BMW X3 xDrive20d (F25): Dauertest Licht und Schatten beim X3
In 20 Monaten absolvierte der BMW X3 xDrive20d den Dauertest über 100.000 km. Bequeme Sitze, viel Kofferraum und sparsamer Motor stehen schlechtem Geradeauslauf und lauten Fahrgeräuschen gegenüber. Ein Fazit!
Fotofahrten, Testtermine, Autoüberführungen per Anhänger – das Dasein eines Dauertestwagens in der Redaktion der AUTO ZEITUNG spielt sich vorwiegend auf den Autobahnen zwischen Flensburg, Rom und Montpellier ab. Und so wurde im November 2011 der neue Kandidat in Vermilionrot Metallic mit großen Erwartungen auf dem Testwagen-Parkplatz begrüßt: ein BMW X3 xDrive20d mit 184 PS starkem Turbodiesel, Achtstufen-Automatik und einer Anhängerkupplung mit schwenkbarem Kugelkopf. Ledersitze, Alu-Räder im 18-Zoll-Format, Xenonlicht und weitere Extras trieben den Preis des SUV von 39.400 auf insgesamt 57.680 Euro. Viel Geld, aber nicht übertrieben viel für ein wahres Multitalent: langstreckentauglich, ein bisschen geländegängig, sicher auf Nässe und Schnee, dazu eine maximale Anhängelast von sehr ordentlichen 2400 Kilogramm. Schon die ersten Einträge ins Bordbuch des BMW X3 xDrive20d bestätigten die hohen Erwartungen: „"Ein sparsamer Motor", notierte etwa Test-Redakteur Paul Englert im Dezember 2011. "Trotz eines 130-km/h-Schnitts habe ich auf einer 1200 Kilometer langen Autobahnstrecke nur 7,9 Liter pro 100 Kilometer verbraucht." Bei einem Tankinhalt von rund 67 Litern ergibt das im BMW X3 xDrive20d eine Reichweite von rund 850 Kilometern. Testchef Martin Urbanke benötigte später auf französischen Autobahnen nur glatte sieben Liter – da kann man nicht meckern. Als eine der Ursachen für die Genügsamkeit machte Testredakteur Alexander Lidl die famose, sehr lang übersetzte Achtstufen-Automatik des BMW aus: "Bei Tempo 190 dreht der Motor nur 3000 Touren." Und: "Die Automatik hält sehr lange den achten Gang und schaltet nicht ständig hin und her." Als Testverbrauch auf der AUTO ZEITUNG-Normrunde wurden für den BMW X3 xDrive20d mit serienmäßigem Start-Stopp-System übrigens 7,5 Liter ermittelt, über die gesamte Distanz von 100.000 Kilometern konsumierte der X3 im Schnitt 8,4 Liter Diesel pro 100 km. Angesichts vieler vollgasfester und termingestresster Testredakteure geht aber auch dieser Wert in Ordnung.
Dauertest BMW X3: Lauter Motor
Doch kein Licht ohne Schatten. Völlig entspanntes Reisen erschwerte der BMW X3 xDrive20d von Anfang an durch zwei störende Eigenschaften: den nicht zufrieden stellenden Geradeauslauf und den lauten Motor. Schon im Januar 2012 vermerkte Technik-Redakteur Holger Ippen: "Nicht nur nach dem Kaltstart nagelt der Motor deutlich wahrnehmbar. Auch unter Volllast ist der Wagen sehr laut." Testredakteur Paul Englert kritisierte die offenbar "mäßige Dämmung" des Aggregats. Das verwunderte die X3-Fahrer der Redaktion umso mehr, als das baugleiche Triebwerk in 3er oder 5er BMW, aber auch in aktuellen X3-Testwagen viel kultivierter klingt. Auf Nachfrage räumte BMW ein, dass das Problem bekannt sei und in der Weiterentwicklung „verbessert“ werde. Für eine offenbar sehr knapp kalkulierte Dämmung des BMW X3 xDrive20d sprechen auch die von fast allen Fahrern kritisierten "lauten Abrollgeräusche". Schon bei Kilometerstand 6080 schrieb Testredakteur Elmar Siepen: "Laut abrollende Winterreifen von Dunlop." Bei 86.000 Kilometern vermeldete Test-Redakteur Michael Godde das gleiche Problem, diesmal mit Nokian-Pneus. Auch der zwischenzeitliche Wechsel auf Pirelli-Reifen brachte keine Linderung. Die Schwierigkeiten beim Geradeauslauf, besonders auf sehr ausgefahrenen Autobahnen und Landstraßen, waren im BMW X3 xDrive20d ebenfalls nicht in den Griff zu bekommen. Immer wieder tauchten im Bordbuch Adjektive wie bescheiden, enttäuschend oder nervig in Zusammenhang mit dem Geradeauslauf auf. "Fährt jeder Spurrille hinterher", schrieb Wolfgang Eschment, stellvertretender Chefredakteur. "Ständig sind Lenkkorrekturen erforderlich", berichtete auch Art Director Andreas Schulz. Über Vibrationen in der Lenkung klagten sämtliche Fahrer. "Nach langer Autobahnetappe waren meine Hände richtig taub", so Testchef Martin Urbanke. Obwohl die Spur neu eingestellt, die Achsen vermessen und schließlich sogar das Lenkgetriebe und die rechte Spurstange auf Garantie getauscht wurden, blieb zumindest der Geradeauslauf des BMW X3 xDrive20d bis zum Testende nervig störend.
