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50 Jahre AUTO ZEITUNG: Designer

Die Herren der Schöpfung

AUTO ZEITUNG

Sie bringen Autos in Form und prägen damit das Bild auf unseren Straßen: Vier Top-Designer erzählen, was sie bewegt. Sie verraten ihre persönlichen Design-Favoriten und erklären die unterschiedlichen Designkulturen in Europa, Asien und den USA.

Inhalt
  1. Klaus Bischoff – VW
  2. Ikudo Maeda – Mazda
  3. Laurens van den Acker – Renault
  4. Gorden Wagener – Mercedes

 

Klaus Bischoff – VW

Seit dem Jahr 2007 leitet Klaus Bischoff das weltweite Design von Volkswagen. Dabei geht es immer um Großes. Autos, die Bischoff und sein Team entwerfen, werden in sechs- oder gar siebenstelligen Stückzahlen rund um den Planeten gebaut. Sie bevölkern die Metropolen Chinas ebenso wie die Europas oder Südamerikas. Eine Riesenverantwortung, die durch das bei VW angestoßene Megaprojekt der Elektrifizierung noch größer geworden ist: Die VW-Designer entwerfen mit einer ganzen Armada von ID.-Modellen zur Zeit eine komplett neue Automarke. "Die Elektromobilität öffnet für das Design neue Spielfelder", sagt Bischoff. "Proportionen, Formen, Nutzung – alles kann neu gedacht werden. Mobilität wird nachhaltig, digital, lautlos und so cool wie noch nie." Und der gebürtige Hamburger setzt nach: "Es ist die spannendste Zeit meiner Laufbahn."
Diese wurde geprägt von anderen Designer-Persönlichkeiten. "Einer der Größten ist sicherlich Jonathan Ive", sagt Bischoff über seinen Kollegen, der eine Vielzahl von Produkten des Computer-Giganten Apple entworfen hat. "Mit seiner klaren, puristischen und visionären, auf dem Bauhaus-Gedanken beruhenden Formensprache bereichert er das Leben von Milliarden von Menschen mit zeitbeständigem Design." Eine Aufgabenstellung, mit der sich auch die Kreativen bei VW auseinandersetzen. Die Devise der Wolfsburger: Ein Golf muss nicht auf den ersten Blick attraktiv sein – aber auf den dritten, zwölften und auch noch nach vielen Jahren. "Und dann ist da natürlich Giorgetto Giugiaro. Er ist für mich der einflussreichste Designer unserer Zeit. Seine Arbeit hat Generationen von uns geprägt und den Erfolg von Volkswagen mitbegründet", sagt Bischoff über den 81-Jährigen, der den VW Golf 1 entworfen hat und dutzende weiterer Autos.

Welche sind die Designvorlieben anderer Auto-Nationen? "Japan bringt ein sehr von der Kultur und von der Historie geprägtes Design hervor. Manches scheint von Samurai-Helmen oder den Kabuki-Masken inspiriert zu sein. Die USA hingegen wurden klar von einer Popkultur, frühem Wohlstand und Überfluss geprägt. Statusbewusstsein war wichtig. Dann kam die Ölkrise, und das Design wurde zuerst europäisiert und später verwässert. Heute gibt es wieder ikonische Produkte wie den Mustang oder den Jeep Renegade.“ Und Europa? "Das hiesige Design beruht auf starken Markenidentitäten, siehe BMW, VW, Audi oder Porsche. Es ist vom Bauhaus geprägt. Wir haben es mit extrem disziplinierten Designkulturen zu tun." Mehr zum Thema: 50 Jahre AUTO ZEITUNG – Design
von Stefan Miete

 

