Blauer wirds nicht: Einzigartiger Mercedes 500 SEL 5.0 AMG
Ein Auto zu modifizieren ist die eine Sache, aber es dynamischer, edler und noch begehrenswerter zu machen – ohne dabei jegliche Seriosität mit Turboladern (So funktioniert ein Turbolader) oder wildem Spoilerwerk wegzublasen –, ist eine wahre Kunst. Und genau die beherrschte AMG in den 1980er-Jahren wie kaum eine zweite Firma. Die solvente Mercedes-Kundschaft rannte den Gründern Hans-Werner Aufrecht und Erhard Melcher die Türen ein, obwohl es mit SGS oder Koenig Specials Adressen gab, die weitaus wildere Umbauten realisieren konnten und dies auch in aller Regelmäßigkeit taten. Wie die Geschichte ausging, wissen wir längst: Die Blingbling-, Flügeltür- und Widebody-Fraktion blieb, wie auch der Vokuhila oder die Lavalampe, für immer in den 80ern hängen, während AMG mit Mercedes verschmolz und heute gefühlt die Hälfte des Unternehmens ausmacht.
Passendes Zubehör für den Klassiker:
Aber wie die Geschichte anfing, das kann der hier gezeigte Mercedes 500 SEL 5.0 AMG ein Stück weit erzählen. Die lapisblaue S-Klasse von 1984 stammt aus dem Jahre, als Melcher AMG mit einem neu konstruiertem Vierventil-Zylinderkopf offiziell zum Motorenhersteller adelte. Zwei Jahre später sollte die Technologie erstmals im Hammer Coupé debütieren, das bis heute vor allem in den USA Legendenstatus innehat. Zu dem Zeitpunkt hatte sich der Veredler bereits ein florierendes Geschäft jenseits des großen Teichs aufgebaut, was mit der Gründung von AMG North America 1980 in Westmont, Illinois (USA) bei Chicago, seinen Anfang nahm. Der Chef der US-amerikanischen Dependance: Richard Buxbaum. Er reiste regelmäßig für Importe von AMG-Modellen und gut modifizierbaren Mercedes nach Deutschland und pflegte eine enge Beziehung zu Aufrecht.
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Der Mercedes CLA (2025) im Video:
Unglaublicher Mercedes 500 SEL 5.0 AMG: Lack? Blau. Bodykit? Blau. Chrom? Natürlich – blau
Die Beziehung war so eng, dass sich der AMG-Mitbegründer dazu entschloss, dem US-Amerikaner und seiner Frau zu Weihnachten 1984 eine ganz besondere Überraschung zu überreichen. Er entdeckte einen lapisblauen Mercedes 500 SEL (W126) und ließ ihn über einen Zeitraum von sechs Monaten bis ins kleinste Detail veredeln, um ihn seinem Geschäftspartner zum Fest zu schenken. In den sechs Monaten des Umbaus blieb kaum eine Schraube unangetastet. Sein Team montierte das hauseigene Bodykit bestehend aus Schürzen rundum und einem Bürzel auf dem Kofferraum, dazu wurden sowohl die Zubehörteile als auch sämtliche bereits vorhandene Chromteile (So gelingt die Chrompolitur) passend in Blau lackiert. Auch die mehrteiligen AMG-Penta-Felgen erhielten die passende Farbe, sodass im Grunde nur noch die Scheinwerfer und Türgriffe unverändert blieben.

Im Innenraum flogen die Veloursbezüge von der Stange raus, um Platz für eine oriongraue Ledergarnitur zu schaffen. Die elektrisch verstellbaren Vordersitze stammen aus dem SEC, während die Türeinlagen mit blauen Kontrastnähten niemand geringeres als Gemballa zulieferte. Keine halben Sachen machte AMG bei Mittelkonsole, Automatik-Wählhebel und Armaturenbrett: Das Mercedes-typische Zebrano-Furnier wurde abgebeizt, gebleicht, grau gestrichen und dann per Hand auf Hochglanz poliert. Dazu gesellten sich ein Vierspeichen-Lenkrad und ein AMG-Tacho bis 300 km/h.
Zweimal schon verkauft, nun versteigert
Bis dorthin schaffte es die Nadel im Mercedes 500 SEL 5.0 AMG zwar selbst mit Leistungssteigerung nicht, aber die linke Spur war ihm mit 239 Sachen Mitte der 80er gewiss. In 7,2 s hat der blaue Benz bereits Landstraßentempo erreicht – beinahe eine Sekunde schneller als das Spenderfahrzeug. Die 35 PS (26 kW) Mehrleistung ist unter anderem einer Sportabgasanlage zu verdanken. Die V8-Kraft von insgesamt 276 PS (203 kW) verteilt ein Vierstufen-Wandler (So funktioniert ein Automatikgetriebe) an die Hinterachse samt AMG-Sperrdifferential. Ebenfalls nach AMG-Spezifikation aufgebaut ist das Sportfahrwerk von Bilstein.
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Da verwundert es kaum, dass Buxbaum bereits nach gut einem Jahr etwa 25.000 km mit dem AMG abgespult hatte. Autohändler durch und durch, verkaufte er ihn bald trotzdem an einen begeisterten Kunden. Fünf Jahre später nahm er den 500 SEL in Zahlung, nur um ihn wenige Tage später erneut zu veräußern. Dieses Mal schien ihn aber sein Gewisssen zu plagen: 20 Jahre lang rief der den neuen Eigner regelmäßig an, um sein Interesse an einer Rücknahme zu bekunden. 2
022 war es dann endlich so weit: Buxbaum bekam die schnelle S-Klasse zurück, die nach einer 16-jährigen Einmottung aber erst einmal eine Restaurierung benötigte. Mehr als 120.000 US-Dollar investierte er, um den alten Glanz des AMG möglichst originalgetreu wiederzuherstellen. Nach der Fertigstellung regte sich jedoch scheinbar ein weiteres Mal der Geschäftsmann in ihm: Ende März 2025 wird der blaue Benz über RM Sotheby's versteigert – der Schätzpreis liegt bei 135.000 bis 185.000 Euro.