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Gute Sitze im BMW X3 (Dauertest)
Gut, dass der BMW X3 zum Ausgleich seine Piloten mit sehr bequemen Sitzen und viel Fahrkomfort verwöhnte. "Auch nach langer Reise keine Rückenschmerzen", notierte zum Beispiel Andreas Schulz. Die heute 550 Euro teuren Sportsitze mit einstellbarer Oberschenkelauflage sind also ihr Geld wert. Zwei-Meter-Mann Michael Godde kritisierte zwar die harten Seitenflanken der Sitzlehne, fühlte sich aber ansonsten gut aufgehoben. Test-Redakteur Alexander Lidl lobte zudem den Federungskomfort des BMW X3 xDrive20d: "Auch ohne die aufpreispflichtigen adaptiven Dämpfer gleitet der X3 besonders sanft über harte Kanten." Lediglich im Gespannbetrieb stieß das Fahrwerk des SUV hin und wieder an seine Grenzen. "Mit einem Zwei-Tonnen-Monster am Haken hat die Federung besonders auf welligen Landstraßen offenbar nicht mehr genug Reserven", bemängelte Testchef Martin Urbanke. Und das leidige Thema Geradeauslauf trat im Hängerbetrieb des BMW X3 xDrive20d noch verstärkt auf. Zu den positiven Eigenschaften des BMW gehört ohne Frage der Bedienkomfort. "Über das iDrive lassen sich wie von BMW gewohnt die wichtigsten Funktionen intuitiv steuern", befand Art Direktor Andreas Schulz. Auch Chefreporter Stefan Miete bestätigte: "Da muss man nicht lange in der Bedienungsanleitung blättern." Bonuspunkte erhielt der BMW X3 xDrive20d auch für die narrensichere Darstellung des Navigationssystems. Das Gerät selbst und besonders die Software des Festplatten-Navigationssystems Professional (2590 Euro) stieß hingegen nicht auf ungeteilte Begeisterung. Immer wieder wurde bemängelt, dass das Kartenmaterial veraltet sei. Hier hätte ein jährliches gebührenpflichtiges Update (ab 162 Euro) wahrscheinlich geholfen. An den oft kritisierten langen Reaktionszeiten der Elektronik hätte das aber auch nichts geändert. Inzwischen bietet BMW das Professional jedoch mit besseren Kenndaten wie zum Beispiel 20 statt 12 GB Festspeicher für nur 2350 Euro an. Erfahrungen mit anderen BMW-Testwagen lassen bei der Performance auf positive Veränderungen hoffen.
