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100 Jahre Audi – Auto Union-Silberpfeile Die Silberpfeile der 30er-Jahre

Zum Abschluss des Jubiläumsjahres tischt Audi auf: Eine Ausstellung feiert die Silberpfeile der 30er

Das Tafelsilber der Auto Union ruht unauffällig in einem weißen Sattelschlepper. Der Lastwagen mit dem bayerischen Kennzeichen parkt in der Boxengasse, und nichts deutet darauf hin, dass er gerade der vermutlich wertvollste Autotransporter der Welt ist. Der frühmorgendliche Verkehr rauscht vorbei, denn die Start- und Zielgerade der ehemaligen Grand Prix-Piste von Reims ist heute nichts weiter als die Landstraße D27 nach Gueux in der Champagne. Die Tribünen und Boxenanlagen bröckeln seit 40 Jahren vor sich hin, und nur ein rühriger Verein sorgt dafür, dass die Anlagen nicht komplett verfallen.

HIGHSPEED-DREIECK
Als die Strecke abgesperrt ist und keine Clio, 207 und Kleintransporter durch den zähen Nebel vorbeirauschen, werden die silbernen Preziosen nach und nach aus dem Lkw gerollt. Es sind fünf Autos – alles Silberpfeile –, die sich heute in der Obhut der Audi Tradition befi nden. Der sechste ist in einem noch unscheinbareren Anhänger angereist. Er ist sonst im Automuseum des belgischen VW-Audi-Importeurs d’Ieteren zu finden.

Audi-Historie Teil I - 1965 bis 2009:
» Im Zeichen der vier Marken - Audi, DKW, Horch und Wanderer

Dann stehen sie aufgereiht da, ein Typ A, ein Typ C, ein Stromlinien- C, ein Typ D/C-Bergrennwagen und zwei Typ D. Im nordfranzösischen Morgennebel wirkt das glänzende Alu der Karosserien mattgrau, und es ist still geworden auf der jetzt einsamen französischen Landstraße. Fast erwartet man, dass gleich die vier 16-Zylinder und zwei Zwölfzylinder aufbrüllen, über die Kuppe und durch den nächsten Kreisverkehr nach Gueux donnern, dann im Ort an der Metzgerei abbiegen, die Avenue de la Gare entlangfliegen, auf die Route Nationale 31 fahren und am Kreisverkehr an der Autobahn wieder auf die Zielgerade kommen – knapp acht Kilometer. Das dauerte beim letzten Grand Prix von Frankreich vor dem Krieg rund zweieinhalb Minuten.

LETZTER GP-SIEG
Es wird nicht passieren. Der vermutlich größte Auflauf von Auto Union-Silberpfeilen seit 1945 hat einen anderen Grund: Audi beschließt das Jubiläumsjahr zum 100. Geburtstag mit einer Ausstellung im Ingolstädter Museum Mobile, die den schlichten Titel „Familiensilber – Die Auto Union- Silberpfeile und ihre Konkurrenten“ trägt. Dabei verschweigt der Titel der Ausstellung zwei weitere Jubiläen: 75 Jahre Silberpfeile und 70 Jahre seit dem letzten Grand Prix-Sieg eines Auto Union- Silberpfeils.

Was uns wieder nach Reims bringt, denn hier gewann Hans-Peter Müller im Auto Union Typ D Doppelkompressor am 9. Juli 1939 den GP von Frankreich. Die beiden folgenden Großen Preise von Deutschland und der Schweiz gingen an die Mercedes-Piloten Rudolf Caracciola und Hermann Lang. Das letzte Rennen, gern als letzter Grand Prix der Silberpfeil-Ära geführt, war ein bedeutungsloses Stadtrennen in Belgrad, gewonnen übrigens von Tazio Nuvolari auf Auto Union.

ERSTER START 1934
So weit sind wir jedoch noch nicht. Die Geschichte der Silberpfeile der Auto Union ist so abenteuerlich, sagenumwoben und verwickelt, dass hier ein paar Momentaufnahmen reichen müssen. Sie beginnt 1932 mit dem Zusammenschluss der vier durch die Weltwirtschaftskrise angeschlagenen Autohersteller Audi, DKW, Horch und Wanderer zur Auto Union. Und auch mit dem Beschluss der internationalen Automobilsportbehörde ACAIR, für die Saison 1934 eine neue Formel für Grand-Prix-Rennen auszuschreiben. Es war praktisch alles erlaubt, das Auto durfte nur nicht mehr als 750 kg wiegen – ohne Treibstoff, Öl, Kühlmittel, Reifen und Fahrer.