Ikudo Maeda – Mazda

"Es geht nicht nur darum, ein einzelnes Auto schön und anziehend zu gestalten. Es geht um eine Perspektive für die ganze Marke. So muss das gesamte Modell-Line-up ein harmonisches Bild ergeben, das unsere Kunden fasziniert." Nach diesem Credo handelt Ikuo Maeda (59), der seit 2009 das – inzwischen mehrfach preisgekrönte – Design der Marke Mazda verantwortet. Was mittlerweile sämtliche Modelle eint, ist die gemeinsame Designsprache Kodo – Soul of Motion, was so viel wie "Die Seele von Bewegung" bedeutet. Dahinter steckt die typisch japanische Philosophie, Dingen Leben einzuhauchen. "Kodo Design bedeutet für uns, Autos zu kreieren, die die dynamische Schönheit des Lebens verkörpern. Autos, die diese Energie auf unterschiedliche Weise visualisieren", sagt Maeda. Für ihn sind es die Menschen, die Designer, Modellbauer, Ingenieure, Monteure und Lackierer, die sich mit Liebe um das Produkt kümmern. Diese Hingabe schließlich macht dann auch die Attraktivität des Produkts aus. Mit der Studie Shinari zeigten Ikuo Maeda und sein Team 2010 das erste greifbare Exemplar im Kodo Design, das schließlich ab 2012 mit dem Mazda 6 seinen Weg in die Serie fand.

Bereits Ikuos Vater Matasaburo Maeda war erfolgreicher Mazda-Designer, aus dessen Feder zum Beispiel die erste Generation des Wankelsportwagens RX-7 stammt. "Eigentlich wollte ich nie Designer werden, doch mein Zuhause – wo auch des Öfteren schon mal Designgrößen wie Giorgetto Giugiaro und Nuccio Bertone zu Gast waren – hat mich natürlich stark beeinflusst", erinnert sich Ikuo Maeda heute. Dennoch ist er nicht der einzige Kreativkopf, der Marcello Gandini als größte Designer-Persönlichkeit im Automobil-Business nennt. Jenseits der Auto-Welt gilt für ihn der spanische Architekt Antoni Gaudí als wichtigster Gestalter aller Zeiten. Da schwingt offenkundig viel Respekt für die Designkultur in Europa mit. "Die meisten europäischen Autos sind mit einer guten Grundstruktur für einen sich bewegenden Körper ausgestattet. Darüber hinaus haben sie feste Formen mit einer Tiefe, die zur Architektur Europas passt", findet Ikuo Maeda. "Das japanische Autodesign hingegen konzentriert sich mehr auf die Kosmetik als auf die Gesamtstruktur. Zudem nutzen die Innenarchitekturen die räumliche Effizienz." Und wie prägt die voranschreitende Elektromobilität das Design? "Ich denke, dass die Elektrifizierung die Form des Autos nicht unbedingt drastisch verändern muss. Aber ich sehe schon Spielraum für neue räumliche Gestaltungsmöglichkeiten."
von Jürgen Voigt

 

Laurens van den Acker – Renault

Als Laurens van den Acker (53) 2009 die Aufgabe des Designchefs im Renault-Konzern übernahm, hatte er einen Plan, den er so skizziert: "Renault hat eine Designstrategie als unternehmerisches Kernziel formuliert, die den Menschen in den Mittelpunkt rückt und sich dabei an seinem Lebenszyklus orientiert. Für jeden Lebensabschnitt hat das Unternehmen maßgeschneiderte Fahrzeugkonzepte im Portfolio. Kennzeichen sind spannungsvolle, sinnliche Formen und die markante Inszenierung des Renault Rhombus." Nach einer Reihe von aufsehenerregenden Concept Cars, die bereits Stilelemente wie den charakteristisch geschwungenen Kühlergrill oder das Leuchtendesign vorwegnahmen, startete 2012 mit dem Clio der vierten Generation der erste Serien-Renault im neuen "van den Acker-Stil". Darauf folgten bis heute aktuelle Baureihen wie Espace, Mégane, Kadjar und Talisman, die "für das Rationale und für Seriosität stehen, die seinem Besitzer wiederum Respekt verschaffen", so die Einschätzung des Designchefs. Doch das riesige Portfolio des Renault-Konzerns umfasst auch Baureihen, die bei uns kaum jemand kennt – etwa das preisgünstige, kleine SUV Renault Kwid, das auf dem indischen Markt sämtlich Verkaufsrekorde bricht. Abgesehen davon hat van den Acker zudem die gestalterische Verantwortung für die Marken Dacia und Alpine, die unterschiedlicher kaum sein könnten.

