Zylinderköpfe bezieht, meint "Oro" die goldene Farbe des Hitzeschutzes. Die Mühen von Colani und Lotec zahlen sich aus: 1991 holt sich der Testa d'Oro mit 340 km/h den Klassensieg in Bonneville, im Jahr darauf knackt er sogar die 350-km/h-Marke mit 351 Sachen.

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Testa d'Oro nahm den F50 vorweg

Erst danach beginnt die Karriere des Ferrari Testa d'Oro in der spacigen Form, wie wir sie in der Bildergalerie vor uns haben. Es ist eine Entwicklung wie die vom Lamborghini 350 GT zum Miura: Colani hatte keinen Stein auf dem anderen gelassen. Die Glasflächen wuchsen ins Unermessliche, ebenso wie der bereits zuvor alles andere als kleinere Frontspoiler. Über dem goldenen V12 spannte sich nun eine schlanke Abdeckung, wo zuvor noch eine säulenartige Konstruktion um das Triebwerk herum gebaut war. Nur die löchrige Hecklandschaft behielt der Berliner an der Mittelmotorflunder größtenteils bei. Mit der langgestreckten, ovalen Grundform ohne klare Ecken und Kanten nahm er Supersportler wie den Ferrari F50 um Jahre vorweg.

Im Innenraum versprüht der Ferrari Testa d'Oro eher Rennwagen- als Konzeptauto-Flair. Nacktes Blech und grob zusammengeschusterte Bedieninstrumente sind hier an der Tagesordnung. Von der Handschrift Colanis zeugen nur die blauen Schalensitze und in wortwörtlicher Hinsicht das Lenkrad. Der Designer ließ es sich nicht nehmen, sein Gesicht auf dem Momo-Volant zu verewigen, auch wenn das Logo eher an Avantgarde-Rocker Frank Zappa erinnert. Leider schaffte es die ultimative Ausbaustufe des Colani-Ferrari aus unbekannten Gründen nie wieder an den US-amerikanischen Salzsee.

Die Sitze des Ferrari Testa d'Oro
Foto: Purosangue Maranello
 

Mysteriöser Diebstahl bis heute ungeklärt

Stattdessen kehrte der Biomorph-Testarossa 2014 im Rahmen eines mysteriösen Diebstahls wieder in die Schlagzeilen zurück. Auf dem Rückweg von einer Sonderausstellung im Ferrari-Museum Maranello 2014 hatte Colanis Firma den Ferrari Testa d'Oro als gestohlen gemeldet. Wenige Tage später war das Einzelstück dann überraschend wieder aufgetaucht – beim Autohändler Purosangue Maranello unweit des Museums. Noch bevor der auf 1,7 Millionen Euro geschätzte Supersportler verkauft werden konnte, griff die italienische Polizei ein und kassierte das Auto. Wieso der Ferrari mit allen originalen Dokumenten und im offiziellen Spediteurs-Transporter der Sportwagenmarke an den Händler geliefert wurde, ist bis heute schleierhaft.

Nach dem Tod Luigi Colanis 2019 trat der Ferrari Testa d'Oro 2022 doch noch einmal die Reise über den großen Teich an: Allerdings nicht mehr auf der Jagd nach Geschwindigkeitsrekorden, sondern in Richtung seiner neuen Heimat. Seine frischesten Spuren führen zum New Yorker Automuseum Morton St. Partners.

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