Audi-Historie Teil II - 1965 bis 2009:
» Quattro, Alu, TDI – Die Technik des Aufstiegs von Audi

Mercedes und die Auto Union bauten – unterstützt von den neuen Machthabern in Berlin – Rennautos für die neue Grand-Prix-Formel. Die Auto Union-Führung beauftragte Ferdinand Porsche, der damals Inhaber eines Ingenieursbüros war, mit Entwicklung und Bau eines GP-Wagens. Das Rennauto, das beim Avus-Rennen in Berlin am 27. Mai 1934 seinen ersten öffentlichen Auftritt hatte und später Typ A genannt wurde, verschlug Konkurrenz und Publikum den Atem: Der V16-Zylinder saß zwischen Fahrer und Hinterachse, er leistete mit einem Kompressor rund 300 PS und degradierte schon bei den ersten Trainingsrunden unter den Piloten Hans Stuck, August Momberger und Prinz Leiningen die Konkurrenz zu Statisten.

Zwar fielen Stuck und Leiningen aus und ein Alfa Romeo gewann, aber die Performance der silbernen Mittelmotor- Renner deutete an, dass Silber die dominierende Farbe im GP-Sport werden würde.

Apropos Silber: Die Mercedes- Werksmannschaft trat eine Woche später zum Eifelrennen gegen die Auto Union an. Mercedes-Rennleiter Alfred Neubauer sowie Pilot Manfred von Brauchitsch erzählten später gern die Story, wonach sie wegen eines Kilos zu viel die weiße Farbe von den Mercedes-Rennern kratzten und so die Silberpfeile erfanden. Die Legende gilt heute als widerlegt. Denn die Auto Union-Rennwagen waren bereits auf der Avus mit unlackiertem Alu unterwegs, und zeitgenössische Fotos zeigen, dass die Mercedes vor dem Renndebüt ebenfalls kein Weiß mehr trugen.

In der Ausstellung im Audi Forum (2. Dezember bis 31. März 2010) sind sie wieder vereint. Neben den fünf Audi-eigenen Silberpfeilen und dem Typ A aus Belgien zeigt das Museum Mobile die Mercedes- Konkurrenten W25 und W125 sowie einen weiteren Typ D aus Privatbesitz. Bis dahin sollte der weiße Sattelschlepper mit seiner Ladung wieder in Ingolstadt sein. Heinrich Lingner

AUTO UNION TYP A 1934
V16-Zylinder, Mittelmotor - Hubraum: 4360 cm3 - 2 Ventile/Zylinder, eine obenliegende Nockenwelle - 1 Roots-Kompressor - Ladedruck: 0,6 bar - 295 PS bei 4500 /min - Max. Drehmoment: 54 mkg (530 Nm) bei 2700 /min - Leiterrahmen mit Alu-Karosserie - vorn: Kurbellenker, Torsionsfeder, Reibungsdämpfer; hinten: Pendelachse, Querblattfeder, Reibungsdämpfer - rundum: Trommelbremsen - L/B/H: 4500/1660/1160 mm - Radstand: 2800 mm - Startgewicht: 1095 kg - Höchstgeschwindigkeit: ca. 280 km/h

AUTO UNION TYP D 1939
V12-Zylinder, Mittelmotor - Hubraum: 2990 cm3 - 2 Ventile/Zylinder, drei obenliegende Nockenwellen - 2 Roots-Kompressoren - Ladedruck: 0,9 bar - Max. Drehmoment: 56 mkg (550 Nm) bei 4000 /min - Leiterrahmen mit Alu-Karosserie - vorn: Kurbellenker, Torsionsfedern, Reibungsdämpfer; hinten: DeDionAchse, Torsionsfedern, Reibungsdämpfer - rundum :Trommelbremsen - L/B/H: 4200/1660/1060 mm - Radstand: 2850 mm - Startgewicht: 1220 kg - Höchstgeschw.: ca. 340 km/h

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