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Viel Platz im Dauertester BMW X3
Einhelliges Lob gab es für das Raumangebot des BMW X3 xDrive20d. Sowohl vorn als auch in der zweiten Reihe fühlten sich alle Passagiere gut untergebracht. "Die Beinfreiheit ist sehr gut", lobte Andreas Schulz. Auch die optionale Sitzheizung für den Fond (370 Euro) des BMW X3 xDrive20d kam bei ihm gut an. Und der bis zu 1600 Liter große Kofferraum ließ sich selbst von der umfangreichen Ausrüstung der AUTO ZEITUNG-Fotografin Daniela Loof nicht beeindrucken. "Da passt ordentlich was rein!" Bei den Kosten bereitete der BMW X3 ebenfalls keinen Verdruss. Da der Austausch des Lenkgetriebes bei dem Dauerläufer noch unter die Garantie fiel, entstanden lediglich durch Wartung, Kraftstoff, Versicherung und Steuern finanzielle Aufwendungen. Und weil sich der Wertverlust im Vergleich zu anderen Modellen in Grenzen hielt, kam der BMW X3 mit Kilometerkosten von 50 Cent über die Runden. Beim VW Passat Variant mit 170 PS starkem Turbodiesel waren es im Dauertest (Heft 24/2013) auch schon 49 Cent pro Kilometer. Da bleibt in der Endabrechnung vom Premiumaufschlag beim Kaufpreis für den teureren allradgetriebenen BMW nur noch wenig übrig.
TECHNIK |
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BMW X3 xDRIVE20d |
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Motor | 4-Zylinder, 4-Ventiler, Turbodiesel, Partikelfilter |
Nockenwellenantrieb | Kette |
Hubraum | 1995 cm³ |
Leistung bei |
135 kW / 184 PS 4000 /min |
Max. Drehmoment bei |
380 Nm 1750 – 2750/min |
Getriebe | 8-Stufen-Automatik |
Antrieb | Allrad, permanent |
Fahrwerk | vorn: McPherson-Federbeine, Querlenker, Zugstreben, Stabilisator; hinten: Mehrfachlenkerachse, Federn, Dämpfer, Stabi., DSC (ESP) |
Bremsen | rundum: innenbelüftete Scheiben; ABS, Bremsassistent |
Bereifung | rundum: 225 / 60 R 17 |
Felgen | rundum: 8 x 18 |
L / B / H | 4648/1881/1660 mm |
Radstand | 2810 mm |
Leergewicht / Zuladung² | 1725/590 kg |
Kofferraumvol. | 550 – 1600 Liter |
Abgasnorm | Euro 5 |
Typklassen | 21 HP/24 VK/24 TK |
FAHRLEISTUNG / VERBRAUCH |
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0-100 km/h² | 8,5 s |
Höchstgeschwindigkeit¹ | 210 km/h |
EU-Verbrauch¹ | 5,6 l D/100 km |
AZ-Normrunde² | 7,5 l D/100 km |
Dauertest-Verbrauch² | 8,4 l D/100 km |
KOSTEN | |
Grundpreis | 39.400 € |
PREISE / UNTERHALT |
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NEUPREIS/RESTWERT |
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Neupreis Testwagen ¹ | 57.680 € |
Schätzpreis nach 100.000 km ² |
25.250 € |
Neuwagenpreis heute | 57.900 € |
FIXKOSTEN PRO JAHR | |
Steuer | 268 € |
Haftpflichtvers. HP 21 | 490 € |
Vollkasko VK 24 | 822 € |
Teilkasko TK 24 | 220€ |
TESTBETRIEBSKOSTEN | |
Kraftstoff: 8447 Liter Diesel Preis: 1,48 € / Liter |
12.486 € |
Ölverbrauch - Liter Preis ca: - € |
- |
Wartung, Ölservice, Verschleißteile |
3559,73 € |
Reparaturen | 1737 € (Garantie) |
Wertverlust | 32.430 € |
Kosten pro km ohne Wertverlust | 0,18 € |
Kosten pro km mit Wertverlust | 0,50 € |
Der BMW X3 hat die an ihn gestellten großen Erwartungen nicht ganz erfüllt. Besonders der mäßige Geradeauslauf und die nervigen Vibrationen in der Lenkung samt Austausch des Lenkgetriebes trübten das Bild. Der schlecht gedämmte und deshalb laute Motor waren ebenfalls kein Glanzlicht. In puncto Fahrkomfort, Raumangebot und Bedienung konnte der Dauertest-X3 hingegen glänzen. Und bezieht man bei den Kosten den relativ geringen Wertverlust mit ein, ist es gar nicht so teuer, ein Premium-SUV aus München zu fahren.
Klaus Uckrow