Doch der Architektensohn, der als Kind lieber Autos malte, weil ihm Häuser zu langweilig waren, hat auch eine sichere Einschätzung länderspezifischer Designunterschiede. "Der Geburtsort des Autos liegt in Europa, und viele der ältesten Marken – darunter auch Renault – existieren bis heute. Somit haben wir hier ein angeborenes Verständnis dieser Marken und deren Entwicklung. Leistung und Fahrspaß spielen gerade in Deutschland und UK eine große Rolle", so van den Acker. Der Vergleich zu Japan fällt dem ehemaligen Mazda-Designchef und Vorgänger von Ikuo Maeda leicht: "In Japan werden 75 Prozent des Landes von Bergen eingenommen. Daraus resultiert ein Platzmangel, der das Fahrzeugdesign weniger romantisch, sondern pragmatischer werden ließ. Zudem gibt es dort auch eine Kultur, die das ‚Neue‘ wertschätzt, weshalb das evolutionäre Design weniger wichtig ist." Unabhängig vom Ort sieht van den Acker in der Elektromobilität "die Chance, die Proportionen des Autos positiv zu verändern und im Inneren mehr Platz zu schaffen. Sie bringt uns auch dazu, ein anderes Erlebnis für die Kunden zu gestalten – wie die wirklich starke Beschleunigung begleitet vom Klang der Stille".
von Jürgen Voigt

 

Gorden Wagener – Mercedes

Spricht man Daimlers Chefdesigner auf die prägenden Eigenschaften seiner Entwürfe an, fallen schnell zwei englische Begrifft: "cool" und "hot". Egal was seine Vorausdenker in den sogenannten "Advanced Designzentren" in Europa, den USA und Asien kreieren, stets muss mindestens eine dieser zwei Eigenschaften zutreffen, damit aus einer Idee ein Projekt werden kann. Das globale Netzwerk sorgt zudem dafür, dass das Mercedes-Design 24 Stunden am Tag Ideen ausspucken kann. Täglich gestalten die Auto-, Industrie- und Modedesigner, Grafiker, Modelleure sowie weitere Spezialisten neue Innen- und Außendetails, definieren Form und Material von Oberflächen, dazu Bedieneinheiten, Lenkräder, Felgen und zunehmend digitale Inhalte, denn eine Mercedes-Grafik muss auch nach Mercedes aussehen. "Das Design macht den Unterschied zwischen Premium und Mainstream aus", sagt Wagener über die Bedeutung seiner Arbeit. Dabei finden auch Modelle der Konkurrenz professionelle Wertschätzung: "Der Jaguar E-Type mit seiner langen Haube war einer der ganz großen Entwürfe, zu denen klar auch der Porsche 911 gehört. Eine der zeitlos schönsten Formen überhaupt." Der AMG GT steht für Wagener aber klar in der Tradition des legendären Jaguar. "Lange Haube, leichter Body, Kabine weit hinten – im GT steckt viel moderner E-Type drin."

Wagener, der permanent zwischen den weltweiten Designstudios und der Zentrale in Sindelfingen pendelt, muss für die stark exportorientierten Mercedes-Marken die internationalen Designvorlieben im Blick behalten. "Das europäische Autodesign ist weltweit führend", stellt er fest. "Der westliche Geschmack hat sich durchgesetzt, obwohl starke Auto- und Kulturnationen wie Japan mit im Spiel sind." Für den 50-Jährigen liegen die Japaner aber nicht gleichauf. "Es ist ihnen nicht gelungen, eine global führende Ästhetik zu entwickeln. Drei von vier Luxusmarken kommen aus der alten Welt." Und die USA? "Das dortige Design war in den 50er-Jahren führend. Als das Raketenzeitalter anbrach, kamen die Heckflossen ins Spiel – denken wir nur an die Entwürfe von GM-Designchef Harley Earl. In den 70er-Jahren sorgten dann die Muscle Cars für Aufsehen. Danach kam nichts wirklich Großes mehr", stellt Wagener fest, für den Mercedes längst mehr ist als ein reiner Automobilhersteller. "Wir sind ein internationales Luxus-Designlabel." In der Elektri­fizierung sieht der Chefdesigner eine Chance: "Wir werden im großen Stil völlig Neues bringen, eine eigene futuristische Elektrowelt. Das ist ein hochspannendes Thema."
von Stefan Miete

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